Buchcover Leon Mücke. Kein Plan, aber für alles eine Lösung.

Leon und seine Freunde Ixy und Timtom gehen in die gleiche Klasse mit dem Oberfiesling Rudger Hauer,...

Rezensiert von Tina Gürth

Problem-lös-Agenten im Einsatz. Als Leon und seine Freunde es schaffen, für den unbeliebtesten Mitschüler die angesagteste Geburtstagsparty der Schule zu organisieren, sind sie sich sicher: Sie meistern jede Herausforderung! Im alten Schulkiosk gründen sie ihr geheimes Challenge-Büro und nehmen Aufträge entgegen. Der Comicroman sorgt mit Humor, Spannung und originellen Details für beste Unterhaltung und zieht auch Weniglesende in seinen Bann.

BuchtitelLeon Mücke. Kein Plan, aber für alles eine Lösung.
AutorJakob M. Leonhardt, illustr.. v. Ka (Ill.) Schmitz
GenreHumor & Komik
Lesealter8+
Umfang171 Seite
VerlagArena fun
ISBN978-3-401-60698-9
Preis13,00 €
Erscheinungsjahr2024

Leon und seine Freunde Ixy und Timtom gehen in die gleiche Klasse mit dem Oberfiesling

Rudger Hauer, der bereits zwei Jahre älter ist und die anderen Kinder in der Schule bedroht und drangsaliert. Um dem Mobbing-Problem mit Rudger aus dem Weg zu gehen, richten sich Leon und seine Freunde im hintersten Winkel des Schulhofs, im alten Schulkiosk, ein Geheimversteck ein. Eines Tages werden sie dort von Keno entdeckt, der die Jungs zu seinem Geburtstag einlädt; eine Party, zu der niemand gehen möchte, weil Keno der unbeliebteste Schüler der Schule ist. Die Jungs möchten nicht als uncool gelten, wenn sie als Einzige zur Feier gehen, sie fänden es aber auch gemein, Keno einfach abblitzen zu lassen. Sie lösen das Problem, indem sie Kenos Geburtstagsfeier zur angesagtesten Party der Schule machen, an der alle teilnehmen wollen. So entsteht die Idee, professionelle „Problem-lös-Agenten“ zu werden – und zwar „Problem-lös-Geheimagenten“, denn sie wollen weiter im Verborgenen arbeiten. Keiner soll wissen, dass sie es sind, die helfen.

In ihrem nächsten Fall unterstützen sie Maya, die von einer Gruppe Mitschülerinnen gemobbt wird, von denen eine eifersüchtig auf Maya ist. Die Jungs helfen Maya – und den Mobbingtäterinnen gleich mit, indem sie diese durch eine kleine Erpressung zur Streitschlichter-Ausbildung nötigen, die von den Mädchen sehr positiv angenommen wird.

Am Ende deutet sich die größte Herausforderung für die Jungs an: Rudger Hauer klopft an die Tür des Geheimverstecks und bittet um Hilfe. Um was für ein Problem es sich handelt, erfahren die Lesenden nicht, aber die Entscheidung von Leon und seinen Freunden steht fest: Sie nehmen die Challenge an. Mit diesem gelungenen Cliffhanger endet der Roman.

Eine Leseprobe ist hier einsehbar. 

Langeweile? Fehlanzeige! Seitdem der 10-jährige Leon und seine Freunde Ixy und Timtom Problem-lös-Agenten geworden sind, gibt es für sie ständig aufregende neue Herausforderungen. Am Anfang haben die drei Jungs zwar oft noch keinen genauen Plan, wie sie ihre Mitschüler*innen unterstützen können, von denen sie um Hilfe gebeten werden, aber alle sind sich sicher: Sie werden eine Lösung für die Probleme finden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Konflikt- bzw. Mobbingsituationen in der Schule.

Der Roman wird durchgängig aus der Ich-Perspektive Leons erzählt und so lässt er die jungen Lesenden aus Leons Sicht daran teilhaben, wenn die Probleme und möglichen Lösungen differenziert von allen Seiten beleuchtet werden. Und Leon macht auch vor, wie es ist, sich in andere Kinder hineinzuversetzen und beispielsweise das unangenehme Gefühl nachzuempfinden, welches ein Mitschüler hat, zu dessen Geburtstagsfeier kein Kind freiwillig kommen möchte. Da der sympathische Protagonist zur Identifikation einlädt, werden auch die Lesenden angeregt, Empathiefähigkeit auszubilden und den Gefühlen anderer stärkere Aufmerksamkeit zu schenken.

Jakob M. Leonhardts Text richtet dabei den Blick auf zwei positive Aspekte im Umgang mit dem sehr ernsten Thema Mobbing. Indem gezeigt wird, dass es erstens ein Hilfsangebot durch andere Menschen gibt und dass zweitens die gemobbten Kinder das Vertrauen und den Mut aufbringen, sich Unterstützung zu suchen und Hilfe anzunehmen, gibt der Roman Anlass zur Hoffnung, dass man mit eigenen ähnlichen Problemen nicht allein bleiben muss. Dabei erscheint die Anonymität, in der die Problem-lös-Agenten handeln, besonders sympathisch, denn sie helfen nicht, um selbst im Vordergrund zu stehen.

Das Buch verhandelt eine Reihe von Themen, die eng an die Lebenswelt von Kindern anknüpfen: Mobbing, ungenügende schulische Leistungen oder das nicht immer einfache Leben in einer Patchwork-Familie. 

Hier zeigt sich eine besondere Stärke des Romans: Die geschilderten Probleme begegnen den Lesenden niemals als schwere Kost, sondern durch das Stilmittel der Übertreibung und durch humorvolle Zuspitzung werden die Themen überaus unterhaltsam dargestellt, ohne jedoch bagatellisiert zu werden. Ein weiteres besonderes Merkmal des Textes ist, dass er, trotz des witzig dargestellten Inhalts, durchgängig dazu anregt, einen differenzierten Blick auf die Lebenswelt zu richten und auch das eigene Verhalten zu reflektieren.

Leons Notizen in seinem „Geheime[n] Buch der Genialen Weisheiten“, die an fast jedem Kapitelende prominent in einem Kasten abgedruckt sind, greifen immer seine Gedanken zu den Geschehnissen des jeweiligen Kapitels auf. Er reflektiert und formuliert ein Fazit. Und so haben die Einträge ins Weisheits-Buch das Potenzial, auch bei den Lesenden Reflexionen anzustoßen. Manchem könnte der damit verknüpfte moralische Fingerzeig vielleicht etwas zu deutlich erscheinen, aber die Protagonisten haben noch genügend Flausen im Kopf, so dass der Witz die Moral deutlich überlagert. 

Auch Leon ist keine unfehlbare, brave Figur und das lässt ihn besonders authentisch erscheinen, so dass sich gewiss viele Kinder anregen lassen, in der Identifikation mit dieser Figur einen differenzierten Blick auf die Welt zu werfen. Die fiktive Realität im Roman zeigt eine Welt, in der es nicht immer nur einfache Antworten, gut oder schlecht, schwarz oder weiß gibt, sondern auf die sich ein genauer Blick lohnt, wo Vor- und Nachteile von Handlungen oder Situationen auch mal genauer gegeneinander abgewogen werden müssen.


Schon das Buchcover und der Klappentext machen neugierig auf den Inhalt und lassen witzige Unterhaltung erwarten. Zum Einstieg in die Geschichte werden die drei Hauptfiguren auf dem Vorsatzblatt kurz in Text und Bild vorgestellt.

Das Buch bietet eine angemessen große, gut lesbare Schrift im Blocksatz. Längere Textabschnitte sind immer grafisch aufgelockert und die Zeilenlängen sind häufig an den begleitenden Illustrationen ausgerichtet, so dass die Seitengestaltung sehr abwechslungsreich erscheint. 

Die witzigen, zweifarbig gehaltenen Bilder der Illustratorin Ka Schmitz unterstützen nicht nur das Textverständnis, sondern sie tragen durch ihre humorvolle Ausgestaltung besonders zum Unterhaltungswert des Romans bei.

Das Buch überzeugt mit einer sehr klaren Kapitel-Struktur, die Einzelkapitel umfassen jeweils nur wenige Seiten (171 Seiten, 33 Kapitel) und werden größtenteils mit Leons Notizen im „Geheime[n] Buch der Genialen Weisheiten“ abgeschlossen, so dass die Orientierung im Buch leicht gelingt und die Lektüre gut in übersichtliche Leseeinheiten aufgeteilt werden kann.

Der Textumfang, der Anspruch auf der sprachlichen Ebene und auch die inhaltliche Ausgestaltung legen die Empfehlung des Buches für die eher älteren und fortgeschrittenen Leser*innen der Altersgruppe 8+ nahe.

Da die Geschichte inhaltlich in Text und Bild reizvoll erscheint, eine hohe Gag-Dichte bietet und mit gut funktionierenden kleineren Spannungsbögen aufwartet, weist sie einen hohen Grad an motivationaler Stimulanz auf, die das Potenzial hat, auch Weniglesende zur Lektüre zu animieren.


Jakob M. Leonhardt und Ka Schmitz haben mit Leon Mücke einen gelungenen Reihenauftakt vorgelegt, bei dem – nicht nur bei den sympathischen Hauptfiguren, sondern auch bei den Lesenden – Langeweile keine Chance hat. Der Comic-Roman verspricht durch seine aktionsgeladene Handlung und seine kurzweilige und humorvolle Unterhaltung jede Menge Lesespaß, auch für Weniglesende. Daher ist er besonders für die Kinder der Altersgruppe geeignet, die bereits flüssig lesen, aber die eine sehr motivierende Lektüre brauchen, um durchzuhalten und ein ganzes Buch zu bewältigen. Ein besonders guter Cliffhanger lässt Band zwei sehnlichst erwarten und animiert zum Weiterlesen.

Der Roman kann gut in offenen Leseförderformaten der Grundschule (z.B. Vielleseverfahren) und innerhalb privater Lektüre zum Einsatz kommen.

Er eignet sich auch zum Vorlesen in kleineren Gruppen. Hierbei sollte aber sichergestellt werden, dass die Zuhörenden beim Vorlesevortrag die Illustrationen im Blick haben können.


Insgesamt bietet der Text zahlreiche Anknüpfungspunkte, um mit Kindern ins Gespräch zu kommen oder sich kreativ mit dem Inhalt auseinanderzusetzen:

Der gelungene Cliffhanger, mit dem der Roman endet, lädt dazu ein, die Geschichte einzeln oder auch in der Kleingruppe weiterzuschreiben oder zu erzählen. Es wird angedeutet, dass Rudger Hauer, der Widersacher der drei Freunde, Hilfe bei einem oberpeinlichen Problem braucht. Was könnte der Oberfiesling für ein Problem haben – und wie unterstützen und helfen die Jungs der Person, die ihnen selbst so viel Ärger bereitet und von der sie sich bedroht fühlen? 

Auch das Erstellen von kurzen, 1-seitigen Comics wäre möglich, indem die Kinder sich kurze Challenge-Episoden ausdenken, den Leitfragen folgend: Wer klopft an die Tür des Geheimverstecks der Problem-lös-Agenten (1. Panel)? Wobei braucht die Person Hilfe? Wie könnte Leons, Ixys und Timtoms Plan aussehen, um das Problem zu lösen?

Diese Aufgabe bietet sehr individuelle Zugangswege, da besonders lustige Episoden entwickelt werden können oder ein ernsteres Problem ins Zentrum gestellt werden kann. Manch einem mag es auch gelingen, gemäß der Romanvorlage, beide Elemente ausgewogen miteinander zu kombinieren. 

Im Kontext und im Anschluss an die kreative Auseinandersetzung mit den Romaninhalten könnte die moralisch-ethische Dimension der Mobbing-Thematik zudem explizit besprochen werden.

Auch Leons Notizen, im „Geheime[n] Buch der Genialen Weisheiten“, die jeweils in einem Kasten an den Kapitelenden abgedruckt sind, bieten zahlreiche Gesprächsanlässe (z.B. Thema ‚Lüge‘; die Gleichzeitigkeit von Nutzen und Schaden neuer technischer Erfindungen).

Durch die witzigen und teilweise chaotisch-überzogenen Aktionen, auf die Leon seine aufgeschriebenen „genialen Weisheiten“ bezieht, kommt mit ganz viel Leichtigkeit eine gedankliche Tiefe in den Text, die man auch gut in Gesprächen aufgreifen könnte. 

Die Anregung des Textes, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und einen differenzierten Blick auf die Welt zu entwickeln, passt gut in unsere Zeit und ist eine besondere Stärke des Romans.


Der zweite Band der Reihe Leon Mücke (2). Spinn’ ich noch oder bin ich schon genial? erscheint im Herbst 2024.