Buchcover Roger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt

Klapperschlange Roger Rättel und sein bester Freund Wüstenfuchs Fenni besuchen die heißeste...

Rezensiert von Doris Schmitt-Constabel

In der Wüstenstadt Älbukörki befindet sich eine renommierte Detektivschule für junge Wüstentiere. Klapperschlange Roger Rättel und Wüstenfuchs Fenni stehen zwar erst kurz vor der Prüfung zum kleinen Detektivdiplom, doch als plötzlich in ganz Albukörki kein Wasser mehr aus den Hähnen fließt, ermitteln die beiden Freunde bereits in ihrem ersten echten Fall: Wo steckt das wertvolle Nass? Ein tierisches Detektivabenteuer zum Mitfiebern und Mitlachen.  

BuchtitelRoger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt
AutorAndreas Hüging, illustr. v. Nicolai Renger
GenreKrimi & Thrill
Fantastische Literatur
Lesealter8+
Umfang93 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagPenguin junior
ISBN978-3-328-30222-3
Preis10,00 €
Erscheinungsjahr2023

Klapperschlange Roger Rättel und sein bester Freund Wüstenfuchs Fenni besuchen die heißeste Detektivschule der Welt. Diese liegt nämlich mitten in der Wüste in der kleinen Stadt Älbukörki. Die beiden Freunde stehen kurz vor ihrem ersten Detektiv-Diplom, dem kleinen Doppeldee und da die Theorie nicht gerade zu den großen Stärken der beiden Detektivschüler gehört, sind sie wegen der bevorstehenden Prüfung ziemlich nervös und aufgeregt. Deshalb reist eigens Familie Wüstenfuchs mit dem Zug an, um ihren jüngsten Sprössling zu unterstützen. 

Kurz darauf entdeckt Roger Rättel in der Nähe des Bahnhofs gefälschte Fuchsohren im Wüstensand. Seine Klappern am Schwanzende rasseln lautstark und das bedeutet schließlich immer nur das eine: Gefahr im Verzug. Als nun auch Rogers Mitschülerin Geiermädchen Fledder auffallend kleine Füchse mit braunen Mänteln und irren Sonnenbrillen aus der Luft erspäht haben will, ist dem Jungdetektiv sofort klar: Seine sensiblen Rasseln haben Recht, hier stimmt etwas nicht. 

Schon am nächsten Tag scheint sich dies zu bewahrheiten, denn in ganz Älbukörki kommt kein Tropfen Wasser mehr aus den Leitungen. Die Wüstenbewohner sind freilich in großer Sorge um ihr wertvolles Gut und Kamel Sheriff Karamelo ermittelt in dieser wichtigen Angelegenheit. Dieser hat die Wüstenfuchsfamilie im Verdacht, das Wasser gestohlen zu haben und steckt sie kurzerhand ins Gefängnis. Das können Roger Rättel und Fenni natürlich nicht glauben und machen sich gemeinsam mit Geiermädchen Fledder und Klopfkäfer Tokki nun selbst auf die Jagd nach den dreisten Wasserdieben. Letzten Endes ist den Freunden nicht nur detektivischer Erfolg vergönnt, sondern sie erhalten sogar von Schulleiterin Gerda Gecko ihre Prüfungsurkunde.  

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

„Sobald ich das Wort Prüfung nur höre, ist mein Gehirn sofort ausgetrocknet wie zehn Kilometer Wüstenpiste“ (S.14), beschreibt Klapperschlange Roger Rättel seine Gefühle beim Gedanken an das bevorstehende Detektivdiplom. Und auch für Wüstenfuchs Fenni scheint die detektivische Theorie nicht gerade seine größte Stärke zu sein. 

Tatsächlich schwitzen die beiden einige Buchseiten später während der Prüfung bei den für sie unmöglich zu lösenden Rechengeschichten und Lückentexten. Ohne Klopfkäfer Tokkis heimliche Hilfe hätten sie vermutlich keine einzige Aufgabe richtig gelöst. Niedergeschlagen und des Misserfolgs gewiss kommen sie an diesem Tag aus der Schule. Umso größer ist letzten Endes die Erleichterung, als Schulleiterin Gerda Gecko den beiden am Ende der Geschichte doch ihr kleines Doppeldee überreicht mit den Worten: „Andererseits ist das Schriftliche ja nicht alles“ (S.90). Mit ihrem detektivischen Einsatz und der damit verbundenen Rettung der ganzen Stadt konnten die beiden Freunde schließlich in der detektivischen Praxis überzeugen und damit die mangelhafte Theorieprüfung erfolgreich ausgleichen. Eine wohltuende Moral am Ende der Geschichte, dass Schwächen und Stärken ein gesundes Gleichgewicht bilden und ein Ziel nicht nur auf einem festgelegten Weg erreichbar ist. Gerade für unsere gestressten Viertklässler, die kurz vor dem Wechsel auf eine weiterführende Schule stehen, sollte diese Botschaft, dass sich Zukunftswünsche auf vielerlei Arten umsetzen lassen, einen optimistischen Blick auf die eigenen Lebenspläne und somit ein wenig mehr Leichtigkeit vermitteln. 

Damit knüpft Andreas Hüging zum einen eng an die Lebensrealität der Leser*innen an und schafft es zum anderen, dass Klapperschlange, Wüstenfuchs, Geier und Klopfkäfer besonders gut als Identifikationsfiguren funktionieren. Denn trotz ihres tierischen Wesens zeichnen sie sich mit  durchaus menschlichen Emotionen und Charakterzügen als sympathische Protagonist*innen aus. Auch sie sind Schulkinder, die Prüfungen bestehen müssen, die gleichermaßen mit Stärken und Schwächen, Ängsten und Freuden, Erfolgen und Misserfolgen konfrontiert werden und lernen, damit umzugehen. Wie hilfreich dabei Freundschaften sein können und es erst durch Zusammenarbeit gelingt, auch fast unerreichbare Ziele zu erlangen, ist eine weitere wichtige Botschaft dieses Buches. 

Diese eher anspruchsvollen Themen hat der Autor ganz leichtfüßig, empathisch und kindgerecht aufgegriffen und in eine spannende und etwas skurrile Detektivgeschichte rund um Wasserdiebstahl in der Wüste und falsche Fuchsohren verwoben. 

Die Aufklärung des Kriminalfalls bildet dabei das inhaltliche Zentrum des Buches, welches für Spannung sorgt und zum Weiterlesen animiert – will man doch unbedingt wissen, wer letzten Endes die Träger der falschen Fuchsohren und somit die Diebe des wertvollen Wassers sind. 

Vordergründig überwiegen die zahlreichen skurrilen wie situationskomischen Szenen in der Wüste Älbukörkis. Emotionen, Fantastisches, Humor und Krimigeschichte verteilen sich entsprechend dem Fortgang der Handlung in ausgewogenem Verhältnis und verleihen der Erzählung Leichtigkeit sowie eine kontinuierliche Steigerung und Spannung. 

Erzählt wird dieser tierische Kriminalfall chronologisch aus der Sicht von Jungdetektiv Klapperschlange Roger Rättel. Das Schlangenleben offenbart dabei nicht nur eine andere Perspektive, sondern auch ganz neue Möglichkeiten der Fortbewegung, Tarnung und Sinneswahrnehmung. Mit Hilfe der vielen Dialoge können die Lesenden rasch in Rogers Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen und erhalten zudem ganz nebenbei basales Wissen über die Spezies Schlange. 

Die manchmal ganz eigene Freundschaftssprache unter den Detektivschüler*innen sorgt für Abwechslung und Sprachwitz und wird doch durch zahlreiche wiederkehrende Wendungen, wie „Penn gut, Fenni! Ratz besser, Rättel“ (S.29), zu einem rasch vertrauten Element für die jungen Leser*innen. Vielleicht so vertraut, dass sie gerne einen weiteren Fall mit Rättel und Fenni lesen möchten, denn eines bleibt am Ende offen: Wo steckt Meisterdieb Molcho Melone? Vielleicht wird dieser Cliffhanger mit Erscheinen des Folgebandes Roger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt – Ein Loch in der Wüste im Mai 2024 gelöst werden.  


Illustrator Nicolai Renger ist es mit seinen farbigen comicartigen Zeichnungen hervorragend gelungen, den Figuren einen ganz eigenen Charakter zu verleihen und die Lesenden mit viel Komik und abwechslungsreichen Details in ihrem Leseprozess hinsichtlich des Textverständnisses, aber auch einfach des vergnüglichen Abtauchens in die Wüste von Älbukörki zu unterstützen. Bereits das farbenfroh witzige Cover lädt zur Teilnahme am detektivisch tierischen Wüstenabenteuer ein.


Das „Einfach selbst lesen“- Konzept des Penguin Verlages wird durch eine klare Aufteilung des mit knapp hundert Seiten übersichtlichen Kinderbuches in kurze Kapitel umgesetzt. Auch für Leseanfänger*innen bieten die einzelnen Seiten mit großer serifenloser Schrift eine klare Struktur einerseits und mit den farbigen Illustrationen andererseits große Abwechslung, so dass die Lesemotivation stets aufrechterhalten wird. 

Für Kinder besonders reizvoll dürften auch die beiden abgedruckten Prüfungsbögen sein, die zum Ausfüllen und Mitmachen einladen und sicherlich leicht zu entschlüsseln sein dürften. 


Roger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt ist ein humorvolles Kinderbuch, das sowohl in Bild als auch Wort mit viel Witz und Charakter besticht sowie gleichermaßen mit Spannung und dem Charme seiner liebenswerten Protagonist*innen für leichtes Lesevergnügen sorgt. 


„Einfach selbst lesen“ – wie das Konzept des Penguin-Verlages bereits verrät – ist bei dem vorliegenden Kinderbuch definitiv zu empfehlen. Bereits wenig fortgeschrittenen Leseanfänger*innen und Wenigleser*innen verspricht dieser Titel mit kanpp hundert Seiten raschen Leseerfolg. Viele kurze Kapitel machen eine selbstständige Einteilung auch in kleine motivierende Leseeinheiten möglich. Der großzügige Schriftsatz und die übersichtliche, klare und gleichmäßige Textstruktur ermöglichen sowohl ein sukzessives Erlesen des Textes als auch eine selbständige Orientierung. 

Mit dem Thema Prüfungsangst stellt der Titel inhaltlich einen ganz besonders wichtigen und diskussionswürdigen Bezug zur Schule her. Ob es um erste Tests oder den Leistungs- und Notendruck vor allem im vierten Grundschuljahr geht, viele Schüler*innen werden wie Roger Rättel und Fenni die Unsicherheit bei theoretischen Prüfungen schon einmal erlebt haben. Dieses Buch gibt hier also Anregung zum Austausch und mit dem glücklichen Ausgang für all jene Hoffnung, die sich vielleicht mit praktischen Leistungen leichter tun als mit den theoretischen. Die Buchvorlage bietet also die Möglichkeit, sich mit einem ernsten Thema in einem lustig tierischen Kontext auseinanderzusetzen. Als kreative Aufgabe wären das Zeichnen eigener Prüfungssituationen oder das Notieren von Gedankenblasen in einer solchen Situation denkbar.  

Somit ist Roger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt gerade im schulischen Kontext empfehlenswert und durch das „Einfach-selbst-lesen“- Konzept besonders für leistungsdifferenzierte Bücherkisten und Schulbibliotheken geeignet. So könnte das Buch in freien Lesezeiten genutzt werden und könnte durch seine Kürze und das leseanimierend lustige Cover vielleicht auch Lesemuffel zur Teilnahme an Viellesekonzepten motivieren. 

Gerade der geringe Umfang macht sogar den Einsatz als Lektüre in einer leistungsheterogenen Klasse denkbar. Die tierischen Protagonist*innen sind genderunabhängig und dürften auf Grund ihres ganz eigenen charakterlichen Charmes ihre jeweiligen Fans für sich gewinnen. 

Innerhalb der Lektürearbeit wäre im Deutschunterricht eine sprachliche Vertiefung mit 

Wortschöpfungen, Wendungen und Wortfeldern denkbar. 

Und abschließend ist da ja noch das offene Ende: Wie und wohin ist Molcho Melone abgetaucht? Werden Roger Rättel und seine Freunde ihm in einem weiteren Abenteuer begegnen? Dies ist eine Einladung zum eigenen Weiterspinnen und Geschichtenschreiben, bevor nun bald mit Roger Rättel und die heißeste Detektivschule der Welt – Ein Loch in der Wüste im Mai 2024 der zweite Band erscheinen wird.