Buchcover Stuntboy rettet die Welt

Portico Reeves wohnt im größten Haus der Straße oder sogar des ganzen Viertels, dem Skylight...

Rezensiert von Nicole Bachor-Pfeff

Mit vielen anderen People of Colour lebt Portico in einem riesigen Wohnkomplex, wo immer etwas los ist. Wenn seine Eltern streiten, findet er bei Zola Zuflucht. Mit ihr kann er sich über die Lieblingsserie austauschen und davon träumen, selbst ein richtiger Superheld zu sein. Reynolds autobiografisch inspirierte Graphic Novel changiert zwischen realistischem und fantastischem Erzählen und macht Heranwachsenden Mut, sich ihren Ängsten zu stellen.

BuchtitelStuntboy rettet die Welt
AutorJason Reynolds, illustr. v. Raùl the Third
GenreComing of Age
Anti-Helden & Schelme
Lesealter10+
Umfang206 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagBastei Lübbe AG
ISBN9783833908026
Preis14,00 €
Erscheinungsjahr2023

Portico Reeves wohnt im größten Haus der Straße oder sogar des ganzen Viertels, dem Skylight Gardens. Für die einen ist es ein Wohnblock, für ihn ist es ein Schloss. Mit seiner besten Freundin Zola teilt er die Liebe zu Superhelden. Portico hat immer wieder mit Angstattacken, die er Phobies nennt, zu kämpfen. So wird er mit einigen existenziellen Problemen konfrontiert, v.a. mit der Trennung seiner Eltern, aber auch mit den Mobbingattacken durch einen Nachbarjungen, Herbert der Fiese. Um sich diesen zu stellen, entwickelt er ein Alter Ego, den Stuntboy. Dieser verfolgt das Ziel, auf die Bewohner*innen seines Wohnblocks aufzupassen. Mit dessen Superkraft verhindert er, dass allen anderen ein Missgeschick passiert. So übernimmt er z.B. für einen älteren Mann einen Sturz von der Treppe oder sorgt dafür, dass sich Mr. Brawner beim Liegestuhl-Verkaufen nicht verletzt. Und dann sind da noch die Super Space Warriors mit den Namen „Pater“ und „Mater“, eine Anspielung auf seine Superhelden-Eltern, die im wahren Leben genauso wenig Superhelden sind wie Portico selbst. Stuntboy tritt v.a. immer dann zutage, wenn sich in seinem Inneren alles zusammenzukrampfen scheint und die Phobies Porticos Körper übernehmen. Doch er versucht mit seinen offenen und geheimen Ängsten umzugehen und stellt immer wieder unter Beweis, dass er ein wahrer Held ist.

Wir finden in dieser Graphic Novel keinen übergeordneten Spannungsbogen, sondern Alltagssituationen, die sich aneinanderreihen, in denen Stuntboy immer wieder gefordert wird und die er erfolgreich meistert. 

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Stuntboy rettet die Welt ist eine Graphic Novel, die anders ist als andere Comics. Hinter dem Superheldennamen Stuntboy, einer Fantasiefigur, verbirgt sich der junge Portico Reeves. Er ist afroamerikanischer Abstammung und daher ein People of Colour. Der Comic kann auf einer einfachen Ebene gelesen werden: Konflikte mit dem Nachbarsjungen, gemeinsame Superheldeninteressen mit Zola, das Leben im sozial schwachen Milieu (Vater Müllmann, Mutter schneidet den Mitbewohnern die Haare, Zolas Vater verkauft Liegestühle, …). Der Comic kann aber auch als Fantasiegeschichte gelesen werden, in der alles möglich ist, was zunächst unwirklich erscheint: ein Nachbarjunge, der in einem von Rohren vollgestopften Heizungsraum wohnt, eine Oma (Gran Gran), die bei einem Fest die Musik auflegt, eine Wohnung, die aus zwei Kartonbergen besteht, die weit in den Himmel ragen. Portico erschafft sich so eine eigene fantastische Welt und alle Ereignisse werden für ihn zu Folgen einer Superheldenserie, deren Regie er selbst in Händen hält. Es ist nämlich die Serie seines eigenen Lebens, mit ihm als Hauptfigur. Jede Folge beginnt mit einer Intromusik, die aufgrund der ausgewählten Instrumente mal dramatisch, mal melancholisch klingt.

Die realen Geschehnisse werden im Verlauf der Handlung unterbrochen von Gedankenströmen eines Jungen, dessen Eltern im Streit um die Aufteilung des gesamten Hausstands nicht ansprechbar für ihn sind. Portico flieht in die Welt von Skylight Gardens oder besser noch: in eine Geschichte, die er sich selbst zusammengestrickt hat.


Autor Jason Reynolds (preisgekrönt und ein Meister seines Fachs) widmet den von Raúl the Third fantasievoll und rasant gestalteten Comic seinem 10-jährigen Ich. Das zeugt von autobiografischen Zügen, aber ganz besonders von dem Wissen um die Welt, in der seine Geschichte spielt(e).


Das Buch eignet sich besonders für die Zielgruppe von boys & books, da es ein besonders hohes Identifikationspotential für Jungs bietet und auf seine ganz humorige Art und Weise jenseits jeglicher Lesekonvention sicher schnell in den Text hinein führt. 

Das Buch eignet sich in erster Linie als Freizeitlektüre, für die freie Lesezeit in der Schule oder für Leseboxen zu den Themen Freundschaft und Bewältigungsstrategien.