Buchcover Genial Normal. Mein Leben unter Supertalenten

Der 15-jährige Sam muss sein vertrautes und geliebtes Umfeld verlassen, da seine Eltern mit ihm und...

Rezensiert von Frank Münschke

Der 15-jährige Sam wechselt auf eine Schule für Begabte und Talentierte. Doch das passt dem eher ambitionslosen Teenager anfänglich so gar nicht. Nach und nach stellt er fest, dass es doch Dinge gibt, die ihn in dem neuen Umfeld interessieren: Etwa die attraktive Jennifer, durch die Sam eine Leidenschaft für das Theater entwickelt. Die Mischung aus ernsthafter Coming-of-Age-Story und Antiheldengeschichte ist in William Sutcliffes Roman perfekt austariert, sodass der Roman eine kurzweilige, skurril-humorvolle und teilweise auch überraschende Lektüre darstellt.

BuchtitelGenial Normal. Mein Leben unter Supertalenten
AutorWilliam Sutcliffe
GenreHumor & Komik
Coming of Age
Lesealter12+
Umfang304 Seiten
Edition2. Auflage
VerlagarsEdition
ISBN978-3845850924
Preis15,00 €
Erscheinungsjahr2023

Der 15-jährige Sam muss sein vertrautes und geliebtes Umfeld verlassen, da seine Eltern mit ihm und seinen beiden Geschwistern Ethan und Freya vom beschaulichen Stevenage in ein Londoner Nobelviertel ziehen. Als wäre das nicht schon schlimm genug: Seine überambitionierte Mutter schickt ihn auch noch auf eine Schule für Begabte und Talentierte, an der nicht mal Fußball spielen erlaubt ist. Immerhin lernt er nach ein paar Tagen Jake kennen, der auch ein Außenseiter an der Schule ist. Doch Jake verlässt plötzlich die Schule und Sam ist wieder alleine. Als allerdings Sams großer Schwarm Jennifer ihn motiviert, in die Theater-AG zu gehen, findet sich Sam immer besser zurecht – und entwickelt zudem eine Leidenschaft für das Theaterspielen. Doch die soziale Integration geht gleichzeitig mit neuen Problemen einher: Sam stellt immer mehr fest, dass Jennifer und ihre Freund*innen nur an sich selbst denken. Zum Glück ist da noch Marina, die sich um das Styling der Theater-AG kümmert: Sie ist freundlich und scheint tatsächlich an Sam interessiert zu sein. Doch zur großen Theater-Party ist sie nicht eingeladen und Sam muss nun eine Entscheidung fällen.  

Der Jugendliche Sam ist eine sehr sympathische Hauptfigur und gleichzeitig ein toller Erzähler: Er berichtet humorvoll, mit genauem Blick und immerzu nachvollziehbar von seinen Ängsten, Wünschen und den Irritationen in diesem für ihn unbekannten Umfeld. Dabei geht er u.a. sehr reflektiert mit seiner Außenseiterposition in der Schule um und findet gleichzeitig Wege, mit dieser umzugehen. Parallel dazu entwickelt er nach und nach – auch ausgelöst durch die Erfolge beim Theaterspielen – ein größeres Selbstvertrauen. Insgesamt fungiert Sam als Identifikationsfigur für junge Leser*innen. Bei seiner Figurenzeichnung kann lediglich kritisch angemerkt werden, dass einige Entwicklungen und Reifungsprozesse etwas zu schnell und dramaturgisch motiviert ablaufen.  

Der Humor des Romans entsteht z.B. durch Sams Erzählverhalten, etwa durch seine inneren Monologe, in denen seine pessimistische, seine optimistische Gehirnhälfte und sein „Pimmel“ miteinander kommunizieren. Ebenso humorvoll sind die Schilderungen der Familiensituation, allen voran von Sams Mutter: Diese befindet sich in einer ausgeprägten Midlife-Crisis; sie führt einen Selbstfindungsblog und macht aus der Werkstatt einen Meditationsort und multifunktionalen Kreativraum. Mit diesen skurrilen Schilderungen geht allerdings auch ein großer Familienkonflikt einher, vor allem da der Junge seine Mutter für den Umzug nach London verantwortlich macht und dabei die Bedürfnisse ihrer Kinder nicht berücksichtigt hat. Am Ende der Erzählung kommt es aber zu einer positiven und harmonischen Auflösung. 

Die Zeichnung der Schulkamerad*innen ist leicht stereotyp, sei es die oberflächliche Jennifer, in die sich Sam Hals über Kopf verliebt, oder sei es Felipe, der als Gegenspieler von Sam fungiert. Aber in der Gesamtsicht der Erzählung ist das nicht weiter störend. Am Ende entscheidet sich Sam dann übrigens für Marina; sie repräsentiert das sympathische Mädchen von nebenan, das sich auch wirklich für ihn interessiert. Sam zeigt hier, dass er nun für sich und für andere einstehen kann.

Zu Beginn liegt der Fokus des Romans – trotz der durch den Umzug ausgelöste Krise – stärker auf humorvollen Aspekten, im Verlauf der Handlung fokussiert sich die Geschichte nachdrücklicher auf die adoleszente Identitätsfindung des Protagonisten inklusive gängiger Themen. Die Mischung ist insgesamt aber sehr gut austariert. Die Coming-of-Age-Elemente sind zwar typisch für das Genre und die Plot Points kommen unter dieser Perspektive zwar wenig überraschend, im Detail werden einige Genre-Elemente aber durchaus individuell gesetzt. 

Insgesamt ist Genial Normal von William Sutcliffe ein äußerst kurzweiliger Roman für junge Leser*innen, der den Spagat zwischen Humor und Ernsthaftigkeit überaus stimmig ausgestaltet. 

Für den Einsatz im Unterricht bietet sich der Roman vor allem an, um zentrale Genre-Elemente herauszuarbeiten. Das gilt vor allem für Coming-of-Age-Aspekte, die in Genial Normal sehr klassisch umgesetzt sind (z.B. Schwellensituationen oder typische jugendliche Themen herausarbeiten).