Rezensiert von Prof. Dr. Ina Brendel-Kepser
Wie fühlt sich das an? Jordan wird auf eine Privatschule geschickt, wo er nicht nur der Neue ist, sondern auch eines der wenigen Kids of Colour. Jerry Craft erzählt in ausdruckstarken Bildern und Panels Jordans Geschichte, seine Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus, von Mobbing und vom Finden neuer Freunde. Das ist ernst und eindrücklich, wird aber auch mit viel Humor dargestellt. Die New York Times-Bestseller-Graphic Novel als großartiges Leseerlebnis zwischen Text und Bild!
Buchtitel | New Kid. Als wäre Schule nicht eh schon schwer genug |
Autor | Jerry Craft, illustr. v. Jerry Craft |
Genre | Comic & Graphic Novel Gegenwart & Zeitgeschichte |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 256 Seiten |
Verlag | Loewe Graphix |
ISBN | 978-3-7432-1584-9 |
Preis | 19,00 € |
Erscheinungsjahr | 2023 |
Na super! Back to school heißt für Jordan: Er wird von seinen Eltern – vor allem dank seiner bildungsorientierten Mutter - ausgerechnet auf eine elitäre Privatschule geschickt, in der so viele weiße Kinder aus wohlhabenden Familien zusammenkommen. Seinen Interessen entsprechend würde er doch so viel lieber eine Kunstschule besuchen und Comics zeichnen. Jetzt ist Jordan nicht nur der Neue, sondern auch eines der wenigen Kids of Color. Anders als gedacht freundet er sich jedoch schnell mit Liam an, der von einem privaten Chauffeur zur Schule gebracht wird und in einer großen Villa wohnt. Außerdem gibt es auch noch Drew, der bei seiner Großmutter in der Bronx lebt und Jordans Gefühle der Ausgrenzung teilt. Denn Alltagsrassismus zu erleben, als Sticheleien von Seiten einiger Mitschüler*innen, aber ebenso durch diskriminierendes Verhalten der Lehrkräfte, prägt die alltäglichen Erfahrungen der Jungen. In diesem Umfeld lernen die Kinder, was echte Freundschaft ausmacht und wie Zusammenhalt in einer diversen Gesellschaft aussehen kann.
Die Graphic Novel nimmt die Leser*innen in 14 Kapiteln mit auf die Reise durch den Alltag von Jordan: Man lernt seine Freunde und Widersacher, seine Familie im New Yorker Stadtteil Washington Heights, das Schulleben und seine Leidenschaft für Comics kennen. Ausgrenzung als durchgehende Alltagserfahrung wird aus Jordans subjektiver Sicht sehr greifbar und gestattet den Lesenden, sich in die Probleme, Unsicherheiten und Frustrationen des Protagonisten hineinzuversetzen. Erzählt wird Jordans Geschichte, die deutliche Anleihen bei Crafts eigenem Leben nimmt, in vielgestaltigen bunten Panels mit ausdrucksstarken Zeichnungen, Balloons und Piktogrammen. Immer wieder wird die Narration von Doppelseiten in schwarz-weißen Panels unterbrochen, die Jordons eigene Zeichnungen darstellen. Sie lassen sich als ironisch-witzige Kommentare über bestimmte Phänomene wie „Händeschütteln unter Männern“ oder „Schulsport für Dummies“ verstehen. Der Text der Sprechblasen ist im gesamten Comic leicht zugänglich, syntaktisch einfach und durchgängig im Register von Alltags- und Jugendsprache gehalten. Dies erleichtert das Leseverstehen, wenngleich der Umfang von über 250 Seiten etwas Durchhaltevermögen verlangt und auch die Anzahl der Figuren (etliche Mitschüler*innen, Lehrkräfte, Mitglieder der eigenen Familie) einiger Konzentration bedarf, um den Überblick zu behalten.
Was die Graphic Novel weiterhin zu einem medial interessanten Gegenstand macht, sind die zahlreichen intermedialen Anspielungen, die jungen Leser*innen und Fans der Populärkultur in weitem Maße vertraut sein dürften: Die Hinweise reichen von Superman über Batman bis zu Gregs Tagebuch; vielfach verstecken sich die intermedialen Bezüge in Wortspielen, die es zu ‚entziffern‘ gilt. Vor allem die Kapitelüberschriften bedienen sich solcher Hinweise, wenn es z.B. heißt: „Chill Bill“, „Right Club“ oder „Mögen die Spiele beginnen.“
Die rassismuskritische Perspektive ist für Jugendliche aufgrund der Fokussierung auf Jordans Perspektive gut verständlich, ohne pädagogisch aufgesetzt zu wirken.
Insgesamt eröffnet das sehr empfehlenswerte Buch vielfältige Zugänge, die im Unterricht aufgegriffen werden können und reichhaltige Kommunikationsanlässe bieten.
New Kid eignet sich bei unbegleiteter Lektüre für alle an, die sich ein dickeres Buch (mit vielen Bildern und weniger Text) zutrauen und über Vorerfahrungen mit Comics verfügen.
Die Graphic Novel spricht Leser*innen mit Interesse an graphischer Literatur an. Wer Comics mag oder Gregs Tagebuch verschlungen hat, findet sicher auch Zugang zu New Kid. New Kid kann in Lesekisten gepackt werden und die Freizeitlektüre anregen; zugleich bietet die Graphic Novel vielfältige Möglichkeiten zur Erschließung des multimodalen Textformats und seiner gesellschaftlich relevanten Themen im Unterricht. Diese werden durch die Bildwelten und im Kontrast mit Jordans eigenen Zeichnungen gut greifbar.
Der Bildungsserver Berlin Brandenburg bietet als Umsetzungsmöglichkeit für das Basiscurriculum Medienbildung eine produktionsorientierte Unterrichtseinheit zu den ersten beiden Kapiteln der Graphic Novel im Englischunterricht an: bildungsserver.berlin-brandenburg.de/rlp-online/b-fachuebergreifende-kompetenzentwicklung/basiscurriculum-medienbildung/standards/8-jgst-englisch-new-kid-by-jerry-craft
Auch ein fächerübergreifendes Arbeiten mit dem Fach Kunst empfiehlt sich, um New Kid entweder rezeptiv zu analysieren oder auch um eigene Text-Bild-Geschichten (mit autobiographischen Bezügen) zu gestalten.
Weiterhin können Vermittler*innen auf verschiedene digitale Tools zurückgreifen, mit denen sich digitales Geschichtenerzählen anhand der Themen, Figuren, Zeichen und Zitate von New Kid anbahnen lassen.