Buchcover Heiko Wolz: Falcon Peak – Wächter der Lüfte

Der 13-jährige Kendrick kehrt in die Heimat seiner vor vielen Jahren verstorbenen Mutter zurück. An...

Rezension von Martina Frey-Walter

Da Kendrick schon immer unter Alpträumen und aggressiven Ausbrüchen gelitten hat, ist ein Schulwechsel für ihn fast schon normal. Ausgerechnet an die Mount Averton High, sein ehemaliges Zuhause und das seiner verstorbenen Mutter zurückzukehren, ist jedoch schwer genug.

Irgendetwas stimmt an diesem Ort so ganz und gar nicht: die seltsamen Unterrichtsfächer, die Alpträume, die Kendrick hier sogar tagsüber verfolgen, und wohin verschwinden seine Mitschülerinnen am Abend?

Schnell wird ihm klar, dass hier etwas Geheimnisvolles vor sich geht. Doch was hat das alles ausgerechnet mit ihm zu tun? Was versteckt sich im Falcon Peak und vor allen Dingen, was versteckt sich in Kendrick selbst? Es ist an der Zeit, sich dem Schicksal zu stellen…

BuchtitelFalcon Peak – Wächter der Lüfte
AutorHeiko Wolz
GenreFantastische Literatur
Lesealter10+
Umfang261 Seiten
VerlagarsEdition
ISBN9783845836867
Preis15,00 €

Der 13-jährige Kendrick kehrt in die Heimat seiner vor vielen Jahren verstorbenen Mutter zurück. An seiner neuen Schule ist ausgerechnet sein Vater Direktor und als wäre das nicht schon anstrengend genug, sieht er sich den ständigen Hänseleien seines Mitschülers Clarence Dippdale hilflos ausgesetzt. Denn da Kendrick an seinen ehemaligen Schulen in die eine oder andere Prügelei verstrickt war, muss er sich hier an der Mount Averton High wirklich zurückhalten, es droht ihm sonst ein strenges Jungeninternat in Schottland.

Doch irgendetwas stimmt mit seiner neuen Schule so ganz und gar nicht. Zurückhaltung ausgerechnet an einem Ort, der so viel vor ihm zu verstecken versucht, wie soll das nur funktionieren?  Nicht nur, dass ihn seine Alpträume aus frühester Kindheit hier noch öfter zu quälen scheinen, nein, diese gelben Augen und die Angst vor einer gestaltlosen Gefahr, beginnt fast schon real zu wirken und treibt ihn während des Unterrichts sogar bis zur Besinnungslosigkeit. 

Erinnerungen an seine verstorbene Mutter kreuzen sich mit den Bildern der herrschaftlichen Landschaft rund um das Schulgelände und es scheint Kendrick mit der Zeit so, als wäre der Tod seiner Mutter für diesen Ort nicht ohne Bedeutung. Doch was bedeutet das nun für ihn?

Die Mount Averton High mag alles sein nur keine normale Schule für normale Schüler*innen – dieser Verdacht verstärkt sich immer mehr. Die Schülerschaft ist in einen „White“ und einen „Black“ Wing unterteilt, auch hier versteht er die bestehenden Rivalitäten nicht. Doch es scheint so, als wären diese Flügel einander nicht wohlgesonnen und das schon seit sehr langer Zeit. Wie soll er sich an einem so geheimnisvollen Ort nur zurechtfinden? Kendrick beschließt Initiative zu ergreifen und verfolgt eines Abends eine Schar Mitschüler*innen zum „Falcon Peak”, einer gefährlichen Anhöhe, um die sich Sagen und Mythen aus uralter Zeit spinnen.  Trotz aller Warnungen erklimmt er diesen mythischen Ort, indem angeblich eine unvorstellbare Gefahr ihr letztes Gefängnis gefunden haben soll. Was Kendrick hier jedoch findet, verändert sein Leben von einem Moment auf den anderen. 

Er darf lernen, dass er zu einer langen Tradition von Wächterinnen gehört. Er als erster männlicher Wächter kann sich, genau wie einige seiner Mitschülerinnen und Lehrerinnen, in einen Vogel verwandeln. In dieser Gestalt ist es möglich, die Anwohner*innen rund um den „Falcon Peak” vor einer Gefahr zu beschützen, die seit vielen Jahren im Inneren des Berges schläft, wo sie von den ersten Wächterinnen eingesperrt wurde.

Kendrick muss sich im Laufe der Handlung nun in sein Schicksal fügen. Er erfährt, dass auch seine Mutter eine starke Wächterin war. Es gilt nun, seine Fähigkeiten auszutesten und seinen Verwandlungsprozess zu optimieren. All das gelingt ihm zunächst weniger gut. Nur durch Training, Übung und einen starken Willen, gelingt es ihm, sich selbst besser kennenzulernen.

Kendrick entdeckt, dass er durchaus in der Lage ist ein Team zu führen und sich durchzusetzen.

Er arbeitet sich immer tiefer in die Sage rund um den „Falcon Peak” ein und gelangt zu einer ungeheuerlichen Erkenntnis. Das Biest im Inneren des „Falcon Peaks” schläft keineswegs, sondern es ist wach und noch mehr, es hat seine Mutter getötet und verfolgt ihn in seinen Alpträumen. 

Doch bevor er die anderen überzeugen kann, ist es zu spät: Die neu gewählte Anführerin der Wächter*innen hat sich bereits in den Peak gestürzt. Ein uraltes Ritual, das als ungefährlich gilt, kann jetzt jemandem das Leben nehmen. Kendrick stürzt hinterher. Es gelingt ihm die Rettung, doch spätestens jetzt ist klar: Das Biest ist wach und die Wächter*innen müssen ihre Pflicht erneut aufnehmen und sich gegen die Gefahr auflehnen.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden. 

Bei Falcon Peak handelt es sich definitiv um einen Titel, der gerade Vielleser*innen mit gutem Gewissen empfohlen werden darf. Treuen Anhänger*innen der fantastischen Literatur eröffnet Heiko Wolz hier das Tor zu einer neuen und spannenden Welt, welche verschiedene Motive zusammenführt, die den Lebensalltag junger Leser*innen auf jeden Fall betreffen:

Kendrick ist nicht nur der „Neue“, sondern befindet sich zudem durch seine Stellung als Sohn des Direktors und seine ganz individuellen Unsicherheiten in exponierter Stellung. Die Fragen: „Wohin gehöre ich?“, „Wem kann und darf ich trauen?“, können als Identifikationspotential den Leser*innen der Altersgruppe 10+ sicher in hohem Maße dienlich sein, sind es doch genau diese Fragen, die man sich als junger Mensch stellt. Den eigenen Platz zu finden, Werte und Moralvorstellungen mit den eigenen Prioritäten zu vereinbaren und diese für sich zu fixieren – all das darf mit Kendrick fremderlebt und so gespürt werden. 

Hierzu kommt, dass der Wissensdrang unseres Protagonisten, seine Neugier und das Faible zum Regelbruch ihn im Laufe des Buches dabei unterstützen, sich von einem Alleingänger in einen absoluten Teamplayer zu verwandeln. Ein literarischer Griff, der erfahrenen Leser*innen bereits aus Werken wie Harry Potter bekannt sein wird.

Die erste Liebe spielt in diesem Titel zwar eine eher untergeordnete Rolle, wird aber dennoch geschickt thematisiert. Kendrick fühlt sich im Laufe der Handlung zu zwei sehr verschiedenen Mitschülerinnen hingezogen. Hier sehr angenehm von Heiko Wolz beschrieben, denn Kendrick verliebt sich nicht in Äußerlichkeiten, sondern fühlt sich zu charakterlicher Stärke, Fähigkeiten und Fertigkeiten der zwei Mädchen hingezogen. Ein schönes Zeichen in einer doch sehr materialistischen und schnelllebigen Welt, der unsere Jugend ausgesetzt ist. 

Die Handlung darf als sehr spannend beschrieben werden. Kendrick ist der einzige männliche Wächter und erprobt seine Fähigkeiten durch waghalsige Stürzte und riskante Flugmanöver. Er ist es auch, der durch geschicktes Kombinieren feststellt, dass der Inhalt seiner Alpträume und das Biest im „Falcon Peak” zusammengehören.

Als Lektüre im Klassenverbund ist Falcon Peak bedingt denkbar. Generell ist dieser Titel erfahreneren Leser*innen zu empfehlen. Die Bereitstellung im Rahmen einer Anschaffung für Klassen- oder Schulbibliotheken, würden das Genre der Fantastischen Literatur bereichernd erweitern. Liebhaber*innen der fantastischen Kinder- und Jungendliteratur kann Falcon Peak auch für eine Buchpräsentation zur Verfügung gestellt werden. 

Generell eröffnet das Genre seinen Lesenden Tür und Tor in eine andere Welt. Diese literarische Kategorie kann aufgrund ihrer Beliebtheit dazu einladen, verschiedene Motive zu beleuchten. Hinzu kommt, dass die Diskussion über den Wert dieses Genres unter Berücksichtigung von Falcon Peak sicher lohnend sein kann. Möglicherweise kann hier ein Vergleich zu bereits bestehenden Sagen verschiedener Kulturen gesetzt werden. Unter Anbetracht einer global-pandemischen Krise ist der Wert von Literatur, die Eskapismus, ergo die Fluchtmöglichkeit aus der realen Welt hinein in eine magische ermöglicht, durchaus nicht zu vernachlässigen. Auch kann der Titel junge Lesende durchaus dazu anregen, sich eine Vorstellung davon zu bilden, welche Eigenschaften, Werte, Fähigkeiten und Fertigkeiten in ihrer eigenen „Welt“ für sie von Bedeutung wären.

Die Themen Mut und innere Stärke laden zur Diskussion darüber ein, was und wer man im eigenen Leben sein möchte, folglich wofür man selbst einstehen möchte; hier eventuell auch im Fachverbund mit Ethik/Philosophie?

Da Falcon Peak mit einem Cliffhanger endet, bietet dieser Titel eine Reihe von Anlässen für mögliche Anschlusskommunikation, bevor der zweite Band gelesen wird.