Buchcover Das Klugscheißerchen

Theo und Tina Theufel, 8 und 10 Jahre alt, sind gerade mit ihren Eltern in ein neues Haus gezogen....

Rezensiert von Stefanie Boor

Tina und Theo Theufel entdecken auf dem Dachboden im neuen Haus das blaue Klugscheißerchen. Eigentlich ist es türkis, weiß alles besser – und nur andere echte Klugscheißer*innen können es sehen. Die Geschwister sind überzeugt: Bei ihren Eltern würde das funktionieren. Ob sie recht behalten? Feinsinnig-humorvolle Geschichte, auf wenigen Seiten erzählt und mit luftig-klarer Gestaltung.

BuchtitelDas Klugscheißerchen
AutorMarc-Uwe Kling, illustr. v. Astrid Henn
GenreHumor & Komik
Lesealter8+
Umfang65 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagCarlsen
ISBN978-3-551-52282-5
Preis12,00 €
Erscheinungsjahr2023

Theo und Tina Theufel, 8 und 10 Jahre alt, sind gerade mit ihren Eltern in ein neues Haus gezogen. Die Eltern sind anstrengend: Erstens müssen Theo und Tina ständig seltsame Dinge wie Rote Beete essen, obwohl ihnen Pizza oder Erdnussbrote lieber sind. Zweitens wissen Mama und Papa immer alles besser. Aber auch die beiden Kinder sind kleine Besserwisser*inne. 

Als Theo und Tina den neuen Dachboden erkunden und dort spielen, entdecken sie in einer Kiste ein blaues Männchen, so klein wie ein Meerschweinchen. Es stellt sich als das „Klugscheißerchen“ vor und beginnt sogleich, die beiden Kinder in allem zu korrigieren: So sei es z.B. türkis und nicht blau.

Sehen können es nur wirklich echte Klugscheißerinnen und Klugscheißer. Die beiden Kinder wetten mit dem kleinen Kerlchen, dass das bei ihren Eltern sicher der Fall sei. Das türkisfarbene Männchen hat Zweifel, immerhin muss man sich als echte*r Klugscheißer*in seiner Meinung nach unerbittlich der Korrektheit verpflichten. Der Wetteinsatz wird übrigens nicht erwähnt, aber wahrscheinlich geht es einfach darum, wer es besser weiß. Mit einem Trick gelingt es ihnen, sowohl ihren Vater als auch ihre Mutter als Klugscheißer*in zu entlarven und die Wette zu gewinnen. 


Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Das Klugscheißerchen besticht zunächst durch den charmanten Titel und ein ansprechendes Cover. Darauf ist das kleine türkise Männchen zu sehen, zwei Comic-Sprechblasen und ein Teil eines Sneakers. Dieser erste Blick vermittelt einen leichten, frischen Eindruck und dürfte Achtjährige neugierig machen. Dazu ist das Hardcover mit seinen 65 Seiten recht schlank und schreckt nicht als dicker Wälzer ab. Bereits Klappentext und Bild auf der Rückseite zeigen, was die Leser*innen erwartet: Klugscheißerischer Humor. 

Beim Durchblättern wird klar: Auch innen vermitteln Layout und Formatierung mit großzügigem Abstand eine lockere Gestaltung. Das macht jungen Lesenden Mut, die vor zu viel Textmasse zurückschrecken. Die Schrift ist angenehm groß und mit großzügigem Zeilenabstand formatiert. Das Papier lässt den Druck nicht durchscheinen, was wiederum bei manchen Kindern mit Leseschwierigkeiten ein Problem sein könnte. Vorsatz- und Nachsatzpapier bieten in Pastelltönen weitere klugscheißerische Kommentare der Titelfigur. Farbige Bilder, teils vignettenartig, teils über eine Doppelseite verteilt, ergänzen den Text.


Es gibt zwar keine Einteilung in Kapitel, das ist aber bei der kurzen Geschichte auch nicht zwingend notwendig. Der Text wird nämlich in Abschnitte gegliedert, die sich optisch dadurch hervorheben, dass der jeweils erste Buchstabe im Satz etwas größer dargestellt wird. 


Obwohl der Titel vom Verlag als Vorlesebuch für Kinder ab sechs Jahren ausgewiesen ist, eignet er sich durchaus gleichfalls als sehr gute Lektüre zum Alleinlesen für die Altersgruppe 8+.  Auch der feinsinnige Humor kann von Achtjährigen besser gewürdigt werden. Beispielsweise zeigt eine Zeichnung den vermeintlichen Titel einer Boulevardzeitung mit dem Namen „Blöd-Zeitung“ (S. 53). 


Auch der achtjährige Protagonist Theo bietet Identifikationspotential für ebendiese Altersgruppe: Er ist als eine Hälfte des Geschwister-Duos seiner älteren Schwester gegenüber ebenbürtig. Beide verstehen sich bestens und arbeiten als Team daran, den Eltern das Klugscheißerchen zu zeigen und sie somit zu überführen, selbst Klugscheißer*in zu sein. Die Eltern werden schließlich von den beiden Kindern als anstrengend-besserwisserisch empfunden. Eine  Tatsache, die vielen jungen Leser*innen aus dem Herzen sprechen dürfte. Andererseits wird schnell deutlich, dass auch die beiden Kinder selbst so ticken – ob nun generell oder weil sie eben mit diesen Eltern aufwachsen, ist dabei Nebensache. Die Leser*innen lernen, dass man auch über sich selbst lachen kann und so manche Eigenschaft durch Prägung der eigenen Umwelt/Familie entsteht. Der bzw. die Lesende kann letztlich ohne pädagogischen Zeigefinger und stattdessen mit pfiffigem Witz verschiedene Perspektiven einnehmen. Zudem kommt das Klugscheißer-Wissen von allen Figuren auf sympathische Art und Weise daher.

Es wird sogar ein bisschen spannend am Ende. Denn nur mit Tricks erreichen Theo und Tina ihr Ziel: Sie gewinnen ihre Wette. 


Das Klugscheißerchen eignet sich gut sowohl für Leseanfänger*innen als auch fortgeschrittene Leser*innen. Die kurze Geschichte verspricht einerseits schnellen Leseerfolg und viel Spaß. Andererseits ermöglicht sie es, ein bisschen über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.



Der Titel eignet sich sehr gut als Klassenlektüre. Leseanfänger*innen werden ebenso wie stärkere Leser*innen auf ihre Kosten kommen, Jungen ebenso wie Mädchen. Der Humor und die sicherlich einhellige Meinung über anstrengende Eltern dürften verbindende Elemente sein. Sogar wenn die Klasse sehr verschiedene Leseniveaus abbildet, kommen alle auf ihre Kosten: geübtere Leser*innen werden die Anspielungen in Bezug auf das literarische Vorwissen auf Seite 49 (Pippi Langstrumpf u.a.) verstehen.

Und die literarischen Verweise auf Pippi Langstrumpf etc. machen idealerweise neugierig auf weitere Bücher, sofern nicht schon bekannt. 


Dabei kann Das Klugscheißerchen im Deutschunterricht gut für den Austausch über Eltern-Kind-Beziehungen aufgegriffen werden. Auch zu anderen zwischenmenschlichen Beziehungen können Gesprächsanlässe durch stützende Fragen angeregt werden: Wer von Euch ist auch ein Klugscheißerchen? Wie kann man Wissen ohne unangenehme Besserwisserei teilen? Warum verhalten sich Eltern oftmals so und warum empfinden Kinder dieses Verhalten als lästig?


Weil oft Essen im Buch angesprochen wird, kann im Sachunterricht das Thema ‚Gesunde Ernährung‘ behandelt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Klasse ein Klugscheißer-Quiz entwickelt, das mit der Parallelklasse oder gar bei einem Wettkampf Schüler*innen gegen Lehrkräfte ausgetragen werden kann.


Für die private Lektüre ist der Titel ebenso gut geeignet. Auch ohne begleitende Erläuterungen dürfte der Inhalt von Leser*innen 8+ gut verstanden werden. Das positive Erlebnis, ein ganzes Buch selbst gelesen zu haben, kann hier mit Spaß gut erreicht werden.