Rezensiert von Kristina Schmitt
Fünf Freunde finden einen mysteriösen Bunker im Wald. Perfekt ausgestattet mit Lebensmitteln, Strom, Fernseher und Co wird er zu ihrem geheimen Rückzugsort. Die Jugendlichen verbringen in ihrem neuen Fort einen einmaligen Sommer voller Freiheit und Spaß. Hier sind sie in Sicherheit, vertiefen ihre Freundschaft und teilen ihre tiefsten Geheimnisse. Doch ihr Versteck wird bald bedroht und ihr unersetzlicher Zufluchtsort sowie das Leben der Jungen ist in Gefahr.
Buchtitel | The Fort. Das Geheimnis eines Sommers |
Autor | Gordon Korman, übers. v. Kanut Kirches |
Genre | Abenteuer Coming of Age |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 249 Seiten |
Edition | 1. Auflage |
Verlag | Beltz |
ISBN | 978-3-407-75899-6 |
Preis | 16,00 € |
Erscheinungsjahr | 2024 |
Durch Zufall finden fünf Jugendliche mitten im Wald einen geheimnisvollen Bunker, der Jahrzehnte lang unentdeckt geblieben war. Das unterirdische Versteck wird einen Sommer lang zu ihrem Rückzugsort, ihrem Fort, und bietet den Freunden Evan, Jason, Mitchell, C.J. und Ricky mehr als nur einen Raum zum Abhängen: Er schenkt ihnen Sicherheit, Freiheit und Gemeinschaft. Für C.J. gewinnt der Bunker zunehmend an Bedeutung, denn hier findet er Schutz vor seinem gewalttätigen Stiefvater. Auch die anderen Jungen teilen nach und nach ihre Geheimnisse. So wachsen die Freunde immer mehr zusammen und erleben einen abenteuerreichen Sommer. Das Fort wird für die Heranwachsenden ein richtiges Zuhause und sie finden dort alles, was sie brauchen, denn der Bunker, den ein reicher Unternehmer während des Kalten Krieges heimlich bauen und einrichten ließ, ist perfekt ausgestattet und bietet sogar einen Fernseher, VHS-Kassetten, Plattenspieler und Lebensmittel-Konserven. Doch Mitchells großer Bruder und sein gefährlicher Kumpel bedrohen die Jugendlichen und wollen das Geheimversteck mit allen Mitteln aufdecken. Durch Zusammenhalt und gegenseitiges Vertrauen schaffen es die Jungen, sich allen Gefahren mutig zu stellen und dabei über sich hinauszuwachsen. Auch wenn sie letztendlich ihr Fort verlieren, haben sie an Freundschaft und Stärke gewonnen.
Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.
The Fort ist ein spannender Coming-of-Age Roman Gordon Kormans, der Jugendliche in seinen Bann zieht. Der Umfang (249 Seiten) und die Kapitellängen sind für ungeübte Leser*innen gut zu bewältigen. Auch die sprachliche Ebene, die vom Übersetzer Kanut Kirches passend ins Deutsche übertragen wurde, bietet einen schnellen Zugang zur Geschichte. Zwischen den Kapiteln wechselt jeweils die Erzählperspektive. Die Wechsel sind einerseits gut nachvollziehbar und erhöhen andererseits die Spannung, denn die Geschichte wird dadurch um den Blickwinkel der fünf Hauptcharaktere erweitert und erhält somit Tiefe.
Besonders überzeugend sind die verschiedenen Charaktere Evan, Jason, Mitchell, C.J. und Ricky: Die fünf Jungen wirken authentisch und bringen ganz unterschiedliche Biografien mit.
Evan und sein großer Bruder Luke leben wegen des Drogenmissbrauchs ihrer Eltern bei ihren Großeltern und waren immer ein gutes Team. Doch Luke scheint durch den Einfluss seines gewaltbereiten Kumpels auf die schiefe Bahn zu geraten und lässt Evan nicht nur hängen, sondern stellt sich sogar gegen ihn. Jason steht als Scheidungskind zwischen den Fronten und fühlt sich heimatlos. Auch durch seine Freundin Janelle ist er immer wieder hin- und hergerissen, denn er muss sich entscheiden, Zeit mit ihr oder seinen Freunden zu verbringen. Die Beziehung des frisch verliebten Paares bewirkt eine spannende Dynamik in der Konstellation der Jungenbande, die einen positiven Ausgang nimmt. Mitchell ist wegen seiner Zwangsstörungen in Behandlung. Doch aufgrund finanzieller Engpässe seiner alleinerziehenden Mutter muss er seine Therapie abbrechen und will sich infolge falscher Annahmen an seinem Therapeuten rächen. C.J. leidet unter den Gewaltausbrüchen seines Stiefvaters und erfindet ständig neue Ausreden, um die Verletzungen an seinem Körper zu vertuschen. Ricky ist ein intelligenter Außenseiter, der für einen Aufnahmetest für eine Hochbegabtenschule lernt. Er gehört zu Beginn eigentlich nicht zu der Clique, kann sich aber durch seine Loyalität und seinen Scharfsinn in der Gruppe nach und nach behaupten.
Die unterschiedlichen Lebensgeschichten wirken dabei an keiner Stelle konstruiert, sondern fließen ganz selbstverständlich in den Verlauf der Geschichte ein. Auf diese Weise bietet der Roman eine Bandbreite an Identifikationsmöglichkeiten für viele Jugendliche an.
Inhaltlich steht das Fort im Zentrum, das als Rückzugsort sowohl für Sicherheit und Zusammenhalt als auch für Freiheit und Spaß steht. Der geheimnisvolle Bunker als Treffpunkt für die Clique ist ein Thema, das viele junge Leser*innen ansprechen kann. Spannung wird vor allem durch Evans älteren Bruder Luke und dessen Kumpel Jaeger erzeugt, die die Freunde und das Fort in Gefahr bringen. Die aktive Bedrohung und hohe Gewaltbereitschaft von Jaeger lässt die Spannung immer wieder ansteigen und hält diese durch unerwartete Wendungen aufrecht. Dadurch entsteht ein starker Lesesog und die Lesemotivation kann gesteigert werden.
Alles in allem weist der Roman alle wichtigen Merkmale auf, die es benötigt, um junge Leser*innen für die Lektüre zu motivieren, und überzeugt durch eine gelungene Mischung aus Spannung, Dramatik, Witz und Unterhaltung.
The Fort eignet sich sowohl als Klassenlektüre als auch als Leseempfehlung für diverse Verfahren der Leseförderung. Zum einen kann die Lesemotivation durch die unterschiedlichen Identifikationsfiguren gesteigert werden. Durch die Perspektivwechsel erhalten die Schüler*innen Einblick in die innere und äußere Welt verschiedener Protagonist*innen. Im Unterricht kann dies durch unterschiedliche Methoden intensiviert werden. Die Lernenden können sich beispielsweise aus der Sicht einer selbstgewählten Figur mit der Geschichte vertiefend auseinandersetzen – hierzu eignen sich unter anderem mediale handlungs- und produktionsorientierte Verfahren wie das Erstellen von Instagram Beiträgen / Reels / Storys oder Tiktok-Videos aus der Sicht der jeweiligen Figur. Dadurch kann eine Brücke zur Lebenswelt der jungen Leser*innen und ihrer Mediennutzung geschlagen und auf eine motivierende Art und Weise die Lesefreude gesteigert werden.
Zum anderen bietet der Roman Anknüpfungspunkte für die unterrichtliche Behandlung von interdisziplinären Themenbereichen wie Kalter Krieg, die Bedeutung von Bunkern usw.
Da in dem Roman zahlreiche sensible Themen angesprochen werden – beispielsweise Gewalt und Missbrauch in Familie, Scheidung, Mobbing, psychische Erkrankungen – sollte im Rahmen einer unterrichtlichen Behandlung rücksichtsvoll auf die jeweiligen Themen eingegangen werden. Gegebenenfalls ist es hilfreich, betroffenen Jugendlichen zusätzliche Unterstützung anzubieten.