Rezension von Benjamin Tüngethal
Frida und Samuel könnten nicht unterschiedlicher sein. Frida ist der kleine Tod in Ausbildung und will alles über das Leben lernen. Noch viel lieber möchte sie aber Samuel um die Ecke bringen. Dieser befindet sich jedoch im selbstverordneten Hausarrest, damit er den Gefahren des Lebens so wenig wie möglich begegnet. Es wird also eine harte Nuss.
Buchtitel | Hey, ich bin der kleine Tod… aber du kannst auch Frida zu mir sagen |
Autor | Anne Gröger |
Genre | Humor & Komik |
Lesealter | 10+ |
Umfang | 203 Seiten |
Verlag | dtv |
ISBN | 978-3-423-76347-9 |
Preis | 13,00 € |
Der 11-jährige Samuel leidet an einer Immunschwäche. Doch gerade als eine Therapie anschlägt und er das Krankenhaus verlässt, in dem er einen Großteil seiner bisherigen Kindheit verbracht hat, erscheint der Tod bei ihm. Es stellt sich jedoch schnell heraus, dass der Tod eigentlich ein kleines Mädchen namens Frida ist. Ruhe hat Samuel dadurch aber nicht, denn Frida muss für ihre Ausbildung zum Tod alles über das Leben lernen. Samuel, der aufgrund seiner Krankheitsgeschichte große Angst vor dem Leben außerhalb seines Zimmers hat, begleitet sie dabei nur widerstrebend. Allerdings verrät Frida ihm nicht, dass sie erst zurückkehren kann, wenn sie ihn „geholt“ hat.
Weil Samuel Frida so schnell wie möglich loswerden möchte, geht er sogar mit ihr raus. Frida versucht immer wieder Samuel vor ein Auto zu schubsen oder im Pfadfinderlager mit Pilzen zu vergiften, aber es gelingt ihr nicht, ihn wirklich um die Ecke zu bringen. Dafür verschwinden Samuels Ängste mehr und mehr. Als jedoch herauskommt, dass Frida Samuel schließlich töten soll, wird er rückfällig und will mit ihr nichts mehr zu tun haben. Er wird rückfällig, muss aber nicht lange ins Krankenhaus. Schließlich vertragen sich beide wieder. Als Samuel bei der darauffolgenden Bergwanderung unglücklich stürzt, verteidigt Frida sein Leben vor dem „großen Tod“. Damit hat sie die letzte Prüfung bestanden und Samuel überlebt erneut.
Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.
Wegen seiner giftgrünen Farbe sticht das Buch optisch heraus und auch die beiden Comicfiguren Frida und Samuel wirken sympathisch, obwohl Samuel etwas zerknautscht dreinblickt. Und dieser „zerknautschte“ Eindruck bestätigt sich auch, denn Samuel ist zu Beginn der Erzählung ein miesepetriger Junge, der den Spaß am Leben offensichtlich bereits in seinem jungen Alter vollständig gegen Kummer und Sorgen eingetauscht hat. Der Wirbelwind Frida krempelt sein Leben nun auf dem Kopf. Samuel tut das sichtlich gut, denn er vergisst bei allen gemeinsamen Unternehmungen immer mehr, was ihn bisher zurückgehalten hat.
Sprachlich ist der Text leicht zugänglich, denn der Ich-Erzähler aus Samuels Perspektive verwendet eine jugendliche Syntax (bspw. „Dreimal raten, wer dumm danebenstand?“ S. 72) und authentisches Vokabular. Auch die Notizen aus Fridas Perspektive sind in einem ähnlichen Stil gehalten („Was gar nicht stimmt. Außer manchmal.“ S. 75). Zudem sind die Sätze recht kurz, was einen zügigen Lesefluss erzeugt. Dieser wird durch die kurzen Kapitel, die einen Umfang von zehn Seiten nicht überschreiten, verstärkt. Zusätzlich wird die Erzählung durch einige Illustrationen unterstützt, die aber nicht unbedingt dazu beitragen, dass die erzählte Welt gedanklich besser visualisiert werden kann. Dennoch sind die Zeichnungen sehr amüsant und fördern so die Lesemotivation.
Die Handlung beginnt schwungvoll und kann dieses Tempo recht gut halten. Wobei auch erwähnt werden muss, dass es immer wieder Rückblenden in Samuels Zeit im Krankenhaus gibt, deren Bedeutung erst gegen Ende der Erzählung deutlich wird, wenn Frida und er auf den Berg klettern, den er eigentlich mit seinem damaligen Zimmernachbarn hatte besteigen wollen. Allerdings ist dieser Nebenstrang nicht zu komplex und die Erzählung bleibt einfach nachzuvollziehen. Eigentlich erzeugen die rätselhaften Andeutungen sogar noch Spannung, die zum Weiterlesen anregt, weil die Lesenden ja wissen möchten, was es damit auf sich hat. Besonders dramatisch wird es, wenn Samuel Fridas eigentlichen Auftrag erfährt. Für geübte Lesende wird diese Wendung sehr vorhersehbar gewesen sein, aber in der Logik des Buches ist es passend. Ein kleiner Wermutstropfen ist die kurzzeitig angedeutete Romanze zwischen Frida und Samuel. Davor und danach sind beide in einem natürlich freundschaftlichen Verhältnis, deshalb fügt sich eine beschriebene Kussszene nur bedingt in die Logik der Handlung.
Samuel bietet für Jungen der Altersstufe 10+ Identifikationspotential. Nicht zuletzt, weil in den letzten Jahren wahrscheinlich jeder Zehnjährige das Gefühl hatte, draußen sei es gefährlich und nur in seinem Zimmer sei er vor allem Bösen sicher, weshalb er besser dortbleibe. Dieses Buch macht aber keine Werbung für die Sicherheit der eigenen vier Wände. Im Gegenteil: es betont, wie schön die Kleinigkeiten des Lebens sind (z.B. so viele Pfannkuchen essen, wie man kann) und möchte die Lesenden (so wie Samuel) wieder aus ihren Zimmern herauslocken, damit sie ihre Sorgen vergessen.
Das Buch eignet sich vorrangig für die private Lektüre, wobei einige Vokabeln der Lesebegleitung bedürfen (bspw. „inkognito“ S. 68). Daher ist es eine Empfehlung für die Schul- und Klassenbibliothek.