Rezension von Cristina Loesch
Logan Wilde ist erst vor Kurzem mit seinem Vater von Chicago in das verschlafene Städtchen Xanadu nach Wyoming gezogen. Neue Freunde hat er bisher noch nicht gefunden, umso mehr beschäftigt sich der aufgeweckte Siebtklässler mit seinen geliebten Haustieren. Eines Tages taucht unter Logans Bett ein kleiner goldener Greif namens Skworp auf – ein echtes Fabelwesen, das unaufhörlich plappert und stolz von seiner Flucht aus dem magischen Tierpark von Logans Klassenkameradin Zoe erzählt. Logan fährt zur Menagerie der Familie Khan, um das Greifenbaby zurückzubringen und gerät dabei in ein aufregendes und phantastisches Abenteuer...
Buchtitel | Magic Park – Das Geheimnis der Greifen |
Autor | Kari und Tui T. Sutherland (übersetzt von Nadine Mannchen) |
Genre | Fantasy |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 312 S. und Danksagung der Autorinnen (S. 313-315) |
Edition | Hardcover 2014 (1. Auflage) |
Verlag | Loewe Verlag Bindlach |
ISBN | 978-3-7855-7829-2 |
Preis | 14,95 € |
Logan Wilde ist erst vor Kurzem mit seinem Vater von Chicago in das verschlafene Städtchen Xanadu nach Wyoming gezogen. Neue Freunde hat er bisher noch nicht gefunden, umso mehr beschäftigt sich der aufgeweckte Siebtklässler mit seinen geliebten Haustieren. Eines Tages taucht unter Logans Bett ein kleiner goldener Greif namens Skworp auf – ein echtes Fabelwesen, das unaufhörlich plappert und stolz von seiner Flucht aus dem magischen Tierpark von Logans Klassenkameradin Zoe erzählt. Logan fährt zur Menagerie der Familie Khan, um das Greifenbaby zurückzubringen und gerät dabei in ein aufregendes und phantastisches Abenteuer. Aus dem Tiergarten (in dem noch andere magische Wesen wie Einhörner, Drachen und Höllenhunde leben) sind neben Skworp nämlich auch seine fünf Geschwister verschwunden und müssen dringend zurückgebracht werden. Gemeinsam mit Zoe und ihrem Kumpel Blue begibt sich Logan auf eine spannende und riskante Suche, die voller Rätsel steckt. Die Zeit drängt, denn keiner der Bürger Xanadus darf von dem geheimen Tierpark erfahren und die Beamten von FABA, der Behörde zum Schutz magischer Wesen, sind schon auf dem Weg zur Menagerie der Khans, um nach dem Rechten zu sehen …
»Ich lüge nicht.« Logan klang leicht gekränkt. »Er war unter meinem Bett. Und er redet mit mir.« Er legte den Kopf schräg und machte eine Pause. »Ich soll dir von ihm sagen, dass er jetzt einen Namen hat. Er will, dass du ihn Skworp nennst, so wie ich es tue.«
»Du kannst ihn doch nicht Skworp nennen!« Zoe war entsetzt. »Genau so kling es, wenn Greifen rülpsen.« »Mork!«, verkündete Skworp voller Überzeugung. »Also, er mag es«, übersetzte Logan. Dann wartete er wieder ein bisschen. »Er sagt, der Name gefällt ihm besser als Leo.«
Zoe riss ungläubig die Augen auf. Sie war die Einzige, die das Greifenjunge je so genannt hatte, und damals war niemand sonst dabei gewesen. Normalerweise teilten Greifen den Menschen ihren Namen nach einem Jahr mit – wenn sie mit ihnen sprechen konnten. Doch sie hatte gehofft, Leo würde sich … na ja, eben für »Leo« entscheiden.
»Aber Leo klingt so elegant und würdevoll«, versuchte Zoe es noch einmal. »Und Skworp ist so … so …«
»Passend?«, schlug Logan vor. »Witzig und passend?«
Sie betrachtete den Babygreif, er ihr sein ernstes Adlerlächeln schenkte. »Hmmm«, machte sie. Konnte es sein, dass Logan die Wahrheit sagte? Bisher hatte sie noch nie davon gehört, dass Greifen schon als Babys mit Menschen sprachen. Denn wenn das stimmte – warum redeten sie dann nicht mit ihr? Sie war diejenige, die ihnen vorlas und ihnen Leckerbissen brachte. Sie war diejenige, die ihre Federn trocknete, wenn es regnete.
»Ist das nicht unglaublich?« Logan grinste. »Ich meine, wir stehen hier, neben zwei Einhörnern, und streiten uns darüber, wie wir einen Babygreif nennen sollen. Einen Greif, Zoe!«
Sie versuchte, sich das Lächeln zu verkneifen. Ein Fremder in der Menagerie war eine ernste Angelegenheit. Ernst im Sinne von: FABA macht uns dafür vielleicht dicht. Zoe war es quasi offiziell verboten, sich darüber zu freuen, möglicherweise jemand Neues zum Reden gefunden zu haben.
Aber was sollte sie machen – etwa nicht mit ihm reden?
»Das hier ist Alltag für mich«, sagte sie kläglich.
»Dein Alltag ist der Hammer!«
Zoe hatte schon lange aufgehört, darüber nachzudenken, wie hammermäßig die Menagerie war. »Na ja, wenn man Babygreifen nach Zecken untersucht und dabei alle Hände voll zu tun hat, nicht gezwickt zu werden, ist es ein bisschen weniger toll.« Sie deutete auf den gigantischen Hund hinter ihr. »Und was das Wegräumen von Höllenhundehaufen angeht, willst du gar keine Details wissen.«
»Zoe«, sagte Logan mit fester Stimme, als hätte sie es nötig, dass jemand sie wachrüttelte. Er zeigte auf Charlie.
»Einhörner! Echte, lebendige Einhörner!«
Cleo stieß in ihrem Stall ein scharfes Schnauben aus.
»Dein Ausmaß an Ehrfurcht findet meine allergrößte Zustimmung, junger Mann, Jetzt müsste nur noch jeder lernen, sich beim Eintreten zu verbeugen, dann wären wir auf dem richtigen Weg.«
Zoe wirbelte herum und starrte das Einhorn an.
»Ach, dann reden wir also endlich wieder?«, fragte Zoe. Seit einem Monat hatte sie aus den Einhörnern kein Wort herausgebracht. Andauernd hatten sie irgendwelche überzogenen Starallüren und regten sich über irgendetwas auf.
Cleo reckte ihr Horn in die Luft und stapfte im Kreis um die eigene Achse, bis sie Zoe das Hinterteil zuwandte.
Das beantwortete Zoes Frage. (S. 77-79)
»Magic Park – Das Geheimnis der Greifen« spielt in der fiktiven Kleinstadt Xanadu in Wyoming. Von Beginn an wird die Geschichte spannend erzählt: Der Siebtklässler Logan findet eines Morgens fünf auffällige Federn in seinem Zimmer, die er zunächst einem möglichen Opfer seiner Hauskatze Tinka zuschreibt. Auch in der Schule spielen sich an diesem Tag merkwürdige Dinge ab, denn jemand oder etwas scheint die Kantine leer gefressen zu haben … Nach und nach entdeckt Logan das Geheimnis der Menagerie und ihrer Bewohner.
Der Held selbst hat zu Beginn der Geschichte gleich mehrere Probleme. Zum Einen hat Logans Mutter ihn und seinen Vater überstürzt und scheinbar völlig grundlos verlassen, zum Anderen hat er in der neuen Stadt noch keine Freunde gefunden. Auch die Khans stecken in Schwierigkeiten – alle sechs Jungen ihres Greifenpaars sind aus dem Gehege entkommen und müssen so schnell wie möglich gefunden und zurückgebracht werden. Logan gerät beinahe zufällig in ein spannendes Abenteuer und steht plötzlich vor der wichtigen Aufgabe, das Geheimnis der Menagerie und ihrer magischen Bewohner zu schützen und die geflohenen Fabelwesen zu finden, bevor sie von den ahnungslosen Bürgern Xanadus oder den gefürchteten »Exterminatoren« von FABA entdeckt werden.
Außerdem erzählt »Magic Park« auch vom Beginn einer neuen Freundschaft: Zoe Khan und ihr phantastischer Freund Blue (Sohn einer Menschenfrau und eines Wassermannes) stehen Logan auf der Suche nach den verschwundenen Greifenkindern stets zur Seite, auch wenn sie erst lernen müssen, sich gegenseitig zu vertrauen. Das Buch vermittelt auch moralische Werte wie Ehrlichkeit und Hilfsbereitschaft. Logan, Zoe und Blue sind Teenager zwischen Kindheit und Pubertät, die in dieser Geschichte viele Rätsel lösen müssen und mit der Zeit lernen, unabhängiger zu werden. Zoes Eltern unterstützen die Jugendlichen zwar auf ihrem Weg, bleiben dabei jedoch eher im Hintergrund und fungieren in diesem Sinne nicht als klassische Mentoren. Nebenbei spielt der Respekt vor anderen Lebewesen eine große Rolle, was man am Umgang der jungen Helden mit den (oftmals stolzen und nicht immer leicht einzuschätzenden) Fabeltieren nachvollziehen kann: So gehört zu den Aufgaben in der Menagerie beispielsweise das Füttern gefährlicher Höllenhunde oder das Striegeln hochmütiger Einhörner, was der Geschichte nicht nur packende, sondern auch viele komische Momente verschafft.
Obwohl »Magic Park« übersinnliche Elemente hat, findet das Geschehen dennoch in der uns bekannten Welt statt und zeigt stets Bezüge zur aktuellen Realität, was dem jungen Leser die Identifikation mit der Geschichte durchaus erleichtern kann (beispielsweise werden Popstars wie Katy Perry und Leona Lewis erwähnt). Außerdem ähnelt die Handlung mehr einem Krimi vor Ort als einer klassischen Heldenreise, da die Jugendlichen anhand verschiedener Hinweise sowie der Vorlieben und Charaktermerkmale der Greifenbabys kombinieren und wie Detektive ermitteln müssen, um die Tiere aufzuspüren. FABA, die Behörde zum Schutz magischer Wesen, agiert hierbei als uneindeutiger Charakter, von dem man nicht weiß, ob er die Tiere wirklich schützen oder vernichten will. Auch die Schulbibliothekarin Miss Sameera und ein unbekannter Verfolger erweisen sich als äußerst verdächtig und sind den jungen Helden stets auf den Fersen, was die Suche nach den Greifenkindern zu einem Wettlauf gegen die Zeit macht.
Der Erzähler kennt nicht nur Logans Gedanken, sondern schildert die Geschichte auch aus Zoes Sicht. Bis zum Schluss werden nicht alle Fragen geklärt, die zu Beginn oder im Lauf der Geschichte aufgetaucht sind. Auch das überraschende Ende lässt eine geplante Fortsetzung erahnen bzw. notwendig erscheinen. Insgesamt jedoch ist »Magic Park« chronologisch erzählt und sollte für mittlere Leser im Alter von 10-12 Jahren keine Verständnisprobleme beinhalten.
Das Cover des Buchs ist detailreich gestaltet, ebenso bietet der gezeichnete Plan der Menagerie im Inneren des Umschlags eine Orientierung für den Leser. Auch zu jedem neuen Kapitel finden sich ansprechende Abbildungen eines kleinen Greifen. Die Schriftgröße ist normal gehalten und die Kapitel sind mit ca. 6-10 Seiten überschaubar. Insgesamt umfasst das Buch gute 300 Seiten nebst einer kurzen Danksagung der Autorinnen.
Zusammenfassend ist zu sagen: »Magic Park« ist eine moderne Heldengeschichte aus dem Fantasy-Genre, die Spaß und Action genauso behandelt wie die alltäglichen Probleme und Wünsche heranwachsender Teenager. Kari und Tui T. Sutherland geben dem phantastischen Geschehen rund um die Menagerie gekonnt Bezug zur gegenwärtigen Realität und verpacken das Ganze in einem liebevoll gestalteten Buch.
»Magic Park« ist eine spannende und abwechslungsreiche Geschichte für Leser im Alter von 10-12 Jahren, die sich bewusst mit dem Alltag und den Problemen eines Siebtklässlers identifizieren können. Daher eignet sich das Buch auch gut für den Unterricht in derselben Altersklasse – auf 15jährige könnten die Protagonisten hingegen bereits zu jung wirken. Neben dem Abenteuer werden auch Themen und Werte wie Freundschaft, Ehrlichkeit, Vertrauen und Respekt vor anderen Lebewesen aufgegriffen und vermittelt.