Auszeichnung Top-Titel
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Autor*in: Barbara Reidelshöfer
Buchtitel | Origins: Indigene Kulturen der Welt |
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Autor*in, Übersetzer*in | Nat Cardozo, übers. von Kristin Lohmann |
Illustrator*in | Nat Cardozo |
Lesealter | 10+ |
Umfang (Seitenzahl) | 48 Seiten |
Verlag | Magellan |
ISBN | 978-3-7348-6073-7 |
Preis | 24,00 Euro |
Erscheinungsjahr | 2024 |
Das Sachbilderbuch Origins: Indigene Kulturen der Welt erzählt von unterschiedlichen Kulturen und Lebensweisen indigener Kulturen. Dabei werden neben wesentlichen Fakten wie Sprache und geographischer Situierung vor allem die Besonderheiten und auch die jeweiligen Herausforderungen fokussiert. Insgesamt werden 22 indigene Völker weltweit vorgestellt. Jeder Kultur wird eine Doppelseite gewidmet, die immer gleich gestaltet ist: Einer einseitigen Informationsseite ist ein gemaltes Porträt eines indigenen Kindes zur Seite gestellt, das wesentliche Elemente der Kultur aufgreift und fantasievoll mit dem Porträt verknüpft.
Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.
Schon das Cover des Sachbilderbuchs verzaubert und zeigt dessen besondere Gestaltung: Eine großformatige, üppig gestaltete Illustration eines Kinderkopfes, der uns Lesende auffordernd anblickt und mit den vielen, in den Kopf integrierten Details aus Flora und Fauna sofort auf eine märchenhaft anmutende Entdeckungsreise einlädt. Dieser Ton wird auch in den Texten umgesetzt, die allesamt in der Ich-Form verfasst sind und somit jedem abgebildeten Kind eine Stimme gibt. So entsteht beim Lesen und Anschauen fast das Gefühl, als würde ein*e Vertreter*in der jeweiligen Kultur direkt im Gespräch die Besonderheiten seiner Kultur vermitteln. Diese werden in mythisch anmutenden Beschreibungen deutlich. Natur- und Weltwahrnehmung, Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau, Arbeitsbedingungen, religiöse Vorstellungen und traditionelle Riten – unglaublich viel klingt in den nur einseitigen Texten an. Da ist es hilfreich, dass jede Seite gleich aufgebaut ist. Knapp und sachlich wird jedes Kapitel mit dem Namen der indigenen Kultur überschrieben. Anschließend werden drei Fakten benannt: die geographische Heimat, die Bevölkerungszahl und die Sprache. Neben dem Informationstext, der durch die poetische Sprache (kongenial übersetzt von Kristin Lohmann) und die Erzählweise an einen fiktionalen Text erinnert, greift jede Textseite noch ein Detail der Kultur auf und hebt es farbig hervor. Dabei wird die spezielle Verbundenheit zur Natur und/oder der Gemeinschaftssinn betont, den die mehrfach ausgezeichnete Autorin und Illustratorin Nat Cardozo in ihrer Einführung als verbindendes Element aller porträtierten indigenen Kulturen benennt.
Die Auswahl von 22 Kulturen kann natürlich dem Reichtum der indigenen Völker nicht gerecht werden, aber sie ist dennoch klug, da alle fünf Kontinente berücksichtigt und dabei auch verschiedenen Klimazonen und völlig unterschiedliche Lebensbedingungen ausgewählt wurden. So ist das Leben der Tuareg ein ganz anderes als jenes der Yanomani, was sich wiederum völlig von den Sámi unterscheidet. Deswegen ist es überaus spannend, von Seite zu Seite zu blättern oder das Buch einfach irgendwo aufzuschlagen, um sich für kurze Zeit in die beschriebene Kultur zu vertiefen. Die Texte machen Lust, tiefer in die Besonderheiten der Völker einzudringen und so ist es folgerichtig, dass am Ende des Sachbilderbuchs noch zwei stilistisch gänzlich andere Kapitel angehängt werden, in denen das poetische Erzählen aus Kindersicht von einer informativen Darstellung über Die Erde und ihre Habitate abgelöst wird. Hier finden sich alle im Buch dargestellten Kulturen in einer Überblickskarte, die die Länder kindgerecht mit den dort typischen Tieren darstellt. Der dazugehörige Text informiert über den Umgang der indigenen Kulturen mit ihrem Habitat. Nachfolgend werden auf einer Text-Doppelseite sehr kompakt die verschiedenen Aspekte Geschichte, Bedrohung und Widerstand, Umweltzerstörung, gesellschaftliche Organisation und überliefertes Wissen sowie Schutz der Gebiete vermittelt. Fett gedruckt erscheinen hier fast alle zuvor porträtierten Völker noch einmal in einem anderen Kontext – auch dies regt dazu an, sich genauer mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das letzte Kapitel fordert mit der Frage Und woher kommst du? die Leser*innen abschließend dazu auf, sich und die eigene Kultur zu verorten und dabei auch Fragen der Zukunftsfähigkeit des menschlichen Lebens selbst zu reflektieren.
Mit Origins ist Nat Cardozo ein außergewöhnliches und einzigartiges Sachbilderbuch gelungen, das durch die kreative, detailreiche Bild- und Textgestaltung die Konventionen bricht. Inhalt und Form ergänzen sich wunderbar, regen Fantasie und Entdeckergeist vielfältig an und nehmen uns Leser*innen auf eine bereichernde Reise zu unseren Ursprüngen und der Vielfalt menschlichen Lebens mit.
Origins eignet sich gut für die private Lektüre, aber auch für freie Leseformate. Bereits im Kindergartenalter regt das großformatige Sachbilderbuchs zum Blättern und Entdecken ein. Die fantasievollen Bilder bieten hier zahlreiche Sprechanlässe. Das eigenständige Lesen wird, auch aufgrund des anspruchsvollen Vokabulars, wohl erst ab einem Lesealter ab 10 Jahren Freude machen.
Origins ist auch als Recherche-Grundlage für Sachfragen rund um indigene Kulturen geeignet. So ist es gut denkbar, im Unterricht kleine Präsentationen zu jedem einzelnen Volk von Schüler*innen erarbeiten zu lassen. Davon ausgehend können weitere Informationen mithilfe einer Internetrecherche gesammelt werden. Aber genauso gut vorstellbar ist es, im Deutschunterricht eigene Texte im vorliegenden Stil schreiben zu lassen und so die eigene Herkunft und Kultur zu thematisieren, wozu das letzte Kapitel des Buches ausdrücklich auffordert.
Auch fächerübergreifend bietet sich Origins wunderbar an. So könnten im Kunstunterricht eigene Köpfe gestaltet werden, die typische Merkmale der eigenen Kultur umsetzen. Daneben ist eine Auseinandersetzung im Musikunterricht gut denkbar. Denn wäre es nicht interessant zu wissen, welche Musik von den verschiedenen indigenen Kulturen gehört wird und welche typischen Instrumente verwendet werden? Weitere Lebensumstände, v.a. auch die Bedrohung der Kulturen im Verlauf der Geschichte, können von gesellschaftspolitischen Fächern aufgegriffen werden – hier eignen sich besonders Projektformate.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene, denen dieses wunderschön gestaltete Sachbilderbuch gefällt, könnten weitere außergewöhnlich gestaltete Sachbücher als Leseanregung aufgreifen und sich z. B. von Japan. Land der aufgehenden Sonne (Bohnke / Pauluth) verzaubern lassen. Fühlen sie sich besonders durch die Erzählweise angesprochen, wären erzählende Bücher wie z. B. Indigene Märchen (Kerstin Groeper) oder Cornelia Funkes gesammelter Märchenschatz aus aller Welt Die Froschprinzessin ein neues Leseabenteuer.