Auszeichnung Top-Titel
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Autor*in: Barbara Reidelshöfer
Buchtitel | Alle Menschen haben Rechte |
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Autor*in, Übersetzer*in | Yayo Herrero; Yezenia León Mezu |
Illustrator*in | Luis Demano |
Lesealter | 8+ |
Umfang | 48 Seiten |
Edition | 1 |
Verlag | leykam |
ISBN | 978-3-7011-830 |
Das großformatige Sachbilderbuch Alle Menschen haben Rechte präsentiert mit knalligen Illustrationen das komplexe Thema Menschenrechte. Dabei werden sehr unterschiedliche Aspekte des Themas abgedeckt: Zunächst zeigt ein historischer Abriss wichtige Wegmarken und Einflüsse für die Entstehung der Menschenrechte. Die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird auf einer Überblicksseite abgedruckt und die unterschiedlichen Rechte dann aber nach Themen zusammengefasst erläutert. Davon ausgehend wird auch den im 20. Jahrhundert wichtig gewordenen kollektiven Rechte ein Kapitel gewidmet. Das folgende Kapitel zeigt anhand ausgewählter Kämpfe in Geschichte und Gegenwart, dass Rechte nicht vom Himmel fallen, sondern dass für sie gekämpft werden muss. Als logischer Abschluss des Buches werden Herausforderungen in der Gegenwart und Zukunft beschrieben, für die die Lesenden sensibilisiert werden sollen. Ein sehr kurzes Glossar rundet die Lektüre ab.
Alle Menschen haben Rechte ist ein Sachbilderbuch, das sofort ins Auge sticht. Das knallig orangene Cover mit einer diversen Menschenmenge, die kämpferisch mit vielen verschiedenen Flaggen und bekannten Symbolen für etwas kämpft, spricht vor allem politisch interessierte Kinder und Jugendliche an. Bereits hier wird schon deutlich, dass mit diesem Buch nicht nur rein sachlich informiert werden soll, sondern die Autor*innen auch eine Weltsicht vermitteln wollen. Dass diese sich auch in der Sprache – es wird durchgängig mit Sternchen gegendert oder Begriffe wie versklavter Mensch statt Sklave gewählt – niederschlägt, spiegelt die politische Einstellung der Autorin wider, die sich selbst als Aktivistin begreift. So wird die Zielsetzung bereits in der Einleitung, aber auch im weiteren Verlauf immer wieder deutlich gemacht: Die Leser*innen sollen erkennen, dass Menschenrechte wichtig sind und dass wir uns alle für deren Realisierung einsetzen sollten. So will Alle Menschen haben Rechte ein Bewusstsein für Menschenrechte schaffen und Meinungsbildungsprozesse aktivieren. Störend sind dabei aber einige vermeintliche Fakten, die schlicht falsch sind und die Meinungen in bestimmte Richtungen lenken: So wird beispielsweise der Antisemitismus als „vor allem in Österreich und Deutschland stark verankert“ definiert, was im Jahr 2024, wo sich Antisemitismus als weltweites Phänomen zeigt, doch irritiert. Diese inhaltlichen Schwächen hätten von einem sorgfältigen Lektorat angemahnt werden müssen. Schade ist auch, dass zumindest die deutschsprachige Übersetzung nicht immer den richtigen Ton trifft bzw. die Zielgruppe aus den Augen verliert. Zwar werden die kindlichen bzw. jugendlichen Leser*innen gleich zu Beginn ungezwungen direkt angesprochen, aber dieser leichte Ton kann nicht in die Erläuterung der komplexen Begriffe und Gesetzestexte hinübergerettet werden. Im Gegenteil, hier wird häufig so dicht und abstrakt formuliert, dass die eigentliche Zielgruppe ohne Hilfestellung gar nichts mehr verstehen dürfte. Viele Fremdwörter erschweren neben dem umständlichen Satzbau das Verständnis. Es ist bedauerlich, dass diese nicht zumindest in Fußnoten (die an einigen Stellen für Anmerkungen der Übersetzung verwendet werden) oder im Glossar (das lediglich vier Begriffe enthält) erklärt werden, umso mehr, da die Auswahl, Reduktion und Schwerpunktsetzung ansonsten gut gelungen sind. Ebenso überzeugt die grafische Gestaltung, die die Komplexität des Themas mit passenden Zeichnungen abwechslungsreich und ansprechend visualisiert. Ein schöner Effekt sind beispielsweise die in einer Farbe eingefärbten Kapitel oder auch der Einsatz von abstrakten Symbolen und figürlichen bzw. gegenständlichen Darstellungen, die die Texte nicht nur abbilden, sondern wunderbar ergänzen. Illustrator Luis Demano schafft es, mit seiner Farbwahl und der reduzierten und gleichzeitig fantasievollen Darstellung dem Thema und den komplizierten Texten etwas kindgerechte Leichtigkeit zu geben. Diese motiviert dazu, das Buch nicht aus der Hand zu legen, sondern sich durch die Bilder tiefer in den Inhalt ziehen zu lassen.
Alle Menschen haben Rechte ist auf alle Fälle ein lesenswertes Sachbilderbuch, das viele Informationen unterschiedlicher Art für Kinder und vor allem auch jugendliche Leser*innen bereithält. Das Buch lädt nicht zuletzt durch die sehr ansprechende Gestaltung dazu ein, sich in einzelne Kapitel zu vertiefen, aber es auch einfach einmal aufzuschlagen und zu schmökern, um z. B. bei einzelnen Kurzbiographien von Verfechter*innen der Menschenrechte hängenzubleiben. Das komplexe und aktuelle Thema ist diskriminierungsfrei so aufbereitet, dass es zu einer Auseinandersetzung anregt und ein vermeintlich trockenes Thema lustvoll vermittelt.
Alle Menschen haben Rechte eignet sich – entgegen der Altersempfehlung des Verlags – vor allem für politisch interessierte Kinder ab frühestens 10 Jahren. Gerade ältere Kinder und Jugendliche können mithilfe dieses Sachbilderbuchs in die Komplexität der Menschenrechte einsteigen und erfahren hier sehr viele interessante Fakten, die Lust auf differenziertere Auseinandersetzung mit einzelnen dort vorgestellten Menschen oder Kämpfen für Menschenrechte machen. Selbst für Erwachsene kann das grafisch außergewöhnlich gestaltete Buch ein Gewinn sein, auch wenn der ein oder andere inhaltliche Fehler, die sprachliche Sperrigkeit und der etwas moralische Ton bisweilen als störend empfunden werden kann.
Mit kleineren Abstrichen ist Alle Menschen haben Rechte für die Anschaffung in der Schulbibliothek oder öffentlichen Bücherei wirklich empfehlenswert. Denn es ist ein Wagnis, ein so abstraktes Thema in ein Sachbilderbuch zu packen und dabei komplexe juristische Inhalte nicht falsch zu vermitteln. Dies ist auf motivierende Weise gelungen, sodass man gerne in dieser illustrierten Geschichte der Menschenrechte blättert und dabei vielleicht auch selbst Inspiration für die Umsetzung der Menschenrechte im eigenen Leben gewinnt.
Wunderbar ergänzen, z. B. für einen Büchertisch rund um das Thema Kinderrechte, lässt sich das Buch z. B. mit den Titeln Eine Welt für alle: Menschenrechte, Globalisierung und die Arbeit der Vereinten Nationen und Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte für junge Menschen.