Buchcover Inge Meyer-Dietrich: Geheimsache Daddy

Vincent lebt gemeinsam mit seiner Mutter in einer Kleinstadt. Er spielt gern Fußball und trifft sich...

Rezension von Sinah Busch

Vincent lebt gemeinsam mit seiner Mutter in einer Kleinstadt. Er spielt gern Fußball und trifft sich oft mit seiner besten Freundin Malin. Eines Tages läuft ihm ein Mann über den Weg, der ihm erschreckend ähnlich sieht. Vincent, der seinen leiblichen Vater nicht kennt, macht sich daraufhin mit Malin auf eine abenteuerliche Suche nach seinem „Daddy“, der allem Anschein nach ein Engländer namens Tom Winter ist und an einem Zeugenschutzprogramm teilnimmt...

BuchtitelGeheimsache Daddy
AutorInge Meyer-Dietrich
GenreKrimi & Thrill
Lesealter10+
Umfang171 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagRavensburger
ISBN978-3-473-36837-2
Preis9,99 €

Vincent lebt gemeinsam mit seiner Mutter in einer Kleinstadt. Er spielt gern Fußball und trifft sich oft mit seiner besten Freundin Malin. Eines Tages läuft ihm ein Mann über den Weg, der ihm erschreckend ähnlich sieht. Vincent, der seinen leiblichen Vater nicht kennt, macht sich daraufhin mit Malin auf eine abenteuerliche Suche nach seinem „Daddy“, der allem Anschein nach ein Engländer namens Tom Winter ist und an einem Zeugenschutzprogramm teilnimmt. Dabei erleben die beiden viel Spannendes und schließen neue Freundschaften mit den beiden Senioren Margarethe und Justus. Diese beiden geben ihr Bestes, um Vincent und seine beste Freundin bei ihrer aufregenden Jagd nach dem geheimnisvollen Unbekannten zu unterstützen. Doch was hat es mit dem merkwürdigen Maler Bruno Krass und dessen schrillem Bruder Raff auf sich, und was haben sie mit dem unerklärlichen Einbruch im Seniorenheim zu tun? Viele spannende Entdeckungen und sogar eine Verfolgungsjagd warten auf die besten Freunde, die nicht locker lassen, bis sie erfahren, in welche mysteriösen Umstände „Daddy“ wirklich verstrickt ist.

„Malin und ich merkten sofort, dass Justus völlig anderer Stimmung war als am Tag zuvor. Die wenigen Haare standen ihm so wirr vom Kopf, als ob er sie mit den Händen zerzaust hätte, und sein Gesicht hatte große rote Flecken. ‚Tut mir Leid, ich bin ganz durcheinander‘, sagte er dann auch. ‚Hier ist wieder mal eingebrochen worden.‘ Ich guckte mich im Zimmer um. Es sah genauso aus wie gestern.
‚Ich bin verschont geblieben, aber der armen Margarethe hat man das ganze Apartment verwüstet, dabei war sie nur eine Stunde beim Arzt.‘ Justus seufzte.
‚Wahrscheinlich ist Ihnen heute nicht nach Garten zumute‘, sagte ich leise.
‚Und sie wollen lieber allein sein‘, meinte Malin.
‚Nein! Im Gegenteil. Ich bin froh, dass ihr da seid. In den Garten möchte ich wirklich nicht. Aber vielleicht könnt ihr Margarethe beim Aufräumen helfen?‘
‚War die Polizei denn schon da?‘, fragte Malin.
Justus zuckte die Achseln. ‚Daran hab ich noch gar nicht gedacht.‘“ (S. 51)
[…]
„Es sah immer noch schlimm in Margarethes Apartment aus, als wir mit Justus ankamen. In normalem Zustand war es sicher schön mit den ockergelb gestrichenen Wänden. Die Farbe kannte ich aus dem Kunstunterricht.
Und dann die vielen Bilder! Aber sie genauer anzusehen war unmöglich. Die alte Frau, die gestern noch so fröhlich gelacht hatte, saß jetzt verweint am Tisch und zeigte auf die Fotos am Boden. ‚Schrecklich, nicht wahr?‘
‚Wer könnte das gewesen sein?‘ Malin wollte der Sache gleich auf den Grund gehen, wie sie das immer tut.
‚Ich habe nicht die leiseste Ahnung.‘ Margarethe stöhnte. ‚Vom Personal trau ich es keinem zu. Das hab ich auch den Polizisten gesagt. Ich hatte in den letzten Wochen mehrmals den Verdacht, dass jemand in meinen Sachen herumgesucht hat. Und heute‘, sie schluckte, ‚heute hat er jedenfalls ohne jede Rücksicht hier drin gewütet.‘  
‚Wer hat dich denn in letzter Zeit besucht?‘, wollte Justus wissen.
‚Nur Bruno mein Neffe. Er war hier, um mich zu seiner Ausstellung einzuladen. Du kennst Bruno. Der könnte seiner alten Tante so etwas nicht antun.‘
‚Das kann ich mir auch nicht vorstellen‘, sagte Justus. ‚Bruno ist in Ordnung!‘“  (S. 53)

Geheimsache Daddy von Inge Meyer-Dietrich ist ein mitreißender Kriminalroman für Jugendliche. Die spannende Geschichte wird vor allem durch die Tatsache vorangetrieben, dass Vincent seinen leiblichen Vater nicht kennt. Auf der Suche nach ihm werden er und seine beste Freundin Malin in ein Abenteuer verstrickt, in dem sie neben der Suche nach „Daddy“ auch einen Einbruch aufklären müssen und in Verfolgungsjagden verwickelt werden. Diese Abwechslung zwischen der Selbstfindung des jungen Protagonisten und den actionreichen Szenen runden den Spannungsbogen ab und erzeugen ein variierendes Erzählmuster, das den Leser packt und ihn zur weiteren Lektüre antreibt.

Zwischen seinem Alltag und der aufregenden Fahndung nach seinem Vater hin- und hergerissen lebt Vincent in zwei Welten. Zuhause und in der Schule mimt er den sorgenfreien Jungen, der am liebsten Fußball spielt und bei seinen Freunden vorgibt, mit Mädchen nichts zu tun haben zu wollen. Doch mit seiner heimlichen besten Freundin teilt er seine Geheimnisse und gemeinsam geben sie nicht auf, sondern werden immer hartnäckiger bei ihrer Recherche nach Vincents verschollenem Elternteil.

Die Rolle der alleinerziehenden Mutter, die zwar ihr Bestmögliches unternimmt, den fehlenden Vater zu kompensieren, aber diesen nicht ersetzen kann, spiegelt eine aktuelle gesellschaftliche Problematiken wider. Ein schwieriges Thema, das von Inge Meyer-Dietrich aber mit Bedacht behandelt wird und der Detektivgeschichte nicht die Spannung nimmt.

Durch den personalen Erzähler bzw. die Ich-Perspektive gelingt es der Autorin, dem Leser einen tiefen Einblick in die Gefühlswelt Vincents zu geben und seine emotionale Achterbahnfahrt durch das Auf und Ab bei der Suche nach „Daddy“ realistisch widerzuspiegeln. Auch Vincents Hobbys wie Fußball oder das Interesse an seinem Lieblingsfach Englisch führen dazu, dass sich der Leser in die Hauptfigur hineinversetzen und sich, auch wenn nicht dieselbe familiäre Situation vorliegt, mit dem Protagonisten identifizieren kann.

Im Vordergrund steht außerdem auch die Freundschaft der beiden Hauptfiguren Vincent und Malin. Sie bilden ein sich ergänzendes Team und Vincent erfährt von seiner Freundin große Unterstützung und Mitgefühl. Auch die Bekanntschaft mit den beiden Senioren Margarethe und Justus stärkt die beiden und gerade der ältere Herr erweist sich als seelische Stütze für den heranwachsenden Vincent.

Neben den emotionalen Momenten im Buch wird aber auch viel Wert auf die actionreiche Gestaltung und die Detektivrecherche gelegt. Diebstähle im Seniorenheim und der verschrobene Künstler Bruno Krass stellen die Freunde vor neue Rätsel und sie fragen sich, ob der Maler in die Kunstfälschungskriminalität verwickelt ist. In diesem Kontext werden Sachzu-sammenhänge anschaulich erklärt und auch jüngeren Lesern nahe gebracht.

Das Buchcover ist ansprechend gestaltet, zu sehen sind die beiden Freunde Vincent und Malin, wie sie heimlich einem flüchtenden Mann folgen. Zudem wird die Handlung auch an weiteren Stellen im Roman liebevoll illustriert und unterstützt so Kinder, die gerade erst ein höheres Leseniveau entwickeln.

Auch die Schriftgröße ist der Altersklasse entsprechend angepasst und die Kapitel sind mit einer durchschnittlichen Länge von zehn Seiten gut überschaubar. Fachbegriffe und englische Wörter werden erklärt und besonders die Dialoge zwischen den Heranwachsenden sind umgangssprachlich und realitätsnah formuliert.

Insgesamt ist Geheimsache Daddy ein spannender Krimi, der gerade für jüngere Leser geeignet ist, die sich erstmals an längere Romane herantasten. Neben dem Unterhaltungsfaktor wird eine Geschichte geboten, die einfühlsam die Problematik eines Jungen erzählt, der mit seinem Vater auch einen Teil von sich selbst finden will.

Für Vielleseprogramme geeignet.