Rezensiert von Kristina Schmitt
Völlig unverhofft flattert ein Papagei in Max‘ Kinderzimmer. Er überbringt ihm einen Brief von Piratenkönig Käpt’n O’Malley, der ihn als Besatzungsmitglied auf sein magisches Schiff und damit in das geheimnisvolle Königreich Darksea rekrutieren möchte. Max begibt sich in ein gefährliches Abenteuer: Dabei will er nicht nur Darksea von seinem Fluch und dem zerstörerischen Ungeheuer retten, sondern auch seinen kranken Bruder Chris.
Buchtitel | Die Piraten von Darksea |
Autor | Catherine Doyle, übers. v. Sarah Heidelberger, illustr. v. Manuel Sumberac |
Genre | Abenteuer Fantastische Literatur |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 320 Seiten |
Edition | 1. Auflage |
Verlag | Knesebeck |
ISBN | 978-3-95728-907-0 |
Preis | 18,00 € |
Erscheinungsjahr | 2025 |
Die Brüder Chris und Max träumen schon lange von einer abenteuerlichen Reise auf einem magischen Piratenschiff und malen sich diese Fantasiewelt aus ihrem Lieblingsbuch in bunten Farben aus. Sie schicken sogar eine Flaschenpost an den Piratenkönig Käpt’n O’Malley und warten vergeblich auf den Beginn ihres Abenteuers.
Umso erstaunter ist Max, als O’Malleys Papagei zwei Jahre später am Fenster seines Kinderzimmers klopft und ihn auf sein Schiff, die Sonnendiebin, einlädt. Der Junge zögert nicht lange und das spannende Piratenabenteuer in Darksea beginnt. Doch Max muss die Reise in die fremde Welt ohne seinen Bruder antreten, denn dieser ist schwer an Krebs erkrankt. Für Chris und ihren gemeinsamen Traum zieht er mutig nach Darksea und hilft sogar der verbitterten Piratenkönigin, die ihm als Belohnung magischen Sternenstaub verspricht – Max hofft, damit seinen Bruder heilen zu können.
Im Gegenzug muss Max den geheimnisvollen Säbel der Piratenfamilie zurückerobern. Doch dabei bleibt es nicht, denn der Zaubersäbel überträgt an ihn sowohl Macht als auch Verantwortung und es liegt nun in Max Händen, Darksea vor dem drohenden Untergang zu retten.
Gemeinsam mit seiner neuen Freundin Ruby und der Unterstützung der Piratenbesatzung überwindet Max seine Ängste, meistert schwierige Herausforderungen und besiegt letztendlich das gefährliche, übermächtige Monsterschiff.
Max reist schließlich zurück zu seinen Eltern und seinem Bruder Chris, mit dem er während des Abenteuers über Briefwechsel Kontakt gehalten hat. Der Roman endet mit einem Epilog, der den Leser:innen durch einen Zeitensprung einen Ausblick auf die weitere Geschichte der Brüder gewährt. Zwei Jahre nach der Rettung von Darksea: Max und Chris, der seine Krebserkrankung erfolgreich bekämpfen konnte, stehen am Meeresufer ihres Heimatdorfes und erblicken die Sonnendiebin auf dem Meer. Die beiden Brüder gehen an Board und können nun endlich gemeinsam den Traum ihres Piratenabenteuers erleben.
Eine Leseprobe ist verfügbar.
Unmittelbar und mit viel Spannung entführt der Roman Die Piraten von Darksea die Leser:innen in eine fremde Welt voller Magie und Abenteuer. Der dadurch erzeugte Lesesog erhöht die Lesemotivation und kann dies bis zum Ende der Geschichte (trotz des hohen Umfangs von 320 Seiten) aufrechterhalten. Auch die Sprache und der verständliche Erzählstil unterstützen den Lesefluss und die Lesemotivation.
Der Spannungsbogen wird vor allem durch die ständige Bedrohung und lauernde Gefahr durch die rachsüchtige Hai-Mensch-Gestalt Redfin mit seinem Monsterschiff sowie durch die verschiedenen actionreichen Missionen von Max erzeugt, wie zum Beispiel die Übernahme des Säbels aus Teufelsmaul trotz der Wassergeister oder der Raub des magischen Sonnensteines aus den Untiefen des brodelnden Vulkans. Die waghalsigen Unternehmungen zur Erlösung von Darksea bringen den Jungen immer wieder in große Gefahr und in allen Aufgaben schafft Max es geradeso in letzter Sekunde, sich und seine Freundin Ruby zu retten. Dabei spielen Gegenstände aus der realen Welt, kleine Geschenke von Chris, eine große Rolle. Mithilfe des Papageien Kräcker können die Brüder mit Briefen Kontakt halten und auf diesem Weg sendet Chris seinem kleinen Bruder auch Glücksbringer. Diese werden in den Missionen zum Beispiel zu wertvoller Tauschware auf Krummschatz oder können sich durch magischen Sternenstaub verwandeln, wie der Origami-Kranich aus Papier, der Max und Ruby als verzauberte Vogelgestalt aus dem feuerspeienden Vulkan rettet. Immer wieder können die Geschenke von Chris die Gefahren abwenden oder auflösen. Dadurch bleibt die Verbindung zwischen den Geschwistern auch auf der Handlungsebene bestehen und verleiht dem Roman Tiefgang. Dies unterstützt die individuelle Involviertheit beim Lesen und die Empathie für die Figuren.
Im gesamten Verlauf der Geschichte ist die Geschwisterbeziehung ein wesentlicher Bestandteil und für Max‘ Handlungen eine wichtige Antriebsfeder. Die Autorin lässt auch Raum für die Innenwelt des jugendlichen Protagonisten, sodass die Leser:innen die Ängste, Sorgen und Schwächen des Jungen nachvollziehen können. Im Laufe des Abenteuers und der vielen Herausforderungen entwickelt sich Max mehr und mehr zu einem mutigen Helden, der seine Furcht (sowohl in der realen als auch in der fantastischen Welt) immer wieder überwindet und seine Stärken für das Gute einsetzt. Damit eignet sich Max auch als Identifikationsfigur für junge Leser:innen, die die behandelten Emotionen nachempfinden können. Auch Ruby und die Piratenkönigin sind überzeugende Charaktere und laden zur Identifikation ein. Die Piratenkönigin Eliza O’Malley entwickelt sich von einer gescheiterten Autorität zu einer echten Kämpferin – gegen ihre Ängste und für ihr Königreich Darksea – und findet mit ihrer eigenen Familiengeschichte und Bruderbeziehung Gemeinsamkeiten zu Max, wodurch der Mut und Tatendrang des Jungen auch in ihr Hoffnung und Stärke aufkeimen lässt.
Alles in allem bietet Die Piraten von Darksea durch eine gelungene Mischung aus spannenden, actionreichen Piratenabenteuern, einer großen Portion Magie und Fantastik sowie überzeugenden Protagonist:innen eine geeignete Lektüre für junge Leser:innen, die sowohl Leseanfänger:innen (trotz des Umfangs) als auch geübten Leseratten Freude bereiten kann.
Die Piraten von Darksea eignet sich für diverse Verfahren der Leseförderung sowohl als motivierende Klassenlektüre als auch im Einsatz in Vielleseverfahren. Durch die Mischung aus den beliebten Genres Abenteuer und Fantastik und durch die vielschichtigen männlichen und weiblichen Protagonist:innen kann der Roman viele Jugendliche ansprechen und zum Lesen animieren.
Die universellen Motive wie Zusammenhalt, Mut und Hoffnung eignen sich für eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Lektüre. Hier könnten sich Jugendliche beispielsweise damit beschäftigen, wie man Mut schöpfen kann, um Herausforderungen zu bewältigen. Max schreitet trotz seiner Ängste in den Missionen tatkräftig voran. Seine Strategien könnten analysiert werden (z.B. Freund:innen als Unterstützung, Ziel/Fokus setzen, Glücksbringer).
Da die Glücksbringer eine zentrale Rolle in dem Roman spielen, könnten die Schüler:innen in kreativen Verfahren eigene Glücksbringer gestalten (z.B. Origami Tiere oder Münzen aus Pappe/Salzteig mit eigener Botschaft) oder bestehende Gegenstände von zuhause mitbringen. Als gemeinsame Geste könnte die Klasse die Glücksbringer bei der nächsten Aufgabe, zum Beispiel bei einem Schulausflug oder der nächsten Prüfung, mitnehmen.
Weitere handlungs- und produktionsorientierte Verfahren können Anwendung finden: Beispielsweise könnten in textproduktiven Methoden die Briefwechsel zwischen den Brüdern weiter ausgeführt werden oder in ein anderes Kommunikationsmedium transferiert werden (z.B. Whats-App Chat der Brüder statt Briefe). In visuellen Verfahren könnten Schüler:innen die Karte von Darksea mit der Route der Sonnendiebin ausgestalten – mit einem digitalen Tool wie Book Creator wäre dies sogar mit einer interaktiven Karte möglich.
Die Welt der Piraten stellt für Heranwachsende ein spannendes Thema dar. Hier könnte man in Rechercheaufgaben Informationen und Fakten zur Geschichte von Piraten sammeln lassen, aber auch andere (bekannte oder unbekannte) Piratengeschichten in verschiedenen Medienformaten als Vergleiche heranziehen. Darüber hinaus eignen sich Rollenspiele in szenischen Verfahren, um sich in die Welt der Piraten hineinzuversetzen und die Charaktere auf der Sonnendiebin besser verstehen zu können.
Alles in allem bietet Die Piraten von Darksea großes Potenzial für die Leseförderung. Hierbei sollte jedoch berücksichtigt werden, dass die Krebserkrankung von Chris immer wieder größeren Raum innerhalb der Geschichte einnimmt. Dieses sensible Thema muss mit Schüler:innen besprochen und gegebenenfalls auf individuelle Situationen innerhalb der Klasse abgestimmt werden.