Rezensiert von Franziska de Vries
Fucking fucking schön erzählt poetisch, humorvoll und immer einfühlsam von ersten sexuellen Erfahrungen, großen Gefühlen, leisen Unsicherheiten und zarter Verletzlichkeit. Es zeigt auch queere Lebensrealitäten und macht klar: Perfekt muss gar nichts sein. Zehn ermutigende Kurzgeschichten, in denen sich alle wiederfinden können.
Buchtitel | Fucking fucking schön |
Autor | Eva Rottmann |
Genre | Coming of Age |
Lesealter | 14+ |
Umfang | 176 Seiten |
Edition | 1. Auflage |
Verlag | Jacoby&Stuart |
ISBN | ISBN 978-3-96428-243-9 |
Preis | 16,00 € |
Erscheinungsjahr | 2024 |
In Fucking fucking schön erzählt Eva Rottmann in zehn lose miteinander verknüpften Kurzgeschichten von den ersten sexuellen Erfahrungen und Liebeserlebnissen Jugendlicher. Jede Geschichte steht für sich, ist aber Teil eines größeren Beziehungsgeflechts, das mithilfe einer Mindmap im Buch veranschaulicht wird. So begleiten wir unter anderem Alex, die sich in den Ferien erhofft, ihrem Schwarm Fabian näherzukommen – und dann mit der Ernüchterung ihrer eigenen Erwartungen konfrontiert wird.Zwischen den Geschichten tauchen kurze Texte wie Listen, Fragen und Statements auf, die den Blick auf jugendliche Perspektiven zu Sexualität, Sprache und Unsicherheiten öffnen: Was ist eigentlich ein ‚Player‘? Warum gibt es so viele Wörter für Sex, die alle dasselbe meinen, aber irgendwie auch nicht? Und warum ist es Erwachsenen so unangenehm, darüber zu sprechen?
Eine Leseprobe ist vorhanden.
Eva Rottmanns Fucking fucking schön ist ein Jugendbuch, das mutig und eindrucksvoll die verwirrenden ersten Erfahrungen mit Sexualität, Liebe und Begehren thematisiert – ohne dabei in Klischees abzurutschen oder den pädagogischen Zeigefinger zu heben. Rottmann ist auch Theaterautorin, was sich in der lebendigen, direkten und feinfühligen Sprache des Buches widerspiegelt.
Für die Kurzgeschichtensammlung arbeitete Rottmann intensiv mit Schulklassen zusammen – ein Umstand, der das Gesamtwerk mitsamt der Zwischenspiele spürbar nahbarer und authentischer macht. In zehn lose miteinander verknüpften Episoden eröffnet sie einen vielstimmigen Raum, in dem Jugendliche unterschiedlichster Hintergründe und Identitäten ihre Sichtweisen einbringen.
Besonders hervorzuheben ist die gendersensible Erzählweise. Rottmann reduziert ihre Figuren nicht auf Stereotype, sondern zeichnet sie mit all ihren Widersprüchen, Ängsten und Fragen. Mädchen dürfen begehren, Jungen dürfen verletzlich sein – und dann gibt es Figuren, deren Geschlechtsidentität schlicht keine Rolle spielt. Das Buch zeigt auch: Sexuelle Orientierung ist nichts, das erklärt oder festgelegt werden muss.
Zwischen den Geschichten finden sich Listen, Fragen und Statements, die etwa kritisch beleuchten, warum es so viele sexuell konnotierte Schimpfwörter für Mädchen gibt. Auch das Reden über Sexualität wird thematisiert: Wie spricht man über Sex? Was meint eigentlich die Frage nach dem ‚ersten Mal‘ – das erste Mal küssen, Händchen halten, verliebt sein? Einige dieser Zwischenspiele wurden nur minimal überarbeitet direkt aus den Schulprojekten übernommen und zeigen eindrücklich Rottmanns Gespür für die Sprache und Perspektiven junger Menschen.
Rottmanns Blick auf Sexualität ist wertfrei, offen und realitätsnah. Sie verzichtet auf moralische Wertungen und zeigt stattdessen, wie vielschichtig, überfordernd – und eben auch „fucking fucking schön“ – das Entdecken der eigenen Identität sein kann. Gerade im Hinblick auf Gendergerechtigkeit ist dieses Buch so wertvoll: Es schafft Raum für queere wie auch nicht-queere Erfahrungen gleichermaßen, ohne sie zu romantisieren oder zu problematisieren.
Fucking fucking schön ist ein ehrliches, kluges und vielschichtiges Jugendbuch, das mit gendersensibler Haltung, sprachlicher Direktheit und emotionaler Tiefe überzeugt. Ein Buch, das Jugendliche ernst nimmt – und gerade deshalb auch für Erwachsene lesenswert ist.
Im schulischen Kontext können Auszüge aus dem Erzählband z.B. dann verwendet werden, wenn verschiedene Spielarten von Sexualität und Beziehung diskutiert werden sollen, etwa im Biologie- oder Ethikunterricht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass teils explizite Passagen enthalten sind, so dass es sinnvoll ist, sich vorab über die Arbeit mit dem Text mit Eltern und Erziehungsberechtigten zu verständigen.
Das Buch kann im Rahmen von Formaten der außerschulischen Bildung (Jugendarbeit) benutzt werden, um über Beziehungen und Sexualität ins Gespräch zu kommen.Das Werk bietet eine ausgezeichnete Grundlage, um zudem Themen wie Geschlechterrollen, Sprache und Identitätsentwicklung sensibel zu behandeln.
Die im Buch integrierten Listen, Statements und Zwischentexte können kreativ eingebunden werden, z.B. als Schreibanlässe, Gesprächsimpulse, für Rollenspiele oder zur Entwicklung eigener ‚Zwischentexte‘. Im Sinne einer geschlechtersensiblen Leseförderung regt das Buch zur Auseinandersetzung mit Sprache, Identität und gesellschaftlichen Normen an und fördert die Wahrnehmung und Wertschätzung unterschiedlicher Perspektiven.
Zugleich eignet sich Fucking fucking schön hervorragend als Freizeitlektüre – nicht nur für Jugendliche, sondern ebenso für Erwachsene. Es ist ein Buch, das zum Innehalten anregt und wirklich allen Mut macht.