Buchcover Barnaby. Der Teufel aus der Tonne

Der 9-jährige Jan-Ole hat es wirklich nicht leicht: In der Schule muss er sich ständig mit seiner...

Rezensiert von Frank Münschke

Ein ziemlich aufmüpfiger Beutelteufel bringt das Leben des 9-jährigen Jan-Ole komplett durcheinander und die kindliche Hauptfigur möchte nur noch eines: Seinen neuen Begleiter wieder loswerden. Barnaby. Der Teufel aus der Tonne von Sabine Ludwig ist skurril-witzig und hat mit Jan-Ole einen frech-liebenswert gezeichneten Protagonisten, der sich als Identifikationsfigur für kindliche Leser*innen anbietet.   

BuchtitelBarnaby. Der Teufel aus der Tonne
AutorSabine Ludwig, illustr. v. Lena Winkel
Lesealter10+
Umfang205 Seiten
Edition1. Auflage
Verlagrotfuchs
ISBN978-3757100155
Preis15,00 €
Erscheinungsjahr2024

Der 9-jährige Jan-Ole hat es wirklich nicht leicht: In der Schule muss er sich ständig mit seiner Mitschülerin Chantal und ihrem „Einhorngeschwader“ herumärgern, seine Lehrerin Frau Pettenkofer geht ihm regelmäßig auf die Nerven und auch wenn er seine Eltern über alles liebt – so richtig viel Zeit haben sie nicht für ihn. Und dann sind da diese ständigen Wutausbrüche: Wenn Jan-Ole sich ärgert, dann werden seine Ohren immer rot und es platzt aus ihm heraus. Demnächst steht sein 10. Geburtstag an und Jan-Ole wünscht sich nichts sehnlicher als einen Hund – im Tierheim lernt er den Terrier-Mischling Rolf kennen und möchte ihn unbedingt als Haustier. Doch seine Eltern finden das keine sonderlich gute Idee, da Zuverlässigkeit nicht unbedingt die Hauptkompetenz von Jan-Ole ist. 

Im Kunstunterricht bekommt Jan-Ole die Aufgabe, sein Lieblingstier zu kneten und er entscheidet sich für einen Hund. Das misslingt komplett, die anderen Kinder machen sich über ihn lustig und kurzerhand wirft Jan-Ole die Figur in den Müll. Doch dann wird die Knetmasse zum Leben erweckt und es erscheint der Beutelteufel Barnaby. Barnaby begleitet Jan-Ole fortan durch seinen Alltag und ist diesem mit seinen Wutanfällen gar nicht so unähnlich. Bei Barnaby treten diese vor allem auf, wenn er Hunger hat, aber auch sonst ist er mit seinem vorlauten Mundwerk ein eher unangenehmer Zeitgenosse – und bringt Jan-Ole in viele unangenehme Situationen, zum Beispiel wenn Barnaby bei einem Grillabend der Katze von Chantal hinterherjagt. Jan-Ole hat ab einem gewissen Punkt nur noch ein Ziel: Barnaby wieder loszuwerden. Das gelingt ihm am Ende tatsächlich auch und zu seiner Überraschung bekommt er von seinen Eltern Rolf zum Geburtstag geschenkt.

Eine Leseprobe ist verfügbar. 

Sabine Ludwig entwirft mit Jan-Ole eine toll gezeichnete Figur: Der kindliche Protagonist ist einerseits sehr liebenswert, andererseits eckt er durch seine Wutausbrüche immer wieder an. Der Autorin gelingt es dabei, dass die Lesenden immer auf seiner Seite sind und er als Identifikationsfigur etabliert wird. Dabei werden Merkmale typischer Antiheldenfiguren – im Sinne von Gregs Tagebuch – mit individuellen Merkmalen verknüpft. So ist es zum Beispiel sehr faszinierend, wie Jan-Ole sich für Rolf begeistert und er alles dafür tut, um ihn wiederzusehen – inklusive des (sehr stümperhaften) Fälschens einer Vollmacht oder eines nächtlichen Geheimbesuchs im Tierheim. Im Laufe der Geschichte übernimmt Jan-Ole immer mehr Verantwortung für sein Handeln und auch für andere – er macht daher eine sympathische und weitestgehend glaubhafte Entwicklung durch. 

Der tasmanische Teufel Barnaby fungiert als überzeichnete Spiegelfigur Jan-Oles: Auch er verhält sich immer wieder unangemessen, hat ein loses Mundwerk und kann sehr laut schreiben. Barnaby will zudem dauernd essen – und riecht darüber hinaus noch extrem unangenehm. Dabei wird nicht eindeutig aufgelöst, ob Barnaby nur einer Einbildung Jan-Oles entspringt, denn außer Jan-Ole bekommt Barnaby nie jemand so richtig zu Gesicht und wenn Barnaby etwas sagt, hören andere Figuren Jan-Oles Stimme. Auf jeden Fall hat der Beutelteufel aber eine kathartische Funktion für den Protagonisten des Romans: Jan-Ole sind die Auftritte Barnabys extrem unangenehm, damit einhergehend werden auch seine Wutanfälle weniger.  

Der Roman punktet zudem durch seinen Humor: Sabine Ludwig erschafft herrlich-skurrile Szenen, etwa wenn Barnaby – versteckt in einem Rucksack – in einer Modeboutique, in der Jan-Oles Mutter arbeitet, einen Damenschuh anknabbert und sich nicht gerade freundlich gegenüber einer Kundin äußert. Am Ende müssen Jan-Ole und seine Mutter die Boutique verlassen, da Barnabys Gestank so unerträglich ist und eine Kundin umgekippt ist. Das führt zu einer Kündigung der Mutter. Aber nicht nur hier werden die Konflikte positiv aufgelöst: Jemand hat die Szenerie gefilmt und ins Netz gestellt – seitdem kann sich die Boutique vor Kundinnen  

kaum noch retten. Unterstützt wird die beschriebene Situationskomik zudem durch die tollen Illustrationen von Lena Winkel, die ebenso von Übertreibung leben; das leuchtende Rot von Jan-Oles Wutohren lässt sich dadurch selbst in den Schwarz-weiß-Zeichnungen erkennen.  

Barnaby. Der Teufel aus der Tonne ist insgesamt eine herrlich-skurrile Antiheldengeschichte, die sehr viel Spaß beim Lesen bereitet, aber auch auf schön subtile Art und Weise zum Nachdenken anregt und sich vor allem – aber nicht nur – für Lesemuffel als Lektüre eignet. 

Der Roman ist vor allem als Privatlektüre für Kinder ab 10 Jahren zu empfehlen. Vor allem Jungen, die selten und wenig lesen, werden Freude an dieser Antiheldengeschichte haben: Die Sprache ist relativ einfach, Jan-Ole ist eine sympathische Hauptfigur und die humorvollen Szenen sorgen für Lacher und ein kurzweiliges Lesevergnügen.