Buchcover Wranglestone

Peter lebt mit seiner Gemeinschaft auf einer Insel am Lake Wranglestone inmitten einer Welt voller...

Rezensiert von Felix Grießhammer

Der zurückhaltende Peter lebt mit seiner Gemeinschaft auf einer Insel am Lake Wranglestone. Diese winterliche See- und Berglandschaft könnte nicht idyllischer sein, wären da nicht die hungrigen Zombies am anderen Ufer. Nach einem Fehltritt von Peter beschließen die Einwohner, dass er seinen Nutzen für die Gemeinschaft beweisen muss. Mit seinem heimlichen Schwarm Cooper begibt er sich ans Ufer, um die Ruhelosen fortzulocken. Die spannende Reise um die Wahrheit von Lake Wranglestone beginnt.

BuchtitelWranglestone
AutorDarren Charlton, übers. v. Anja Malich, Birgit Salzmann
GenreAbenteuer
Lesealter14+
Umfang349 Seiten
VerlagAtlantis
ISBN978 3 71 52 3006 1
Preis20,00 €
Erscheinungsjahr2023

Peter lebt mit seiner Gemeinschaft auf einer Insel am Lake Wranglestone inmitten einer Welt voller Zombies. Um die Gemeinschaft zu schützen, patrouillieren die Inselbewohner um den See und bringen alle Zombies um. Gebissene Menschen werden an den sog. ‚Wasserfall‘ gebracht, an dem sich ein Einsiedler um sie ‚kümmert‘. Als Peter einen Fremden an einer der Inseln anlegen lässt, beschließen die Einwohner, dass er unter Beweis stellen muss, welchen Nutzen er für die Gemeinschaft hat. In der Absicht, die Ruhelosen fortzulocken, begibt sich Peter mit seinem Freund Cooper bald darauf ans Ufer, wobei sich beide Jungen näherkommen. Cooper wird während einer ihrer Missionen von einem Untoten gebissen und stirbt in Peters Armen. Entgegen der Erwartung verwandelt er sich nicht in einen Zombie, sondern wird als Untoter mit normalen Gefühlen wiedergeboren. Durch diese Entdeckung verändert sich das Weltbild der beiden Jungen, da sie realisieren, dass im Laufe der Jahre viele gebissene Inselbewohner unnötig vom Einsiedler umgebracht worden sind. Peters Freude über Coopers vermeintliches Überleben währt nicht lange, da der untote Junge vom Einsiedler entführt wird, woraufhin Peter sich um dessen Rettung bemüht. Bei Coopers Rettung erfahren sie, dass der Einsiedler stets mit einem Führungsmitglied der Gemeinschaft kooperiert hat, das über alles Bescheid weiß. Nach ihrer Rückkehr wollen sie die Bewohner von der Harmlosigkeit mancher Zombies überzeugen, was jedoch misslingt. Über den zugefrorenen See gelangen nun Zombies auf die Insel, die Gemeinschaft wird ausgelöscht. Die Jungen können fliehen. 

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Laut dem Observer ist der Roman Wranglestone „eine Mischung aus Zombie-Thrill und schmerzhaft zärtlich schwuler Lovestory“. Fügt man noch die Elemente eines Abenteuerromans hinzu, entsteht ein buntes Allerlei, das auf den ersten Blick sehr interessant wirkt. Doch funktioniert dieses Storykonzept auch, um leseschwache Jugendliche zum Lesen zu bewegen?

Mit Wranglestone begegnen vor allem schwächere jugendliche Leser*innen einem Roman, der sich aufgrund seiner Einfachheit, seiner interessanten Aufmachung und der spannenden Handlung sowie Erzählwelt hervorragend für die private Lektüre eignet. Bereits das Buchcover ist sehr passend gestaltet: Es zeigt eine idyllische Berg- und Seelandschaft, in deren Mitte eine bewohnte Insel dargestellt wird. Zwei Menschen befinden sich in der Mitte des Sees in einem Boot. Im starken Widerspruch dazu stehen um diesen See herum eine größere Anzahl an Zombies und blicken den Vorbeifahrenden nach. Das ansprechend gestaltete Buchcover sorgt mit seinem kontrastreichen Farbspiel aus dunklen Blau- und hellen Rosatönen für einen Blickfang, der das Interesse der Lesenden weckt und einen ersten Vorgeschmack auf die erzählte Welt vermittelt.   


Gleich zu Beginn wird dem Lesenden eine Welt geschildert, in welcher die stattgefundene Zombieapokalypse bereits etwa 16 Jahre zurückliegt. Am Lake Wranglestone hat sich die Situation wieder insoweit ‚normalisiert‘, dass ein Leben in einer Gemeinschaft möglich ist. Die Bewohner haben dort ihre Ruhe und können auf den Inseln einem regulären Alltag nachgehen. Sie leben von einfachen Dingen, bauen Holzhäuser und ernähren sich von Fisch und gefangenem Wild. Gleichzeitig sind sie jeden Winter davon bedroht, dass der See zufrieren könnte, womit den Zombies der Weg auf die Inseln geebnet würde. Es ist somit eine Mischung aus ruhiger Idylle und drohender Gefahr, welche diese einfach konzipierte Welt so interessant macht. Für den Leser erweist es sich sogar als Gewinn, dass der Autor keine große Erzählung über die Ursachen und Entwicklung der Zombieplage beginnt, sondern diese als gegeben bereits vorgibt. Die Handlung im Romanverlauf bleibt somit im Rahmen dieses einfach zu überschauenden und zu verstehenden Handlungsraums, wodurch die Lesenden eine klare Vorstellung vom Lesestoff erhalten. Sollte der Lesende dennoch einmal den Überblick verlieren, wovon aufgrund der geringen Komplexität nicht auszugehen ist, bietet eine Karte zu Beginn der Erzählung einen groben Überblick über die Handlungsorte. 


Der Roman könnte jedoch allein durch den Fokus auf Zombies nicht funktionieren, hätte sich der Autor Darren Charlton nicht sympathische Figuren überlegt, mit denen man sich durchaus identifizieren kann: Peter ist ein eher zurückhaltender Junge, der es liebt, handwerklichen Dingen nachzugehen. Im Alltag ist er schüchtern und träumt in Gedanken einem anderen Jungen hinterher. In seiner Gemeinschaft wird er eher als Außenseiter wahrgenommen, weil er sich zu wenig um den Schutz der Inselbewohner kümmert. Cooper ist das exakte Gegenteil von Peter: Er ist sportlich, stark, mutig und zudem heimlich in Peter verliebt. Für die meisten Lesenden dürfte es ein neues Thema sein, dass sich in einem derartigen Setting zwei Jungen ineinander verlieben. Was den Roman besonders macht, ist, dass die Liebesgeschichte, die sich im Laufe des Romans zwischen den beiden entwickelt, an keiner Stelle aufgesetzt wirkt. Vielmehr wird Homosexualität als Normalität dargestellt, die keiner extra Erklärung bedarf und gesellschaftlich nicht mit Vorurteilen behaftet ist. Dies ist insofern erfrischend, da die im Roman geschilderte Gemeinschaft im Gegensatz dazu eher archaisch anmutet.


Darüber hinaus hat man stets genug Raum, um die beiden Figuren kennenzulernen, bevor die Handlung sie näher zueinander bringt. Auf der Ebene der Handlung wird der Lesende an keiner Stelle überfordert. Es entspinnt sich eine einfache Handlungsabfolge, die linear erzählt wird, ohne große logische Sprünge zu wagen. Dabei bleibt der Roman zunächst im vertrauten Rahmen einer Zombiegeschichte: Zombies versuchen Menschen umzubringen. Diese retten sich an einen Schutzort und verteidigen sich anschließend. Eine größere Menge an Zombies naht, die man weglocken muss. Die Handlung entspringt somit in großen Teilen bekannten Erzählmustern, die man aus anderen Zombiethrillern kennt. Gleichzeitig bietet die überraschende Wendung, dass nicht alle Menschen zu Zombies sondern zu mitfühlenden Untoten werden die Möglichkeit, über den Wert des Lebens und Themen wie gesellschaftliche Akzeptanz nachzudenken, was durchaus gelungen ist.


Auf sprachlicher und erzähltechnischer Ebene ist der Roman für leseschwache Jugendliche keine große Herausforderung. Es überwiegen kurze Sätze, auf ausführliche Beschreibungen wird zumeist verzichtet. Schnelle, authentische Figurenrede dominiert an vielen Stellen den Text, wodurch der Erzähler in den Hintergrund rückt. Somit entsteht ein Text, dessen Fokus auf dem Fortschreiten der Handlung liegt. Für den Lesenden passiert sehr viel, ohne dass die Geschichte gehetzt wirkt. Vielmehr schafft es der Autor, dem Lesenden gerade so viel über den Handlungsort und die Figuren zu verraten, dass man sich darin verlieren kann, ohne beim Leser Langeweile zu erzeugen. 


Funktioniert also das Zusammenspiel aus Zombie-Thrill, Lovestory und Abenteuerroman? Gerade deshalb gelingt der Roman. Diese Trias sorgt genau für die richtige Mischung, um jemanden, der eher wenig liest, zum Lesen zu bewegen. 



Der Roman ist als private Lektüre für Jugendliche ab 14 vollends zu empfehlen. Vor allem leseschwache Jungen werden am Roman Freude haben, da die einzelnen Kapitel kurz sind und sich somit schnell ein Lesefortschritt bzw. Leseerfolg einstellt. Die Figuren handeln vertraut, die erzählte Welt ist interessant gestaltet und die Handlung schreitet in angenehmen Maß voran, sodass das Ende des Romans zügig erreicht ist. 


Im schulischen Kontext bietet sich der Roman als Klassenlektüre zwar für leseschwache Klassen an, jedoch ist der Roman derzeit nur als Hardcover für 20 Euro verfügbar. Hier gilt es, noch bis zum Erscheinen des Softcover abzuwarten.


Über den Einsatz als Klassenlektüre hinaus eignet sich das Buch jedoch auf jeden Fall als freie Lektüre im schulischen Kontext. Der Roman sollte in der örtlichen Schulbücherei nicht fehlen. Ist der Roman in den Bestand der Schulbücherei aufgenommen, so kann er auch bei einem leseanimierenden Verfahren (beispielsweise einem Book-Slam) eingesetzt zu werden.