Buchcover Superman: Sohn von Kal-El, Tom Taylor

Superman, der auf der Erde bislang für Wahrheit und Gerechtigkeit sorgt, muss für eine längere...

Rezensiert von Barbara Reidelshöfer

Superman muss ins All – was wird die Erde nur ohne ihn tun? Gottseidank gibt es seinen Sohn Jonathan, der nun in die großen Fußstapfen seines Vaters treten soll. Ob er für diese verantwortungsvolle und schwierige Aufgabe schon bereit ist? Fiese Widersacher wie schier unlösbare Probleme stellen ihn schnell auf die Probe. Wer rasante Action, Comics und moderne Superhelden mag, wird mit diesem Reihenauftakt voll auf seine Kosten kommen!

BuchtitelSuperman: Sohn von Kal-El
AutorTom Taylor
GenreComic & Graphic Novel
Lesealter14+
Umfang156 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagPanini
ISBN9783741627460
Preis18,00 €
Erscheinungsjahr2022

Superman, der auf der Erde bislang für Wahrheit und Gerechtigkeit sorgt, muss für eine längere Mission ins All. Seine Nachfolge überträgt er seinem jugendlichen Sohn Jonathan Kent, der zwar daran zweifelt, ob er für diese verantwortungsvolle und übermächtige Aufgabe schon reif ist, letztlich aber dem Wunsch seines Vaters nachkommt und dessen Erbe antritt. Schließlich darf die Hoffnung auf eine bessere Welt nicht sterben! Aber die Fußstapfen Supermans sind groß und der ehemalige Superboy hat eigentlich genug damit zu tun, erwachsen zu werden. Die vielen Probleme der Erde, die von Flüchtlingskrisen über Klimawandel reichen, warten darauf, bekämpft zu werden. Dass daneben noch ‚Metamenschen‘ unbeabsichtigt für extremes Chaos sorgen, der tyrannische Despot Henry Bendix sein Unwesen treibt und eine mysteriöse Organisation namens ‚Die Wahrheit‘ als Gegner auftritt, bringt Jon Kent an den Rand seiner Kräfte. Seine Selbstzweifel werden immer wieder aufs Neue geschürt, aber viel Zeit bleibt dafür nicht, denn der nächste Kampf für mehr Wahrheit und Gerechtigkeit wartet schon!

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

„Ozeane, denen der Sauerstoff ausgeht. Wälder, die verschwinden. Die Pole schmelzen. Und Egoismus und Angst hindern die Menschen daran, etwas dagegen zu unternehmen“ – mit diesen Gedanken Jon Kents, dem Sohn Supermans, wird die explizite politische Ausrichtung dieses Comics deutlich. Denn es sind eben nicht nur die sonst üblichen Kämpfe, die hier ausgefochten werden, sondern die ganz realen Probleme unserer Erde, die sich in Superman: Sohn von Kal-El widerspiegeln, und die den heranwachsenden Superman junior entmutigen und schier verzweifeln lassen. 

Aber es wäre kein Superhelden-Comic, wenn der Kampf gegen das Böse nicht doch aufgenommen würde. Und wie in einem solchen üblich, geschieht das mit jeder Menge Action, die sich nicht nur in einer rasanten Handlung niederschlägt, sondern auch auf Bildebene durch extrem dynamische Zeichnungen umgesetzt wird. Natürlich sind die Figuren, vor allem die Gegner Supermans, holzschnittartig dargestellt; die in ihnen symbolisierten Probleme sind aber letztlich ein Spiegel unserer Gesellschaft und bieten so auch ein Projektionsfläche für die jugendlichen Leser*innen. Die für viele sicher als ebenso ausweglos empfundenen Lage der Menschheit und des Planeten Erde wird hier zumindest in manchen Momenten als besieg- und umkehrbar dargestellt: Denn Superman macht sich immerhin auf, die Erde zu retten, obwohl auch er an Sinn und Erfolgsaussicht zweifelt. Seine Superpower zeigt, wofür es sich zu kämpfen lohnt und leistet so eine klare politische Orientierung für die Jugendlichen, die in der Auseinandersetzung Supermans letztlich auch einen Handlungsauftrag ablesen können. Was für Superman zählt, ist auch für sie lohnenswert: Humanität, Miteinander, Freundschaft, Liebe und Natur. Dies wird durch klare, einfach verständliche Dialoge ohne didaktischen Impetus und durch ein dem Genre innewohnendes Schwarz-Weiß-Denken, das manch (zu) einfache Lösung für komplexe Probleme bereithält, einprägsam vermittelt. 

Die hohe Handlungsdichte, die Mischung aus realen, den Jugendlichen bekannten Problemen und fantastischen Elementen wie den Metawesen sowie die symphatische Figur des jungen Superhelden Jon führen dazu, dass man geradezu von einem Panel zum nächsten fliegt. Deren abwechslungsreiche Gestaltung und variantenreiche Darbietung können grafisch überzeugen. Eindrückliche Splashpanels betonen vor allem durch die gekonnte Farbgebung wichtige Etappen in Jons Leben wie z. B. sein Antritt des väterlichen Erbes, das Aufgeben seiner Tarnung oder auch die Übermacht seines Gegenspielers Bendix. Besonders hineingezogen wird der Leser auch durch den gezielten Einsatz der typischen Soundwords, die mit Karacho und großem Wumms die rasante Action vermitteln. Es gelingt dem Comic aber immer wieder, durch ruhigere Panels das Tempo sinnvoll zu drosseln und nicht nur von einem spannungsgeladenen Höhepunkt zum nächsten zu rasen. Mit stimmungsvollen, auch farblich zurückgenommenen Panels werden intime Vater-Sohn-Gespräche, Jons Gespräche mit Freunden oder auch eine kurze homosexuelle Kussszene gezeigt, sodass sein Charakter für einen Action-Comic erstaunlich viel an Tiefe gewinnt. Die erkennbaren Selbstzweifel des jungen Heranwachsenden, der sich selbst und seine Superheldenrolle noch sucht, bietet für die jugendliche Leserschaft sicherlich viele Anknüpfungspunkte zu eigenen Fragestellungen, ohne jedoch die Bewunderung für sein Superheldendasein zu schmälern.

Insgesamt liegt mit Superman: Sohn von Kal-El ein würdiger Auftakt einer neuen Reihe vor, die nicht nur Superman-Fans gefallen wird, sondern vor allem auch leseferne Jugendliche in den Bann zieht, die stark auf visuelle Reize reagieren.

Der Comic eignet sich vor allem für die Privatlektüre. Er spricht stark medienaffine Jugendliche an und hat das Potential, auch Leseunwillige zum Lesen zu verführen. Deswegen sollte der Band in keiner gut sortierten (Schul-)Bibliothek fehlen. Zudem kann der Comic für offene Leseangebote (z. B. Lesekisten, Bookslam) genutzt werden.  

Im Unterricht könnte man z. B. anhand des ‚Kuss-Panels‘ die Integration aktueller gesellschaftlicher Debatten in moderner Literatur diskutieren und analysieren, wie Diversität in einer klassisch stereotype Superhelden-Geschichten gestaltet wird. In diesem Zusammenhang ist auch deren mediale Inszenierung als Untersuchungsgegenstand von Interesse, da DC Comics in den USA mit Sohn von Kal-El ein breites Medieninteresse erzeugt hat.