Buchcover „Die Abenteuer des Super-Pupsboy. Bd. 1: Stinknormal ist anders.“, Nina George und Jens Kramer

Der Protagonist und Ich-Erzähler Paul entdeckt durch Zufall, dass der Genuss von Lebensmitteln, die...

Rezensiert von Prof. Dr. Christine Garbe

PUPS-ALARM: Können ‚Superpupse‘ magische Wirkungen erzeugen? Als Paul und sein Freund Blümchen diese Macht von Pauls Pupsen entdecken, gibt es für ihre Experimentierlust kein Halten mehr. Denn je nach verzehrtem, verbotenem Lebensmittel sind die Wirkungen völlig verschieden – kein Wunder, dass Pauls geheime Superkraft nun überall für Chaos sorgt … Ein rasant erzähltes und reich illustriertes, komisches Abenteuer, das auch Lesemuffel begeistern wird.

BuchtitelDie Abenteuer des Super-Pupsboy. Band 1: Stinknormal ist anders.
AutorNina George & Jens Kramer
GenreHumor & Komik
Anti-Helden & Schelme
Lesealter8+
Umfang192 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagPlanet! (Thienemann-Esslinger)
ISBN978 3 522 50733 2
Preis12,00 €
Erscheinungsjahr2022

Der Protagonist und Ich-Erzähler Paul entdeckt durch Zufall, dass der Genuss von Lebensmitteln, die ihm seine Eltern verboten haben, machtvolle und unbezwingbare Pupse verursacht, die etwas mit den Menschen um ihn herum machen: sofortiges Einschlafen, haltloses Lachen, ausschließlich die Wahrheit sagen… Er und sein Freund Blümchen machen es sich nun also zur Aufgabe, die Superkräfte von Pauls Pupsen zu entdecken und bringen dadurch ihre Umwelt in der Schule und in ihren peer groups ordentlich durcheinander. Dem experimentierfreudigen Duo schließt sich bald auch die schüchterne Klassenkameradin Samantha (genannt Sam) an, die in dem pfiffigen Trio ihre Qualitäten im Spionieren, Kombinieren und wissenschaftlichen Denken bald schon entfalten kann. Während die drei Fünftklässler durch ihre Experimente ein ziemliches Chaos auslösen, werden gleichzeitig auch ernste Themen verhandelt: Freundschaft, Mobbing, erste Liebe. Ein wirkliches ‚Abenteuer‘, wie es der Reihentitel verspricht, gibt es allerdings erst am Ende des ersten Bandes, wenn Paul zufällig entdeckt, dass der Genuss von Spinat ihn dazu bringt, unter Wasser in einer großen Luftblase atmen zu können. Dies findet er just in dem Moment heraus, als seine Lieblingslehrerin Frau Eschweiler zu ertrinken droht. Er kann sie retten und den Fiesling Alex, der den Ruhm für sich einheimsen möchte, obwohl er den beinahe tödlichen Badeunfall verursacht hat, in aller Öffentlichkeit bloßstellen. Das Trio beschließt, seine Experimente fortzuführen …

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Der vorliegende erste Band dieser neuen Reihe („Die Abenteuer des Super-Pupsboy“) von Nina George und Jens Kramer greift ein klassisches Motiv komischer Literatur auf: Die genussvolle Übertretung von Verbotsschranken bzw. das Ignorieren von Tabus, mit denen körperlich-kreatürliche Vorgänge wie das ‚Pupsen‘ belegt sind. Insbesondere Kindern, denen diese ‚zivilisatorischen Errungenschaften‘ mühsam antrainiert werden müssen, haben eine große Freude daran, wenn solche tabuisierten Themen in Witzen und komischen Fiktionen exponiert werden (während dies für Erwachsene, die die entsprechenden Normen stabil verinnerlicht haben, manchmal weniger vergnüglich sein dürfte, es sei denn, sie haben sich ihren kindlichen Sinn für das Komische solcher Geschichten bewahrt).  

Zu Beginn des ersten Bandes entdeckt der Protagonist und Ich-Erzähler Paul durch Zufall bei einem Besuch seiner Tante die überraschende Wirkung seiner ‚Superpupse‘, da er nicht ahnt, dass sich in der leckeren Schokoladentorte der Tante das ihm von den Eltern verbotene Marzipan versteckt. Die Tante und sein Freund Blümchen fallen umgehend in einen tiefen Schlaf, und der erschrockene Paul rettet sich mit dem schlafenden Freund in den nächsten Park. Blümchen ist nach seinem Aufwachen begeistert von Pauls magischen Fähigkeiten und animiert den Freund zu weiteren Experimenten mit anderen Lebensmitteln, die Paul verboten wurden. Durch Lakritz wird schon bald ein unkontrollierter Lachanfall aller Mitschüler*innen ausgelöst, der die Physikstunde des Lehrers im Chaos versinken lässt. Die neugierige Samantha (genannt Sam) will hinter das Geheimnis der beiden Freunde kommen und schließt sich dem Team bald als Dritte im Bunde an. Die drei werden durch die weiteren Turbulenzen, die ihre Experimente mit anderen Lebensmitteln auslösen, im Laufe der Handlung zu echten Freunden, und die dramatische Rettungsaktion der liebsten Lehrerin am Ende des ersten Bandes lässt Paul schließlich als ‚positiven Helden‘ dastehen, der seine besonderen Fähigkeiten auch für einen guten Zweck einsetzen kann. 

Die Idee der magischen Wirkungen von Pauls Superpupsen, die er mit seinen beiden Freunden Blümchen und Sam erkundet, ist originell und wird erzählerisch gut umgesetzt, wobei es zu vielen komischen Situationen kommt; die Lachmuskeln der Leser*innen werden sicher nicht untätig bleiben. Aber auch ernstere Themen – Mobbing durch Ältere (den Antagonisten Alex und seine zwei Buddies), erste Verliebtheit und Schwärmereien, Lügen und Wahrheit, Freundschaft und Außenseitertum – werden angesprochen und sensibel erzählerisch eingebettet. Die Geschichte ist als Ich-Erzählung des Protagonisten Paul gestaltet, was das Identifikationspotential sicher erhöht, ebenso die sehr lebendigen und lustigen Illustrationen im Comicstil. Die zahlreichen typografischen Variationen (vor allem viele Hervorhebungen einzelner Worte oder Sätze durch Fettdruck und viele comicartige Lautmalerei für die verschiedenen Arten von Pupsen) mögen nicht jedermanns Geschmack sein, dürften aber unserer Zielgruppe gut gefallen, worauf auch zahlreiche positive Leser-Rezensionen im Netz hindeuten. 

Die Reihe ‚Lese-Checker*in‘ (mehr dazu unter „Leseförderung“) zeichnet sich auf formaler Ebene durch viele Faktoren aus, die der Lesemotivation zuträglich sind: eine große Schrift und großzügiger Zeilenabstand, abwechslungsreiche Typographie und großflächige, witzige Illustrationen sorgen für ein schnelles Vorankommen im Buch. Am Seitenrand findet sich eine Art Daumenkino, eine aufsteigende Pupswolke, die den Lesefortschritt zeigt und Auskunft darüber gibt, wie viele Kapitel bzw. Seiten noch zu lesen sind. Denn 192 Seiten sind trotz aller Auflockerungen durchaus eine Herausforderung für ungeübte Leser*innen. Dem Buch liegt ein Lesezeichen bei, mit dessen Hilfe zwei geheime Sätze im Buch decodiert werden können. 

Der Verlag Planet! (in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH) startete im Frühjahr 2022 mit zunächst vier Neuerscheinungen das Label #Lese-Checker*in, dessen Programmatik sich in vielen Aspekten mit den Absichten von Boys & Books deckt, darum soll es hier vorgestellt werden:

„Damit Kinder gerne lesen, brauchen sie Erfolgserlebnisse und Bücher, die richtig Spaß machen. Die Bücher der Reihe #LeseChecker*in liefern genau das: Die Kinderbücher zeichnen sich durch unterhaltsame und kurzweilige Geschichtenviele Bilder, eine einfache Sprache und große Schrift aus. Durch ein Daumenkino können die Kinder ihren Lesefortschritt sehen. Durch das besondere Extra in jedem Buch ist Lesespaß und die Motivation zum Lesen garantiert.

Die LeseChecker eignen sich besonders gut für Kinder, denen das Lesen von längeren Texten schwer(er) fällt und die beim Lesen noch Übung brauchen. Aber auch für alle anderen Kinder sind die LeseChecker eine tolle Lektüre, denn die LeseChecker sorgen mit ihren spannenden und lustigen Geschichten für jede Menge Spaß.

Das individuelle Interesse der Kinder spielt beim Lesen lernen und lesen üben eine wichtige Rolle. Daher sollten Eltern ihre Kinder am besten selbst den Lesestoff auswählen lassen. Die LeseChecker bieten mit ihren unterschiedlichen Inhalten viele verschiedene Geschichten für Mädchen und Jungen. Die Bücher der Reihe sind besonders gut geeignet für Kinder von der 2.-4. Klasse.“ (www.thienemann-esslinger.de/lesechecker)

Die neue Reihe adressiert vor allem Eltern und Familien, die ihre Kinder an das Lesen von Büchern heranführen möchten, sie eignet sich aber auch für alle Maßnahmen schulischer Leseförderung, die auf die Förderung von Lesemotivation und stabilen Lesegewohnheiten zielen, also insbesondere Vielleseverfahren und Verfahren der Leseanimation. Ein Buch wie Stinknormal ist anders kann sowohl in Grundschulklassen vorgelesen werden, zum Beispiel im Rahmen von eingeführten Vorleseroutinen von 15 bis 20 Minuten pro Tag, als auch den Schüler*innen zum Selberlesen angeboten werden, zum Beispiel im Rahmen von Leseroutinen des ‚unterstützten stillen Lesens‘, wie sie Carola Rieckmann in „Eigenständiges Lesen“ (2015) vorschlägt. Der Lesbarkeitsindex (LIX) des Buches ist mit einem Wert von ca. 25 sehr niedrig, das Vokabular ist vertraut, der Satzbau einfach und die sprachspielerischen Elemente bei der Bezeichnung und Beschreibung verschiedener Arten von Pupsen dürften vielen Kindern gefallen. 

Für die Verarbeitung der individuellen Lektüre in verschiedenen Formen der Anschlusskommunikation sollte allerdings unbedingt berücksichtigt werden, dass entsprechende Aufgaben den Spaß an der Lektüre nicht verderben, sondern möglichst steigern: Es bieten sich kreative Formen der Buchvorstellung an, zum Beispiel durch Poster, Book Slams, Leserollen oder andere (auch mediale) Formen der Präsentation, während von Interpretationen und Analysen (von Figuren, Handlung etc.) oder der Erarbeitung von Sachthemen anhand dieser Lektüre dringend abzuraten ist. Wenn das Buch im Klassenverband vorgestellt wird, sollte der Hauptzweck darin bestehen, andere Kinder ebenfalls zur Lektüre zu animieren. Auch die Tatsache, dass bereits der zweite Band erschienen ist („Tierisch was los!“, Juli 2022), kann für weitere Aktivitäten der Leseanimation genutzt werden.