Buchcover Max Parkos: Mätsch! – Wie man steinreich und superbeliebt wird

Für Phil gibt es nichts Wichtigeres als das angesagte Kartenspiel MÄTSCH. Jede freie Minute widmet...

Rezensiert von Dominik Achtermeier

Auf Phils Schule spielen alle das berühmte Kartenspiel MÄTSCH, sogar einige Lehrer! Dem Sieger des anstehenden Turniers winkt nicht nur ein fettes Preisgeld, sondern auch der Respekt aller. Wird Phil es mit seinem Strichmännchen-Deck schaffen, seine Gegner zu besiegen, 30 Punkte als Eintrittskarte für den Wettkampf zu sammeln und dabei seine Freunde nicht hängen zu lassen? Dieser Comicroman ist witzig und lehrreich zugleich!

BuchtitelMätsch! – Wie man steinreich und superbeliebt wird
AutorMax Parkos
GenreHumor & Komik
Comic & Graphic Novel
Lesealter10+
Umfang237 Seiten
Edition1. Auflage
VerlagCoppenrath Verlag GmbH & Co. KG, Münster
ISBN978-3-649-64123-0
Preis13,00 €
Erscheinungsjahr2022

Für Phil gibt es nichts Wichtigeres als das angesagte Kartenspiel MÄTSCH. Jede freie Minute widmet er dem Quartettspiel, welches man nicht kaufen kann, sondern selbstgezeichnet und zusammengestellt werden muss: In der Schule wird zwischen den Unterrichtsstunden trainiert und zuhause feilt er bis spät in die Nacht an seinem persönlichen Strichmännchen-Deck, schließlich will er mit seinen individualisierten Spielkarten im Duell gegen seine Mitschüler*innen nichts mehr als gewinnen. Um im naherückenden Großturnier antreten zu dürfen, muss er mindestens 30 Punkte vorweisen. Unterstützung erfährt Phil von seinem älteren Bruder Nick, der es als MÄTSCH-Legende bereits geschafft hat, berühmt zu werden. Doch der Weg zu Ruhm und Anerkennung ist gespickt von Herausforderungen, die Phil und seine Freunde Dieter, Mara und Nino, die „lange nicht so ehrgeizig“ (S. 88) sind wie Phil selbst, meistern müssen. Nicht nur Grobian Hagen und seine furchtbare Clique oder der fiese Sait, der im entscheidenden Wettkampf Markos Deck zerstört, sondern auch der Schulleiter und andere Lehrer*innen werden ihnen gefährlich. Mit den Worten „Wer mit MÄTSCH-Karten ertappt wird, fliegt von der Schule“ verbietet der Direx das Kartenspielen auf dem gesamten Schulgelände. Somit fällt nun auch die Sporthalle als Austragungsort des Turniers flach – zumindest auf legalem Wege. Damit nicht auffällt, dass MÄTSCH dafür verantwortlich ist, dass immense Lernlücken entstanden sind, sehen die Schüler*innen den einzigen Ausweg in einem Schummel-Versuch während einer Mathearbeit bei Herrn Kunze. Der Plan scheitert und endet in der Wiederholung der Klausur und nicht zum letzten Mal bestätigt sich die goldene MÄTSCH-Regel: Es kommt am Ende immer anders, als man denkt. Dank der Unterstützung von Phils Bruder und weiterer MÄTSCH-Profis kann im entscheidenden Moment Markos Oger-Deck doch noch wiederhergestellt werden. Dies eröffnet zwar nicht für Phil, der gegen Sait verliert und ausscheidet, aber für Marko den Weg bis in die Finalrunde, die von einem Feueralarm und dem Auftauchen von Hagen und seiner Gang abrupt beendet wird. Im Duell gegen Hagen, der als Falschspieler bekannt ist und es auf das Preisgeld abgesehen hat, springt Phil über seinen Schatten, indem er sich und sein Strichmännchen-Deck für seine Freunde einsetzt und sich auf diese Weise als Held beweist.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

„Mein Deck ist das Strichmännchen-Deck. Auf die Idee bin ich ganz schön stolz. Die Karten schauen richtig toll aus, obwohl ich eigentlich gar nicht zeichnen kann. Wisst ihr, wenn man mal begonnen hat, seine eigenen Karten zu erschaffen, wird man richtig süchtig nach MÄTSCH.“ (S. 9)

Mit dem Roman MÄTSCH! – Wie man steinreich und superbeliebt wird gelingt es Max Parkos zwei aus kulturanthropologischer Sicht signifikante Handlungssysteme kindgerecht miteinander zu verknüpfen: das Lesen und Spielen. Der Roman holt seine potenziellen Leser*innen in ihrer Alltagswelt ab, in der Quartett- bzw. Sammelkartenspiele wie Pokémon wichtige Entwicklungsfunktionen erfüllen. So unterstützt das Spielen den Aufbau sozialer Kompetenzen (z.B. im gemeinsamen Spielen, welches verabredeten Regeln unterworfen ist) und bietet ein eigenständiges Symbolsystem an, welches die eigene Fantasie anregt. Der Protagonist Phil, der im Eingangszitat den Lesenden sehr überzeugend darlegt, dass MÄTSCH eine große Anziehungskraft auf ihn auswirkt, stellt eine geeignete Identifikationsfigur dar. Vielleicht weil er als personaler Erzähler nicht immer im Zentrum der Handlung steht und doch durch komische Zwischenfälle oder Bemerkungen dem Leser schnell vertraut wird, lässt sich Phil nicht als klassischer Antiheld klassifizieren. Vielmehr ist er Sympathieträger. Genauso wie jede*r andere im Alter um die 10 Jahre brennt er für eine Sache, die ihm mehr als alles andere wichtig ist. Dabei erfahren die Leser*innen, die von Phil immer wieder direkt angesprochen werden, dass er sein äußeres Markenzeichen, eine Kappe, die sein struppiges Haar verdeckt, von seinem großen Bruder Nick nach einem MÄTSCH-Turniersieg bekommen hat. Nick ist seine Bezugsperson und ganz wichtig für ihn, gerade jetzt wo sein älterer Bruder von zuhause ausgezogen ist und in einer WG lebt. 

Die chronologisch erzählte Geschichte spielt hauptsächlich in der Schule. An diesem zentralen Handlungsort sind die episodisch erzählten Abenteuer, die Phil und seine Freunde erleben, verankert. Das anstehende MÄTSCH-Großturnier stellt den roten Faden der Geschichte dar, die auf dieses Ereignis hin ausgerichtet ist und Spannung generiert: Kann Phil in den Duellen die erforderlichen 30 Punkte, die sein Eintrittsticket ins Turnier sind, holen? Phil muss sich nun mit vielen seiner Mitschüler im Kartenspielen duellieren. Zugegebenermaßen führt der Roman eine nicht geringe Menge an Figuren ein, die mithilfe einer panelartigen Figurenübersicht (inklusive der MÄTSCH-Punkteanzahl) zu Beginn und am Ende des Romans abgebildet werden und Lesenden Orientierung verschaffen. Die großartigen Zeichnungen unterstützen nicht nur die Zugänglichkeit zur humorvollen Lektüre, die sich durch die hohe Bilddichte ganz besonders für Leseanfänger*innen empfiehlt, sondern unterstützen auch das Leseverstehen, indem diese die Charaktereigenschaften und Emotionen der Figuren besonders sichtbar machen. Beim Figureninventar achtet Parkos darauf, Vielfalt abzubilden; die Figuren sind teilweise überspitzt dargestellt ohne klischeehaft zu wirken. Hierfür stehen etwa ‚Vater‘ Martin, der ewige Klassenwiederholer, oder der übergewichtige und schnell schwitzende Marko, die Schwächen zeigen dürfen, die weder klischeehaft noch dramatisierend, doch schülernah und authentisch vermittelt werden. Dabei wird den Außenseiterfiguren keine klassische Loser-Rolle zugeschrieben, sondern ganz im Gegenteil: Marko, der sein Umfeld im Finale des Turniers von sich und seinem Können überzeugt, entwickelt sich zu einem Handlungsträger, zu dem man aufschauen kann. Die Figuren sind hauptsächlich männlich, doch auch weibliche Figuren sind vertreten. Mädchenfiguren wie Mara oder Lucrezia werden als sehr durchsetzungsstark dargestellt.

Sein Können im Bereich grafischen Erzählens stellt Max Parkos bereits anhand des ansprechenden Covers unter Beweis, welches neben einer Collage der wichtigsten Figuren auf Neonfarben setzt und bei Jung und Alt im Kopf bleibt. Im Inneren finden sich ausschließlich Schwarzweißzeichnungen im Comicstil, die mit den Textabschnitten verwoben sind. Die Figurenrede (teils in Sprechblasen) ist kindgerecht und verzichtet zugunsten einer leichten Lesbarkeit auf komplexe Satzstrukturen. Ein erweiterter Zeilenabstand und die Schriftgröße tragen neben den Text-Bild-Arrangements zum Textverstehen bei. Als äußerst gelungen ist die Einführung in die Spielregeln von MÄTSCH zu bewerten, für deren Erklärung sich Parkos gleich im ersten Kapitel genügend Zeit einräumt. Illustrationen exemplarischer Spielkarten von Phil und seinen Freunden dienen gleichzeitig als Motivator für Leser*innen, selbst kreativ in Aktion zu treten und eigene MÄTSCH-Karten zu gestalten.

Wie in der Buchbewertung bereits anklingt, empfiehlt sich MÄTSCH! – Wie man steinreich und superbeliebt wird nicht nur als unterhaltsame Privatlektüre, sondern erweist sich als geeigneter Lesetitel im Rahmen einer gestalteten bzw. angeleiteten Leseförderung für Klassen oder Kleingruppen. Der Roman, der das Kartenspiel MÄTSCH präsentiert, wird vor allem durch handlungs- und produktionsorientierte Anschlusshandlungen wie das Planen, Basteln und Gestalten eigener Spielkarten bzw. eines eigenen MÄTSCH-Decks für eine enge Bindung zwischen Leser und Text sorgen. Gemeinsame Spielrunden mit den eigenen Karten können zwischen Phasen des Vor- oder Selbstlesens einzelner Kapitel für Ablenkung sorgen, die sich nicht nur für Nicht- und Wenigleser*innen als geeignete Abwechslung anbieten und den Aufbau langfristiger Lesemotivation initiieren. Zusatzmaterialien sowie Merchandiseartikel rund um das Kartenspiel bietet Max Parkos auf seiner Webseite an, auf der etwa die Decks der Figuren präsentiert und Anreize für die Erstellung eines eigenen Kartendecks unterbreitet werden. Auch die Spielregeln finden sich hier nochmals jenseits der Lektüre (sogar in Bewegtbild!) aufbereitet. Die Kommentarfunktion auf der Webseite lädt ferner dazu ein, sich mit dem Autor selbst oder anderen MÄTSCH-Fans auszutauschen. 

Im schulischen Kontext bietet sich eine fächerübergreifende Projektarbeit an, in der das Gestalten eigener Spielkarten etwa im Kunstunterricht Vertiefung findet. Die Kartendecks könnten zum Ende des Projekts einer größeren Öffentlichkeit im Rahmen einer Ausstellung präsentiert oder auf einem eigenständig geplanten und durchgeführten Großturnier klassenübergreifend zum Einsatz kommen. Unter Einsatz digitaler Medien wäre es denkbar, dass die Heranwachsenden Duelle mit Smartphone oder Tablet aufzeichnen oder gar in kleine Tutorials überführen, die MÄTSCH-Neulinge adressieren und sie in die Spielregeln einführen.