Buchcover Philip Le Roy: Die Nacht der Acht

„Die Nacht der Acht“ erzählt die Geschichte um eine Gruppe von acht Freund*innen, die sich zu einer...

Rezension von Felix Grießhammer

Acht Freunde verabreden sich zu einer Horror-Nacht. Für den Abend gilt nur eine Regel: Jeder muss den anderen einen grandiosen Streich spielen. Wer sich erschrickt, der trinkt! Doch wa-rum passieren auf einmal unheimliche Dinge in diesem Haus, für die auch der beste Streich kei-ne Erklärung bereitstellt? Den Jugendlichen bleibt nun nicht mehr viel Zeit, denn schon bald ist der erste Gast spurlos verschwunden. 

Ein empfehlenswerter Roman für alle, die das Horrorgenre mögen und sich gerne von spannen-der Handlung treiben lassen.  

BuchtitelDie Nacht der Acht
AutorPhilip Le Roy
GenreHorror & Grusel
Lesealter14+
Umfang283 Seiten
VerlagCarlsen
ISBN978-3551584335
Preis15,00 €

„Die Nacht der Acht“ erzählt die Geschichte um eine Gruppe von acht Freund*innen, die sich zu einer Party verabreden. Im Haus des Gastgebers Quentin müssen sich Camille, Marie, Lea, Mathilde, Maxime, Mhedi und Julien gegenseitig Streiche spielen. Der zusätzlich eingeladene Mitschüler Clement erscheint nicht. Zunächst erschrecken sich die Freund*innen gegenseitig. Mathilde gibt vor, sich aus Versehen drei Finger abgeschnitten zu haben. Dann erzählt Quentin Gruselgeschichten von paranormalen Ereignissen. Währenddessen schleicht sich Lea nach draußen und erschreckt die anderen als weiße Frau. Zurück im Haus hören sie komische Geräusche und Schritte. Die Überwachungskameras zeigen unerklärliche Schatten und Ereignisse, die sich die unter Alkoholeinfluss stehenden Jugendlichen nicht erklären können. Sie scherzen über einen möglichen Geist und veranstalten eine Séance. Daraufhin stellt sich heraus, dass ihre Mitschülerin Manon ebenfalls anwesend ist und einen Geist gespielt hat. Nun beginnt eine Reihe von Ereignissen. Ein unbekanntes Mädchen erscheint immer häufiger auf den Überwachungskameras, rätselhafte Steine lassen sich vielerorts finden und die Freunde beginnen nacheinander spurlos zu verschwinden, bis auch Lea als letztes Gruppenmitglied von einem unbekannten Verfolger erwischt wird. Am nächsten Morgen findet die Mutter einer Schülerin die verlassene Villa. Die gerufene Polizei entdeckt die Kinder auf einer Lichtung. Clément hat mit seiner Schwester zusammengearbeitet und die Ereignisse inszeniert, um mit dem besten Streich Teil der Gruppe zu werden.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden. 

„Wie können acht Jugendliche an einem einzigen Abend verschwinden? Diese Frage ging den Polizisten, die das leere Haus durchsuchten, nicht aus dem Kopf.“ (S.8) Nicht nur die Polizei, sondern auch die jugendlichen Leser*innen müssen sich zu Beginn des Romans Die Nacht der Acht diese Frage stellen. Die Villa, in der sich die Gruppe von acht Freund*innen am Tag zuvor für eine Party getroffen hat, ist verwaist – mehr erfährt man anfangs nicht. Erzähltechnisch geschickt baut Autor Philip le Roy damit gleich zu Beginn eine hohe Erwartungshaltung auf, die durch das frühe Ende des Prologs bestehen bleibt. Um den Ausgang der Handlung zu erfahren, müssen sich jugendliche Leser*innen auf die Lektüre des Romans einlassen. Lesemotivation ist direkt hergestellt, was für die Zielgruppe von boys & books interessant sein dürfte.

Bereits zuvor sorgt das Buchcover des Romans dafür, dass Leser*innen zum Buch greifen. Der Verlag entscheidet sich für ein schlichtes, schwarzes Cover, welches vom Titel des Romans durchbrochen wird. Die Worte werden eingehüllt in einen nicht näher identifizierbaren Schleier, auf dessen Oberfläche Blutspuren zu sehen sind. Die Wirkung verfehlt dieses Layout sicherlich nicht: Die Nacht der Acht ist spannende Horrorliteratur!

In diesem Sinne passen Figuren, Handlungsort und die Erzählstränge hervorragend zum Genre. Die Geschichte spielt im Landhaus eines der Mitglieder der Gruppe. Dessen Eltern haben die Villa, die sich weit ab von der sicherheitsbringenden Zivilisation befindet, mit viel Aufwand saniert und mit Kunstwerken und Überwachungskameras ausgestattet. Diese sorgen im Laufe der Handlung für den ein oder anderen Schockmoment. Gleichzeitig verfügt der Handlungsort über die herkömmlichen Räume, die in einem spannenden Horrorthriller nicht unerwähnt bleiben dürfen: Der Grusel im Keller, der mysteriöse Dachboden oder der Schock im Badezimmer. Perfekt wird dieses zum Horror einladende Setting mit den Wetterbedingungen außerhalb der Villa kombiniert. Der strömende Regen und die Abgeschiedenheit des Anwesens rauben den Leser*innen beständig die Hoffnung, die Freunde könnten auf „normalem“ Weg in die Sicherheit fliehen.

In dieser Ausgangssituation begegnen den Leser*innen gleich zu Beginn durchwegs sympathische, junge Figuren. Hier sei darauf hinzuweisen, dass der Autor auf eine sehr interessante Figurenauswahl achtet: Es sind gleichmäßig Jungen wie Mädchen vertreten. Gleichzeitig wird auf eine übertriebene Darstellung von Genderklischees verzichtet: Die Gruppe ist durchweg heterogen zusammengesetzt, wobei sich die Figuren interessant voneinander abgrenzen. Homosexualität ist im Roman ein Thema, spielt jedoch eine nebengeordnete Rolle, aber wird nicht als Randphänomen in überzeichneter Weise dargestellt. Vielmehr wird eine gesellschaftliche Vielfalt vermittelt, die nicht als solche angesprochen wird, sondern in ihrer Normalität wirken darf - ein großer Vorteil des Romans! Die Jugendlichen der Geschichte stammen alle aus gehobenen und elitären Verhältnissen. Dies kann irritieren, sollte es jedoch nicht, denn die Figuren verhalten sich - außer weniger Eigenarten - wie normale Jugendliche, weshalb leseschwache Leser*innen hier durchaus Sympathie für die Figuren entwickeln können.

Der Schwerpunkt des Romans liegt allerdings nicht auf der Figurenentwicklung, sondern auf der Erzählung einer spannenden Horrorgeschichte. Die Handlung beginnt vollständig im Erfahrungsraum vieler Jugendlicher: Eine Party, viele Freunde und Streiche, die man sich gegenseitig stellt. Diese Ausgangssituation wird es vielen Leser*innen ermöglichen, einen ersten Zugang zur Handlung zu erhalten. Aus dieser Lage entwickelt sich dann ein durchgängig packender Handlungsbogen. Zu Beginn gelingt es dem Autor hervorragend, die von den Freunden ausgedachten Streiche mit viel Abwechslung in den Text zu weben. Jede Möglichkeit eines Streiches könnte auch der Ausgangspunkt der einsetzenden Horrorhandlung sein, in deren Folge die Freunde nacheinander verschwinden werden. Durch dieses Bewusstsein bleiben die Leser*innen auch bei fortschreitender Lesedauer gespannt dabei. Für leseschwache Leser*innen ist es von Vorteil, dass diese Spannung mit nur einem Handlungsstrang er-zählt wird und somit keine zu große Komplexität darstellt.  

Erzähltechnisch gelingt es dem Autor ausgezeichnet, seine Geschichte zu erzählen. Der Erzähler bleibt über weite Teile der Handlung dahingehend passiv im Hintergrund, dass im Roman häufig auf Erzählerbericht verzichtet wird. Viele Ausschmückungen und Beschreibungen, die auch bei leseschwachen Schüler*innen die Lesemotivation hemmen können, werden weggelassen. Stattdessen steht die Figurenrede der einzelnen Handlungspersonen im Zentrum des Romans. Die Leser*innen rücken somit nah an die Figuren und deren Erlebnisse heran und erleben den Horror der Geschichte hautnah mit. Die schnellen, aber einfach zu verstehenden Wortwechsel treiben die Handlung voran, was den Roman letztlich zum Pageturner werden lässt.

Der Verlag Carlsen bewirbt seinen Roman damit, dass es „ein Meisterstück“ sei und setzt so die Messlatte für eine Rezension merklich hoch. Grenzt man die Suche jedoch darauf ein, dass man ein „Meisterstück für Jugendliche, die nicht lesen wollen,“ sucht, ist man bei Die Nacht der Acht sicherlich an der richtigen Adresse. Der Roman legt wenig Wert auf die Gefühle der Protagonist*innen. Der Text verzichtet auf eine ausschmückende Darstellung der erzählten Welt. Im Zentrum steht eine handlungsstarke, spannende Geschichte, die packend erzählt wird. Und das dürfte Jugendliche ohne Lesemotivation wohl am meisten interessieren.  

Der Roman ist als private Lektüre für Jugendliche ab 14 vollends zu empfehlen. Vor allem leseschwache Jungen werden am Roman Freude haben, da die einzelnen Kapitel kurz sind und sich somit schnell ein Lesefortschritt bzw. Leseerfolg einstellt. Gleichzeitig bleibt der Erzähler im Roman stark im Hintergrund, weshalb größtenteils Figurenrede dominiert. Hierdurch entstehen schnelle, interessante Wortwechsel, die für einen leseschwachen Jugendlichen interessant sein dürften. Die Handlung schreitet schnell und spannend voran, sodass das Ende des Romans zügig erreicht ist. 

Im schulischen Kontext bietet sich der Roman als Klassenlektüre für leseschwachen Klassen an. Im Zentrum der Sequenz sollte dann die Vermittlung von Lesefreude stehen. Die Handlung kann mit geeigneten Unterrichtseinheiten thematisiert werden. Sucht eine Lehrkraft jedoch nach einer Lektüre, mit welcher literarische Kompetenzen (Figurencharakterisierung, Analyse der Erzähltechnik, thematische Analyse) gefördert werden sollen, ist vom Gebrauch des Romans abzuraten, weil er hierfür zu oberflächlich und eindimensional ist. Gegen eine Verwendung als Klassenlektüre spricht auch der Preis von 15€. Das Buch liegt bereits als Softcover vor, weshalb dieser Preis sich nicht mehr nach unten entwickeln dürfte. Außerdem existiert für den Roman kein Unterrichtsmaterial, weshalb die Vorbereitung einer Lektüresequenz mehr Zeit in Anspruch nehmen könnte.

Über den Einsatz als Klassenlektüre hinaus eignet sich das Buch jedoch auf jeden Fall als freie Lektüre im schulischen Kontext. Der Roman sollte in der örtlichen Schulbücherei nicht fehlen. Ist der Roman in den Bestand der Schulbücherei aufgenommen, so kann er auch bei einem leseanimierenden Verfahren (beispielsweise einem Book-Slam) eingesetzt zu werden