Buchcover Daniel Höra: Von wegen Freundschaft!

Matthis wechselt vom Gymnasium auf die Realschule und hat dort keinen leichten Stand. Das liegt zum...

Rezension von Nicola König

Ein Schulwechsel ist für niemanden einfach! Doch als Matthis‘ neue Lehrerin ihn als Mathe-Genie vorstellt, erschwert sie ihm die Integration in die Klassengemeinschaft. Wäre da nicht Richard, stünde er vollständig allein dar. Richard ist angesehen, cool und bereit Grenzen zu überschreiten: Ohne Führerschein sind sie mit einem geliehenen Auto unterwegs und schwänzen Schule. Doch als plötzlich Gegenstände verschwinden und man Matthis verdächtigt, wird ihm klar, dass die Freundschaft zu Richard toxisch ist.

BuchtitelVon wegen Freundschaft!
AutorDaniel Höra
GenreComing of Age
Lesealter12+
Umfang127 Seiten
VerlagCarlsen
ISBN978-3-551-31975-3
Preis4,99 €

Matthis wechselt vom Gymnasium auf die Realschule und hat dort keinen leichten Stand. Das liegt zum einen daran, dass ihn die Klassenlehrerin als Mathe-Genie vorstellt und damit seinen Ruf als Streber und Langweiler manifestiert. Zum anderen aber mangelt es Matthis an Selbstbewusstsein; er ist weder cool, noch findet er schnell Freunde. Bei dem Versuch, sich in die Klasse zu integrieren, stellt er sich zudem nicht gerade geschickt an. Zum Glück kommt ihm Richard, der Wortführer der Klasse, zur Hilfe. Zwar vermittelt ihm dieser, dass er absolut durchschnittlich ist. Trotzdem verabreden sie sich und Richard entführt ihn in völlig neue Welten: Die beiden hängen im Park ab, Matthis trinkt sein erstes Bier, Richard stiehlt im Kaufhaus und schwänzt zusammen mit Matthis die Schule. Doch es häufen sich Vorkommnisse, die Matthis nicht versteht: Warum leiht sich sein Freund beständig Geld von ihm, obwohl er doch reiche Eltern hat? Weshalb jobbt er in der Cafeteria der Schule? Und warum ist er so launisch? Als die wertvolle Uhr eines Klassenkameraden verschwindet, beginnt Matthis das Lügengebäude seines Freundes zu durchschauen. Richard manipuliert ihn, um seine Macht zu demonstrieren und seine eigene Vergangenheit zu verbergen: sein Leben in einer Pflegefamilie. Matthis schafft es, sich von Richard abzuwenden und sich neue Freundschaften aufzubauen.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Höra nimmt mit seinem Roman ein Thema in den Blick, das jede*r Leser*in kennt: Neu in eine Gruppe zu kommen und dort um Anerkennung und Freundschaft zu ringen. Der Autor fokussiert aber nicht lange auf diese Schwierigkeiten und damit auf die Innensicht von Matthis, sondern er führt mit Richard eine Figur ein, die die Handlung voranbringt und dramatisiert. Auch wenn sehr früh – unter anderem durch den Titel des Romans – deutlich wird, dass Richards Absichten nicht ausschließlich freundschaftlich sind, fällt es doch leicht, sich mit Matthis‘ Wünschen zu identifizieren und sein Agieren nachzuvollziehen. Die chronologische Anlage der Handlung sowie die Ich-Perspektive erleichtern den Leser*innen zudem, sich auf die Geschichte einzulassen. 

Neben den beiden Hauptfiguren zeichnet Höra ein vielschichtiges Bild einer pubertierenden Mittelstufenklasse: Mit Milena und Oleg erweitern zwei Figuren das Handlungsspektrum und zeigen Alternativen bei der Ichfindung der Jugendlichen auf. Höra verzichtet dabei nicht auf Klischees, gleichzeitig dürfte das Wiedererkennen bestimmter Typen vielen Leser*innen den Zugang zu der Thematik und einer Reflexion ihrer eigenen Rolle in der Klassengemeinschaft ermöglichen. Die Tatsache, dass die Motive für Richards Manipulationen erst am Ende des Romans aufgedeckt werden, sorgt dafür, dass der Spannungsbogen bis zum Ende erhalten bleibt. Trotz des Happy Ends, der Vorhersehbarkeit der Handlung und der Eindimensionalität in der Figurenzeichnung schafft es Höra in diesem schmalen Band, für das Thema der toxischen Freundschaft zu sensibilisieren.

Das Buch eignet sich besonders als Buchempfehlung für Leser*innen, die realistische und lebensnahe Themen bevorzugen und einen schnellen Leseerfolg wünschen. So kann der Roman sowohl im Rahmen von Vielleseverfahren als auch zur privaten Leseförderung eingesetzt werden. Die Kapitellänge (zwischen 3 und 4 Seiten), die kurzen Sätze sowie der hohe Anteil von Dialogen erleichtern das Lesen.

Für eine Klassenlektüre eignet sich Von wegen Freundschaft vor allem, wenn die Klassengemeinschaft und das Integrieren von Mitschüler*innen thematisiert werden soll. Die Tatsache, dass im Roman vor allem die Motive Richards sowie die Perspektiven der Nebenfiguren (Mitschüler*innen, Eltern, Lehrerin) ausgespart werden, schafft Raum für handlungs- und produktionsorientierte Verfahren – sei es das Erstellen eines Standbildes zur Wiedergabe der Gruppendynamik oder das Verfassen eines inneren Monologs der Nebenfiguren.