Buchcover William Goldsmith: Mark Anchovi. Pizzadetektiv

Der Schüler Colin Kingsley wäre gerne Detektiv, allerdings ist das kleine britische Örtchen...

Rezension von Sebastian Tatzel

Colin führt ein Doppelleben: Am Tag ist er ein gewöhnlicher Schüler und Pizzalieferant, am Abend wird er zum Detektiv „Mark Anchovi“. Unterstützt von einem Agententeam und aberwitzigen Gadgets wie explodierenden Oliven oder einer Püreepistole begibt er sich auf eine abenteuerliche Jagd nach dem berüchtigten Kunstdieb Alan Freso.

Ein spannender Detektivroman, der nicht nur Pizzaliebhaber*innen schmecken wird.

BuchtitelMark Anchovi, Pizzadetektiv
AutorWilliam Godsmith
GenreKrimi & Thrill
Lesealter10+
Umfang232 Seiten
Verlagdtv junior
ISBN978-3-423-76300-4
Preis12,95 €

Der Schüler Colin Kingsley wäre gerne Detektiv, allerdings ist das kleine britische Örtchen Rufflington-on-Sea nicht gerade die Brutstätte des Verbrechens und so verbringt Colin seine Abende statt mit spannenden Detektivabenteuern vor allem mit dem Ausfahren von Pizzen aus der Pizzeria seiner Eltern. Eines Abends ändert sich dies jedoch schlagartig, als ihn drei mysteriöse Bestellungen erreichen. In Wahrheit handelt es sich dabei um einen Test, den Colin durch seine Kombinationsfähigkeit besteht: Er wird Mitglied des „Goldenen Pfannenwender-Verbandes“ (GPV), einer Vereinigung junger Detektive, die als Kellner, Eisverkäufer oder eben Pizzaboten arbeiten, denn sie können sich praktisch unsichtbar an Orten des Verbrechens bewegen und werden nie verdächtigt. 

Mit dieser bestandenen Aufnahmeprüfung beginnt für Colin ein großes Abenteuer: Er erhält den Decknamen „Mark Anchovi“ und seine anstehende Klassenfahrt nach Rom wird kurzerhand zu seiner ersten Detektivmission. In der italienischen Hauptstadt soll Anchovi dem berüchtigten Kunstdieb Alan Fresco das Handwerk legen. Dieser – so vermutet der GPV – hat das wertvolle Gemälde „Mädchen mit einem Eichhörnchen“ gestohlen. Gemeinsam mit seinen Detektivkolleg*innen gilt es für Colin, knifflige Rätsel zu lösen, vor den gefährlichen Handlangern des Verbrechers zu fliehen und am Ende alle gesammelten Indizien zu kombinieren. Nur so kann es ihnen gelingen, das vermisste Bild zu finden und das kriminelle Master-Mind zu überführen.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Schnell werden die Lesenden in eine rätselhafte Handlung entführt. Drei Pizzabestellungen, die der Protagonist Colin eines Abends erhält, klingen nicht nur mysteriös. In Wahrheit ist jede Auslieferung mit einer Eignungsprüfung verbunden, durch deren erfolgreiche Lösung Colin in den illustren Kreis des GPV aufgenommen wird. Dieser besteht aus jungen Gastronomieangestellten, die neben ihrem Beruf im Fast-Food-Gewerbe in Kriminalfällen ermitteln. Diese Rätsel zu Beginn des Buchs sorgen bei den Leser*innen anfänglich vielleicht für Irritation, die sich aber spätestens im vierten Kapitel löst, wenn Colin das Geheimquartier des GPV betritt und von der anstehenden Detektivmission erfährt. Fortan begleiten die Lesenden den Protagonisten auf seinem ersten Fall nach Italien, wo er den Kunstdieb Alan Fresco überführen soll. Die turbulenten Verfolgungsjagden durch die italienische Hauptstadt, aberwitzige Gadgets wie explodierende Oliven, Püreepistolen oder ein Mini-U-Boot und Rätsel, die zum Mitraten einladen, lassen die Herzen junger Fans von Detektivgeschichten höher schlagen und sorgen für großen Lesespaß. Die vielen Plot-Twists und Cliff-Hanger sorgen für ein spannendes Lese-Abenteuer und entwickeln schnell einen Lesesog, der das Weglegen des Buches schwer macht. Das ‚Dranbleiben‘ wird auch durch die 26 Kapitel unterstützt, die mit einem durchschnittlichen Umfang von fünf bis zehn Seiten für schnelle Leseerfolge sorgen. 

Colin ist ein Protagonist, den die Lesenden gerne auf seinem Abenteuer begleiten. Zwar kann der Junge außergewöhnlich gut kombinieren – nicht umsonst wurde er wegen seines exzellenten Gedächtnisses und Kombinationsgeschicks in den GPV aufgenommen –, jedoch wird er von den erfahrenen Detektiv*innen zunächst nicht ganz akzeptiert. Vor allem die Agentin „Döner-Prinzessin“ vertraut anfangs noch nicht auf die Fähigkeiten des jungen Pizzalieferanten. Schnell werden aus den Detektivkollegen Freunde: Colin kann die anderen Kinder-Detektive durch seinen außergewöhnlichen Verstand von sich überzeugen, freundet sich mit Döner-Prinzessin, General Schlüssel und den anderen Mitgliedern des Goldenen-Pfannenwender-Verbandes an und löst schließlich mit der Unterstützung seiner neuen Freunde den Kriminalfall. Die Erzählung aus der Ich-Perspektive Colins sowie die jugendsprachliche Färbung des Textes erleichtern den Lesenden das Einfühlen in die Welt des Protagonisten. 

Auch die von Katja Frixe übersetzte Fassung des Romans motiviert junge Leser*innen: Die kurzen Sätze sowie die alltagsnahe Sprache erleichtern das Textverständnis. 

Neben diesen Aspekten verweist der Roman im Sinne der Intertextualität immer wieder auf klassische Detektivromane und -filme, auf das Antike Rom oder auch auf die Kunstgeschichte. Der dadurch entstehende Witz erfreut vor allem erwachsene (Mit-)Leser*innen, kindliche Leser*innen erkennen diese Verweise vermutlich weniger. Das Verstehen der Handlung wird dadurch jedoch nicht eingeschränkt. Dezidierte Nicht-Leser*innen könnten dadurch möglicherweise abgeschreckt werden.  

Das Schriftbild wird durch großflächige Illustrationen aufgelockert. Die schwarz-weißen Bilder erinnern an den Stil der Comics, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts an Popularität gewann (z.B. Tim-und-Struppi-Comics). Vor allem die großen Illustrationen, die sich über eine ganze Seite erstrecken, laden aufgrund ihres Detailreichtums zum genauen Betrachten ein. Wenngleich sich Kinder sicherlich zunächst an den eher abstrakten Stil der Zeichnungen gewöhnen müssen, unterstützen die Bilder das Leseverständnis und sorgen für einen zusätzlichen Witz auf der Bildebene. Teil der Illustrationen ist schließlich der Pizza-Code (S. 190f.), durch den die Leser*innen die geheimen Botschaften auf den Pizzen selbst entschlüsseln und dem Verbrecher auf die Schliche kommen können.  

Zusammenfassend ist Mark Anchovi, Pizzadetektiv ein spannendes und witziges Detektivabenteuer, das erfahrenere Leser*innen ab zehn Jahren schnell in seinen Bann ziehen wird: Die witzigen Figuren, die Rätsel zum Mitraten, die ausgeklügelten Gadgets und die rasante Handlung machen den ersten Band der Detektivreihe zu einem echten Page-Turner. 

Für Fans des Pizzadetektivs gibt es übrigens gute Nachrichten: Der zweite Band ist im englischen Original bereits erschienen. Es ist also sicher nur eine Frage der Zeit, bis dieser auch in der deutschen Übersetzung vorliegen wird. 

Der Detektivroman eignet sich vor allem für die Privatlektüre. Aber auch in Schul- und Klassenbibliotheken sollte der erste Band der Detektivreihe nicht fehlen. Im Deutschunterricht eignet sich der Roman vor allem dann, wenn Detektivgeschichten einen thematischen Schwerpunkt einnehmen. Besonders spannend ist hier sicherlich die vergleichende Arbeit mit anderen Romanen und -medien des Genres Detektivgeschichte.