Buchcover Michael Stilson: Einfach nur Fußball spielen

Der 16-jährige Fredrik ist ein talentierter Nachwuchsspieler in der Jugendmannschaft von Rosenborg...

Rezension von Felix Grießhammer

Das heiß erwartete Entscheidungsspiel der Saison rückt immer näher. Der Druck auf das junge Talent Fredrik ist riesig. Und natürlich hängt seine Zukunft davon ab, ob die Mannschaft am Ende gewinnt oder verliert. Wird Fredrik den Sprung zum Fußballprofi schaffen? Oder endet sein Traum von der Profikarriere, bevor sie überhaupt beginnt?

Ein packender Sportroman, in welchem ein junger Spieler seinen Weg zum Fußballprofi sucht und sich gleichzeitig mit den typischen Sorgen eines Heranwachsenden auseinandersetzen muss. Sehr lesenswert!

BuchtitelEinfach nur Fußball spielen
AutorMichael Stilson
GenreSport
Lesealter14+
Umfang256 Seiten
VerlagArctis
ISBN978-3038800415
Preis18,00 €

Der 16-jährige Fredrik ist ein talentierter Nachwuchsspieler in der Jugendmannschaft von Rosenborg Trondheim und hofft auf einen Durchbruch im Profifußball, wobei er sich vom Entscheidungsspiel der Saison den nächsten Karriereschritt erwartet. Sechs Tage vor dem Finale trifft er sich mit seinem Vater, zu welchem er ein problematisches Verhältnis pflegt. Seine Eltern leben getrennt, was auch auf die gescheiterte Fußballkarriere seines Vaters zu-rückzuführen ist. Das Treffen mit seinem Vater führt jedoch zum Konflikt mit seiner Mutter, weshalb er Hilfe bei Line sucht, in welche er verliebt ist. Im Lauf der Woche wachsen seine Bedenken, weil ihm noch kein Profivertrag für die kommende Saison angeboten wurde. Drei Tage vor dem Finale wird Fredrik zu Vertragsverhandlungen bei seinem Verein eingeladen, wobei er sich währenddessen auf einen Spielerberater beruft, den ihm ein Mitspieler empfohlen hat. Vom Vereinsmanager wegen (angeblich) mangelnder Spielerqualität brüskiert, wendet sich Fredrik an seinen gescheiterten Vater. In den Tagen vor dem Finale gerät Frederik nun immer mehr in die Ränkespiele um seine Zukunft im Profifußball, da sein Vater, der Berater und sein Verein unterschiedliche Interessen mit ihm verfolgen. Beim Finale gelingt Fredrik dann das entscheidende Tor, wodurch er seinen Wert unter Beweis stellen kann. Daraufhin steht einer Zukunft bei Rosenborg und einer Beziehung zu Line nichts mehr entgegen. Diese küsst jedoch auf der Siegesfeier einen anderen Jungen. Enttäuscht verlässt er die Party, unterschreibt einen Vertrag bei einem anderen Verein und zieht aus der Stadt weg.

„Was geht hier ab, Solomon?“, fragte ich. 

Er war gerade dabei, sich den rechten Stutzen hochzuziehen, hielt dann aber inne, zog sich die Kopfhörer aus den Ohren und sah mich an.

„Was’n los?“ 

„Du weißt schon, dass ich die Nummer Neun habe?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Ja, aber heute soll ich sie tragen. Frag nicht mich, warum.“ 

„Wer hat das gesagt?“

Er schaute mich einen Moment lang an, dann wandte er den Blick nach rechts.

„Ich würd‘ mal ihn fragen“, sagte er und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung Stâle.

Stale stand mit dem Rücken zu uns und schrieb den Matchplan an die große Tafel. Ich ging auf ihn zu. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust, mit Stale zu sprechen. Ich hatte gehofft, es heute vermeiden zu können, doch mir blieb keine andere Wahl. 

Ich räusperte mich. Er setzte den Stift ab und drehte sich zu mir um.

„Fredrik! Genau mit dir wollte ich sprechen.“ 

Er sah mich an, ohne zu lächeln. Ich ahnte plötzlich, dass er von dem Treffen von gestern Abend Wind bekommen hatte, auch wenn das eigentlich nicht sein konnte. Ich hatte nieman-dem davon erzählt.

„Ähm, Solomon meint, dass er mit der Neun spielt – gibt es heute eine andere Nummernauf-teilung?“, fragte ich.

In Stales versteinertem Gesicht zeigte sich mit einem Mal ein listiges Grinsen.

„Nein, nein, es ist alles wie immer. Mathias! Komm mal mit mir und Fredrik raus auf den Gang.“ 

Mathias trug bereits die Sieben und stand mit dem Rücken zu uns. Er hatte einen Fuß auf die Bank gestellt und tapte sich gerade den Knöchel. Er drehte sich zu Stale um, der auf die Kabi-nentür zeigte, dann nickte er, riss sich das Tape, das er gerade erst befestigt hatte, wieder von der Haut und legte die Tape-Rolle auf die Bank. Zu dritt gingen wir vor die Tür. 

„Was ist los?“, fragte ich und hob die Arme. […]

„Es ist was passiert, Fredrik. Wir müssen einige Änderungen vornehmen. Du spielst heute nicht auf dem rechten Flügel, ich brauche dich als Rechtsverteidiger“, sagte er.

Ich spürte, wie mir das Blut innerhalb von Sekunden aus dem Hirn strömte, und mir wurde schlecht. Alles, was diese Woche passiert war, schoss mir auf einmal durch den Kopf. Das Treffen gestern Abend und was in diesem Finale auf dem Spiel stand. 

(S.13f.)

„Ich spürte, wie mir das Blut innerhalb von Sekunden aus dem Hirn strömte, mir wurde schlecht. Alles, was diese Woche passiert war, schoss mir auf einmal durch den Kopf. Das Treffen gestern Abend und was in diesem Finale auf dem Spiel stand. Ich konnte spüren, wie mir der Traum vom Profifußball entglitt. Alles hing davon ab, dass ich im Finale im rechten Sturm spielte.“ (S.14) Doch wie ist der 16-jährige Fredrik überhaupt in diese brenzlige Situation gekommen? Diese Frage steht im Zentrum von Michael Stilsons spannendem und leicht zu lesendem Sportroman. Der Autor eröffnet die Handlung zwar im ersten Kapitel unmittelbar vor dem Beginn des Entscheidungsspiels, springt dann jedoch im folgenden Kapitel eine Woche in der Handlung zurück. Dies gelingt ihm, ohne das Ergebnis des Entscheidungsspiels vorwegzunehmen. Aus Fredriks Sicht erzählt Stilson nun Kapitel für Kapitel von den wichtigsten Ereignissen der einzelnen Wochentage, die das Leben des jungen Nachwuchsfußballers prägen. Dieser sehr geschickte erzähltechnische Kniff eignet sich hervorragend, um der Handlung die notwendige Antriebskraft zu geben. Neugierig vom unmittelbaren Beginn müssen die jugendlichen Leser*innen nun Fredriks spannende Entwicklung bis zum Spiel nachvollziehen, um herauszufinden, wie dieses letztlich ausgeht. 

Der Roman ist jedoch darüber hinaus deshalb so lesenswert, weil die Leser*innen sympathischen Figuren, altersgerechten Themen sowie einer für das Lesealter angemessenen Sprache begegnen. Zunächst werden sich jugendliche Leser*innen bereits vom Buchcover überzeugen lassen können. Der gelbe Grundton, kombiniert mit neongrünen Elementen, sorgt für einen deutlichen Blickfang. Im Zentrum des ansehnlich gestalteten Covers ist ein Fußballprofi ab-gebildet, der gerade zum entscheidenden Schuss ansetzt. Fußballinteressierte Leser*innen werden in der Figur vermutlich den Star Lionel Messi erkennen und deshalb mit Neugier zum Buch greifen. Lässt die Vorderseite hier noch den Eindruck entstehen, es handle sich um einen reinen Sportroman, so informiert der Klappentext auch nicht fußballnahe Leser*innen über die weiterführenden und interessanten Themen des Romans: Jugend, Verliebtsein und das Treffen schwieriger Entscheidungen. 

Im Grunde liegt in dieser thematischen Vielseitigkeit die Stärke des Romans. Der Autor findet ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Darstellung spannender Fußballszenen, in welchen die Leser*innen aus Fredriks Perspektive im Spielverlauf mitfiebern können, und einer tieferen Auseinandersetzung mit allgemeinen Themen, die das Leben eines jeden Jugendlichen täglich beeinflussen. Der Roman eignet sich somit zwar hervorragend für fußballinteressierte Jugendliche, schließt aber diejenigen nicht aus, die sich normalerweise nicht für Sport interessieren. Die Figur Fredrik bietet sich dabei ausgezeichnet als Zugang an, um die angesprochenen Themen näherzubringen. Für die Leser*innen tritt er als durchgehend sympathische Identifikationsfigur auf, da viele Jungen und Mädchen bereits ähnliche Situationen und Enttäuschungen erlebt haben werden. Der junge Fußballprofi erscheint während des Handlungsverlaufs stets als zurückhaltender, freundlicher Jugendlicher, welcher nicht den Erwartungen eines klassischen erfolgreichen und von Kraft strotzenden Supersportlers entspricht, sondern erstaunlich normal wirkt. Sei es die Auseinandersetzung mit seinen Eltern, die Hoffnung auf die Erwiderung seiner Schwärmerei für Line oder die Schwierigkeiten mit seinem besten Freund Erik. Fast alle jugendlichen Leser*innen werden irgendeine Facette an ihm finden, mit welcher sie sich identifizieren können. 

Der Roman ist jedoch nicht nur aus inhaltlicher Perspektive empfehlenswert. Der Autor entwickelt für die Geschichte einen einfachen und sehr zugänglichen Sprachstil. Die Geschichte ist durchgehend im Präteritum erzählt. Die Ereignisse nimmt der Leser aus Fredriks Perspektive wahr, wodurch er die Probleme und Gefühle der Figur besonders gut nachvollziehen kann. Stilson verwendet dabei einfache, präzise Satzkonstruktionen, die dem Lesealter angemessen sind. Um die Handlung voranzutreiben, greift der Autor dabei häufig auf wörtliche Rede zurück. Durch die zurückhaltende Erzählinstanz fällt es den Leser*innen einfach, der Handlung zu folgen. Gleichzeitig verwenden die Figuren stets Umgangs- bzw. Jugendsprache, die durchgehend überzeugend und angemessen erscheint. Die Dialoge sind interessant gestaltet und glaubhaft. Auf der Wortebene entstammen viele Begriffe zwar dem Wortfeld Fußball. Diese können jedoch auch von Jugendlichen, die in diesem Themenfeld kein Spezialwissen besitzen, entschlüsselt werden. 

Blickt man nun abschließend noch einmal auf das Buchcover, so wird dort für den Sportroman mit den Worten geworben, es sei ein „beeindruckendes Debüt über Fußball, Jugend, Verliebtsein und schwierige Entscheidungen“. Im Grunde bewertet diese Kritik des Adressevaisen (Norwegen) den Roman erstaunlich zutreffend. Einfach nur Fussball spielen ist im Kern ein zutiefst ehrlicher Roman, der die jugendlichen (oder erwachsenen) Leser*innen zum Nachdenken anregen wird und dabei nie seine sprachliche Leichtigkeit verliert.

Die Einsatzmöglichkeiten von Michael Stilsons Einfach nur Fussball spielen sind im schulischen Kontext vielseitig und abhängig von der Motivation und Bereitschaft der jeweiligen Lehrkraft, die den Unterricht vorbereitet. Grundsätzlich überzeugt der Roman durch Themen, die im Leben jugendlicher Leser*innen eine Rolle spielen: Sport, Liebe, Freundschaft und Leistungsdruck. Im schulischen Kontext böte sich deshalb die Möglichkeit, den Roman in einer 9. Jahrgangsstufe zu lesen, vorausgesetzt, die Lehrkraft konzipiert eine eigene Unterrichtssequenz mit individuellen Themenschwerpunkten. Grundsätzlich besitzen die Figuren im Roman dafür ausreichend Identifikationspotential, um über deren Probleme im Unterricht mit Mädchen und Jungen zu reflektieren. 

Über den Einsatz als Klassenlektüre hinaus eignet sich das Buch jedoch auf jeden Fall für die freie Lektüre im schulischen Kontext. Der Roman sollte in der örtlichen Schulbücherei nicht fehlen, da er einer breiten Anzahl von Schüler*innen vielversprechende thematische Zugänge anbieten kann. Ist der Roman in den Bestand der Schulbücherei aufgenommen, so kann er auch in Betracht gezogen werden, um bei einem leseanimierenden Verfahren (beispielsweise einem Book-Slam) eingesetzt zu werden.  

Als private Lektüre ist der Roman aufgrund seiner sympathischen Hauptfigur und seiner spannenden und zum Nachdenken anregenden Geschichte unbedingt zu empfehlen.