Buchcover Oriol Canosa: Post aus Paidonesien - Ein Inselbriefroman

Genervt von seinen sich immerzu streitenden Eltern verlässt Nicolas kurzerhand das...

Rezension von Laura Mogl

Eine Insel nur für Kinder! Genervt von seinen sich streitenden Eltern, flieht Nicolas während des Familienurlaubes auf eine einsame Insel und erklärt diese kurzerhand zum souveränen Staat Paidonesien. Als „Präsident von Paidonesien“ erklärt er eine wichtige Regel: Die Insel darf ausschließlich von Kindern betreten werden – Erwachsene müssen draußen bleiben. 

Ein witziger und innovativer Inselbriefroman, der seine Leser*innen nach Paidonesien entführt – einer Insel voller Möglichkeiten!

BuchtitelPost aus Paidonesien
AutorOriol Canosa
GenreAbenteuer
Lesealter10+
Umfang144 Seiten
VerlagKlett
ISBN978-3-95470-221-3
Preis14,00 €

Genervt von seinen sich immerzu streitenden Eltern verlässt Nicolas kurzerhand das sterbenslangweilige Kreuzfahrtschiff, auf dem die Familie ihren Urlaub verbringt, und setzt sich auf eine einsame Insel ab. Per Brief ruft er weitere Kinder dazu auf, ihm dorthin zu folgen, um auf der Insel ohne Eltern oder Lehrer*innen zu leben, was viele daraufhin tatsächlich tun. Von diesen wird Nicolas zum Präsidenten der frisch getauften Insel Paidonesien gewählt. Die wichtigste Regel: Paidonesien darf ausschließlich von Kindern betreten werden, Erwachsene müssen draußen bleiben! 

Durch einen geschickten Austausch mit der UN-Generalsekretärin gelingt es den Kindern nicht nur, Paidonesien als souveränen Staat erklären zu lassen, sie bringen darüber hinaus einen weltbekannten Architekten dazu, honorarfrei ein Hochhaus mit 250 Stockwerken auf der kleinen Insel zu errichten, in dem die immer weiterwachsende Kinder-Bevölkerung von Paidonesien leben kann. Erst als Weihnachten immer näher rückt, zieht es die Kinder von Paidonesien aufgrund der sonst versäumten Geschenke nach Hause zurück.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

In diesem witzigen und innovativen Inselbriefroman gelingt es Oriol Canosa, den Traum zahlreicher Kinder in eine großartige Geschichte zu verpacken: Ein Leben auf einer einsamen Insel – ohne Erwachsene, ohne Regeln, nur mit Spaß! Diese Thematik suggeriert bereits das bunt gestaltete Cover, das neugierig auf die Handlung macht. 

Das Besondere an diesem Roman besteht in seiner Konzeption als „Insel-Brief-Roman“, wodurch die unterschiedlichen Handlungsschritte den Leser*innen in Form von Briefen (bzw. E-Mails) vermittelt werden. Dieses Romanformat wirkt gleichfalls motivierend, da die aus Briefen bestehenden Kapitel nie länger als drei Seiten sind und somit einen schnellen Lesefluss erlauben. Die abenteuerliche Handlung des Romans wird somit ausschließlich in Form von Briefen und E-Mails erzählt, die zwischen den Figuren hin- und hergeschickt werden. Der dadurch häufige Perspektivwechsel kann jedoch von Leser*innen leicht nachvollzogen werden, da bei jedem Brief zunächst der Absender sowie der Empfänger genannt werden, wodurch immer klar wird, wer mit wem kommuniziert. 

Überzeugen kann gleichfalls die Länge des Buches, das mit 139 Seiten als eher kurz einzustufen ist und somit auch ‚Lesemuffel‘ nicht abschreckt. Diese werden weiterhin durch die Integration von zahlreichen Illustrationen angesprochen, die das Textverständnis erleichtern und die Seiten ‚auflockern‘. 

Sprachlich zeichnet sich das Buch dadurch aus, dass es sich den altersgemäßen Formulierungen von 10-Jährigen bedient. Einzige Ausnahme bilden hierbei die Briefe bzw. E-Mails der Erwachsenen, die teilweise auch ein politisches Fachvokabular aufweisen. Wichtige Zusammenhänge gehen hierbei jedoch aus dem Kontext der einzelnen Briefe und dem Handlungsverlauf hervor, weshalb sich die jungen Leser*innen die meisten Begriffe erschließen können. Das Fachvokabular muss darüber hinaus nicht in Gänze verstanden werden, um der Handlung adäquat folgen zu können, eine Anschlusskommunikation bietet sich jedoch an, um bestimmte Begriffe zu klären. 

Die Figuren des Buches – insbesondere die Kinder – werden sehr authentisch präsentiert und durch die Beschreibungen im Text sowie mithilfe der Illustrationen sehr greifbar für die Leser*innen. Obwohl der Protagonist erst neun Jahre alt ist, bietet Nicolas großes Identifikationspotenzial für junge Leser*innen: Er ist genervt von seinen Eltern, die sich andauernd streiten, und wünscht sich, selbstbestimmt ohne Regeln von Erwachsenen leben zu können – viele Kinder können dies nachvollziehen. Besonders motivierend ist für die Leser*innen das Geschick der Kinder, ihre Ziele zu erreichen. Auf originelle und witzige Weise gelingt es ihnen, den Erwachsenen ‚eins auszuwischen‘ und ihnen die Meinung zu geigen – ein weiteres Szenario, das viele Kinder bestimmt gerne auch erleben würden. Glänzen kann das Buch somit insbesondere durch die witzigen, absurden Handlungsschritte, die nicht nur junge Leser*innen zum Lachen bringen. Viele Pointen sind für Kinder leicht zu begreifen und bescheren nicht nur jungen Leser*innen ein großes Lesevergnügen. 

Zusammenfassend ist diese originelle Erzählung nicht nur witzig, sondern verarbeitet auch sehr authentische Wünsche. Auf diese Weise darf der*die Leser*in zu einem (Lese-)Abenteuer zur Insel Paidonesien aufbrechen, was in einer Zeit ohne Reisen besonders begehrenswert erscheint.  

Post aus Paidonesien bietet zahlreiche Anreize, die auch Lesemuffel dazu motivieren, das Buch zu Ende zu lesen. Somit eignet sich der Roman besonders zur Empfehlung als Privatlektüre. Hierfür spricht vor allem der geringe Umfang des Buches sowie die aufgrund der Gestaltung eines Briefromans kurzen Kapitel, die nie die Länge von drei Seiten überschreiten. Insbesondere Wenigleser*innen werden mit den vielen Illustrationen im Buch gelockt, die die Textfülle auf den jeweiligen Seiten entzerren und somit einen schnellen Lesefluss erlauben. 

Auch für leseanimierende Verfahren in der Schule kann das Buch genutzt werden. Im Zuge von Vielleseverfahren kann es sowohl in Klassen- wie auch in Schulbibliotheken einen berechtigten Platz einnehmen. Insbesondere im Rahmen von Lesekisten erweist sich das Buch äußerst motivierend, da es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten bereithält. 

Sowohl in der Schule als auch im privaten Raum kann zudem auf den Medienverbund des Buches zurückgegriffen werden. Bei der Hörcompany ist eine inszenierte Lesung erschienen, die gleichfalls auf Spotify aufgerufen werden kann (Stand April 2021). Da während der Aufnahme keine Kürzung vorgenommen wurde, kann mit den Schüler*innen das ‚simultane Hören und Lesen‘ (vgl. u.a. Gailberger 2011) durchgeführt werden, wodurch die Leseflüssigkeit sowie das Verständnis auf Textebene gefördert werden. 

Im Deutschunterricht lässt sich der Inselbriefroman passend mit dem Themengebiet ‚Briefe schreiben‘ verknüpfen. So können die Lernenden lektürebegleitend oder nach der Lektüre schließlich selbst Inselbriefe nach dem Vorbild des Buches anfertigen und diese (nicht nur) im Klassenverband präsentieren.