Buchcover Minh Lê: Green Lantern - Die Bestimmung

Tai Pham, ein amerikanischer Jugendlicher mit vietnamesischem Migrationshintergrund, lebt in Coast...

Rezension von Frederic Reese

Tai ist ein gewöhnlicher Jugendlicher, doch als seine Großmutter stirbt und er ihren grünen Jade-Ring erbt, wird er zu einem Mitglied des Green Lantern Corps, einer intergalaktischen Friedenstruppe. Schnell wird Tai bewusst, dass dies eine große Verantwortung ist. Ob Tai dieser gerecht werden kann und gegen das antagonistische Corps der Yellow Lanterns bestehen wird? Eine klassische Superhelden Graphic-Novel mit starken Zeichnungen und viel Action!

BuchtitelGreen Lantern - Die Bestimmung
AutorMinh Lê
GenreComic & Graphic Novel
Lesealter10+
Umfang144 Seiten
VerlagPanini Kids
ISBN9783741618543
Preis12,99 €

Tai Pham, ein amerikanischer Jugendlicher mit vietnamesischem Migrationshintergrund, lebt in Coast City mit seiner Familie über dem Jademarkt, der von Tais Großmutter, Bà Nôi, betrieben wird. Als seine Großmutter stirbt, erbt Tai einen grünen Ring aus Jade, der ihn zu einem Mitglied des Green Lantern Corps, eine intergalaktische Friedenstruppe, macht. Sie stehen in einem ewigen Kampf mit dem antagonistischen Corps der Yellow Lanterns, die das Universum unterdrücken und beherrschen wollen. Tai, der seine Fantasie und Energie bislang nur in das Zeichnen von Bildern und Comics gesteckt hat, fürchtet die Verantwortung. Er vertraut sich seinen besten Freunden, Tommy und Serena an, die ihn bei seiner neuen Aufgabe unterstützen und bestärken. Tais vermeintliches Vorbild Xander Griffin, ein junger Milliardär, stellt sich als Mitglied des Yellow Lantern Corps heraus. In einem Endkampf zwischen den beiden besiegt Tai (mit Hilfe seiner Freunde und der Energie der Green Lanterns) Xander und vertreibt ihn vorerst. Tai ist nun bereit, seine neue Aufgabe als Beschützer des Universums wahrzunehmen.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Vor neun Jahren enttäuschte der Film Green Lantern viele begeisterte DC- Fans der gleichnamigen Comic-Serie. 2020 erschien ein weiteres Medienformat, die sich in den Medienverbund von Green Lantern einreihen möchte – die Graphic Novel Green Lantern – Die Bestimmung. Ein weiterer Flop?

Aufbau und Inhalt ähneln der grundsätzlichen Green Lantern Story, doch schon die Besetzung des Protagonisten ist neu. Statt eines erwachsenen Testpiloten a là Hal Jordan wird ein US-amerikanischer Jugendlicher mit Migrationshintergrund durch den Tod seiner Großmutter zum auserwählten Mitglied des intergalaktischen Corps der Green Lantern. Tai, ein typischer Teenager, bietet somit für junge Leser*innen, vor allem Jungen, Identifikationspotential, begleiten sie ihn doch in seiner Entwicklung von einem überforderten Jungen zu einem sich seiner neuen Aufgabe stellenden Superhelden und sind wir ehrlich, welcher Junge hat nicht davon geträumt, einmal ein Superheld zu sein? Doch was heißt es, Superhelden zu sein? Wie wird man dieser enormen Verantwortung gerecht? Minh Lê, der Autor, zeigt es den Leser*innen: Statt eines unfehlbaren und perfekten Superhelden stellt er mit Serena und Tommy dem jungen Protagonisten zwei Helfer*innen zur Seite, die sofort auf den ersten Blick sympathisch wirken, erinnert das Trio doch sehr stark an das allseits beliebte Harry Potter Trio (Tai als der an sich wachsende Harry, Serena als die schlaue Hermine, die den Antagonisten Xander entlarvt, und Tommy, der gutmütige und ursympathische Ron). 

Abseits der klassischen Superheldenstory legt die Graphic-Novel inhaltlich ihren Fokus auf die Themen Freundschaft und Verantwortung. Dass Freundschaften auf die Probe gestellt werden können, wird nicht verschwiegen. Minh Lê zeigt viel mehr, was diese ausmacht: Liebe, Vergebung, Treue und Gemeinschaft. Eine Erfahrung, die den Leser*innen mit Sicherheit nicht fremd sein dürfte und somit einen deutlichen Lebensweltbezug aufweist. Auch das Thema der Gentrifizierung wird aufgegriffen: Der (spätere) Antagonist Xander Griffin will Coast City, Ort der Handlung, grundsätzlich erneuern und modernisieren, auch wenn das bedeutet, dass Altes wie Gebäude (z. B. der Jademarkt) aber auch Werte (z. B. Individualität) verdrängt werden. Es werden Pros als auch Contras von Modernisierung und Innovation deutlich gemacht. Auch wenn die Gentrifizierung an sich wohl eher urbane Leser*innen betreffen wird, so erreicht doch der aktuelle Diskurs der stetigen Modernisierung und Innovation in Zeiten von Unternehmen wie SpaceX alle Leser*innen und bietet Reflexionspotential.

Doch überzeugt das Medium Graphic Novel auch in seiner künstlerischen Gestaltung? In einem Wort – vollkommen. Das Verhältnis von Wort und Bild fällt zugunsten des Mediums Bild aus. Die Balloons (Sprechblasen) sind nicht überladen und im Gegensatz zu klassischen Graphic-Novels verzichtet Green Lantern auch auf lange und komplexe Captions mit Metainformationen. Hier sprechen Bilder. Die begrenzte Anzahl der Panels (drei bis fünf pro Seite) sowie das handliche DIN-A5-Format verhindert außerdem eine Überforderung bei der Decodierung der Artwork. Die Farbgebung unterstützt zudem bei der Orientierung in Raum und Zeit. Vergangene Erzählungen von Tais Großmutter sind zum Beispiel in einem starken Orangeton gekennzeichnet, bei Übertritten Tais von seiner realen Welt in die abstrakte Welt der Superhelden dominieren Grüntöne. Die Graphic-Novel Green Lantern bietet sich somit ganz klar für leseunerfahrene bzw. leseschwache Leser*innen an.

Um die Frage des Flops abschließend zu beantworten – die Graphic-Novel Green Lantern ist definitiv kein Flop, sondern zurecht ein Toptitel. Sie zeigt, dass das Aufgreifen eines vielfach adaptierten Stoffs in Kombination mit einem glaubhaften Protagonisten sowie einer hervorragenden zeichnerischen Darbietung Potential hat, junge Leser*innen in das Buchmedium Graphic-Novel einzuführen und zum Lesen zu motivieren.

Die Graphic Novel bietet sich im Bereich der privaten Leseförderung an. Ihr günstiger Preis sowie der dazugehörige Medienverbund bietet Einstiegspotential in die DC-World.

Auch im Bereich der institutionellen Leseförderung Schule kann sie ihren Platz finden. So kann sie Bestandteil einer Lesekiste werden und leseunwilligen Schüler*innen als attraktives Leseangebot dienen und der Leseförderung im Sinne des Vielleseverfahrens beitragen. 

Des Weiteren kann die Graphic-Novel in einer Sequenz zum Thema Superhelden in Auszügen oder als Ganzschrift gelesen werden. Hierbei bietet sich ebenso ein fächerübergreifender Unterricht mit dem Fach Kunst an.