Buchcover Kirk Scroggs: Das geheime Tagebuch von Swamp Kid

Russell ist anders als die anderen Teenager in seinem Alter: besonders auffällig sind seine Haare...

Rezension von Sebastian Tatzel

Wie ein Superheld fühlt sich Russell wahrlich nicht. Im Gegenteil: Mit einer Frisur aus Entengrütze, Schwimmhäuten zwischen den Zehen und einem Möhrenfinger hat es „Swamp Kid“ auf dem Schulhof alles andere als leicht. Doch als es in einem finalen Show-Down schließlich darauf ankommt, wächst der schrullige Sumpf-Junge plötzlich über sich hinaus.

Junge Fans von Superhelden sollten unbedingt im geheimen Tagebuch von Swamp Kid herumschnüffeln! 

BuchtitelDas geheime Tagebuch von Swamp Kid
AutorKirk Scroggs
GenreComic & Graphic Novel
Lesealter10+
Umfang157 Seiten
VerlagPanini Kids
ISBN978-3-7416-1770-6
Preis12,99 €

Russell ist anders als die anderen Teenager in seinem Alter: besonders auffällig sind seine Haare aus Entengrütze, der Möhrenfinger an seiner linken Hand und der grüne, überdimensional starke rechte Arm. Wie ein Held fühlt sich Russell, der von allen nur Swamp Kid genannt wird, aber keineswegs: so machen ihm seine Mutationen eher Probleme, als dass er sie dazu nutzen könnte, die Welt zu retten. Zudem treibt ihn immer die Frage an, wer er eigentlich ist und woher er kommt, denn seine Eltern haben ihn als Baby im Sumpf gefunden. 

Im Verlauf der Handlung entdeckt Swamp Kid jedoch tatsächlich Superkräfte in sich, die allerdings nur dann auftreten, wenn der Junge von Pflanzen umgeben ist. Freilich will der Teenager seine übernatürlichen Kräfte weiter trainieren und kontrollieren; dabei wird er jedoch zunehmend von mysteriösen, schwarz gekleideten Männern beobachtet. 

Um der Frage nachzukommen, woher er kommt und was er ist, begibt sich Swamp Kid in den Sumpf auf Spurensuche. Dort trifft er auf das gefürchtete und sagenumwobene Sumpfmonster Swamp Thing. Es stellt sich heraus, dass Swamp Thing einmal ein Wissenschaftler war, der schließlich mutierte, weil die Organisation mit Namen ‚Arcane‘ seine Arbeit sabotierte und sein Experiment missglückte. 

Eben diese Organisation ist es schließlich auch, die Swamp Thing verfolgen lässt und die hinter das Geheimnis von Swamp Kids Fähigkeiten kommen will. In einem finalen Showdown, in dem Swamp Kid, Swamp Thing, eine Riesenratte und ein kleiner Junge mit telekinetischen Fähigkeiten aufeinandertreffen, siegt Russell (vorerst) über Arcane, vertreibt die schwarzen Männer aus seinem Leben und wird zum gefeierten Helden an seiner Schule.

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden. 

Das geheime Tagebuch von Swamp Kid greift zwei Genres auf, die sich sowohl in der heutigen Popkultur als auch bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit erfreuen: es handelt sich um eine Verbindung aus einem klassischen Superhelden-Comic und eine, als Graphic-Novel erzählte Antiheldengeschichte in Tagebuchform, wie sie bspw. durch die Reihe Gregs Tagebuch große Erfolge feiert. Auch die Handlung verbindet diese beiden Genres und kombiniert den durchaus amüsanten Middle-School-Alltag eines amerikanischen Jungen mit einer  gewollt überzeichneten Superheldengeschichte. Durch diese Kombination changiert die Grapic Novel zwischen Komik und Spannung, zwischen ‚Schul-Problemchen‘ und gefährlichen Superhelden-Abenteuern.

Der Protagonist der Graphic Novel ist Teenager Russell, eine Mutation aus Mensch und Pflanze. Er ist der Verfasser des Tagebuchs und fungiert als personaler Erzähler. Dem Leser wird Russell zwar als ein sympathischer Außenseiter-Typ vorgestellt, der seine optischen ‚Besonderheiten‘ mit einer Menge Humor kommentiert, aber auch unter der Unkontrollierbarkeit seiner Pflanzenkräfte leidet, was sich etwa beim Fahrradfahren zeigt: plötzlich wachsende Pflanzenranken verfangen sich so etwa in den Speichen seines Fahrrads. Im Fokus der Handlung steht vor allem die Aufklärung seiner eigenen Identität und so begibt sich der Teenager auf die Suche nach seiner Herkunft. Im Verlauf der Graphic Novel wird Russell zunehmend selbstsicherer, als er lernt, seine Kräfte zu kontrollieren. Das geheime Tagebuch von Swamp Kid greift somit das Narrativ des über sich hinauswachsenden Antihelden auf. Auch wenn Russell bereits ein Teenager und somit ein wenig älter als die Leser*innen ist, sind seine Probleme und Bedürfnisse auch für Leser*innen ab zehn Jahren gut nachvollziehbar, weshalb er durchaus als Identifikationsfigur dienen kann, die zum Weiterlesen motiviert. 

Die Graphic Novel ist, wie es der Titel verspricht, in Tagebuchform gestaltet. Der personale Erzähler Russell, der ein begabter Künstler ist, erzählt seine Geschichte in einer Kombination aus kurzen Textabschnitten, Comic-Panels, großflächigen Illustrationen, beschrifteten Zeichnungen oder ‚eingeklebten‘ Zeitungsartikeln. Die geringe Textlastigkeit, die unterstützenden Illustrationen sowie die kurzen Kapitel sorgen somit auch bei ungeübten Leser*innen für schnelle Leseerfolge. Sowohl das Schriftbild als auch die Zeichnungen sind so gestaltet, als stammten sie von einem Jugendlichen, auch wenn die krakelige Typographie für die junge Leserschaft (oder die Lesenden) zunächst herausfordernd sein könnte. Die Zeichnungen erinnern nicht an klassische Comics aus dem Hause DC, sondern eher an die Illustrationen von Kinneys Gregs Tagebuch, Pilkeys Captain Underpants oder Dog-Man. Dies greift aber sicherlich Medienpräferenzen von jungen Leser*innen auf. 

Die Sprache im geheimen Tagebuch von Swamp Kid ist stark an der Mündlichkeit und der Jugendsprache orientiert. Zumeist handelt es sich um kurze Hauptsätze, die gespickt sind von typischen Merkmalen der Mündlichkeit („Sieh dir mal Swamp Kid an! Ihm wächst `ne dicke Ranke ausm Hals und irgendwie find ich’s nich‘ mal richtig eklig“, S. 67). Komplexer gestaltet sich im Gegensatz dazu die Erklärung zu den wissenschaftlichen Versuchen, aus denen sich Swamp Thing und Swamp Kid entwickelt haben. Die Illustrationen unterstützen aber auch hier das Lesen und sichern das Verständnis. 

Zusammenfassend lädt Das geheime Tagebuch von Swamp Kid vor allem Fans von Superhelden und Graphic Novels bzw. Comics zum Lesen ein. Auch das Cover, das den mutierten Teenager mit seinem abnormen Körper freundlich grinsend zeigt, sowie der Klappentext, der scherzhaft vor dem Lesen des Tagebuchs warnt, weisen auf die Kombination der beiden Genres hin und sprechen die Zielgruppe somit explizit an. Wenngleich erwachsene Leser*innen an der ein oder anderen Stelle unter Umständen etwas mehr Tiefgang in der Handlung erwarten, ist der Lesespaß für junge Comicfans sicherlich garantiert. Die kurzen Kapitel, die Bildlastigkeit und die an der Mündlichkeit orientierte Sprache knüpfen an den Mediengewohnheiten von Kindern an und bieten schnelle Leseerfolgserlebnisse. Daher bewerten auch unerfahrene Leser*innen Das geheime Tagebuch von Swamp Kid mit einem (grünen) „Daumen nach oben“. 

Der Titel eignet sich vor allem für die Freizeitlektüre. Auch als motivierender Titel in der Schul- oder Klassenbücherei oder in einer Lesekiste wäre er denkbar. Im Anhang finden sich Zeichenanleitungen für die Figuren der Graphic Novel. Diese könnten als Vorlage für das Erstellen eines eigenen Comics und somit für diverse produktionsorientierte Aufgabenformate herangezogen werden.