Rezension von Tina Rehm
Mürrisch, mies gelaunt und immer für einen Streit bereit – das sind Luftpiraten. Doch als eines Tages ein Paket vor Adiabas Tür steht, bringt ein kleines Luftpiratenbaby sein Leben ganz schön durcheinander, denn: Es ist friedlich, fröhlich und bringt sogar den griesgrämigen, grauhäutigen Luftpiraten zum Lächeln! Und noch etwas ist anders an dem kleinen Zwolle: Er ist weiß und schwebt damit in höchster Gefahr! Ein fantasievolles Luft-Abenteuer beginnt, das nicht nur Kinder begeistern wird!
Buchtitel | Luftpiraten |
Autor | Markus Orths |
Genre | Abenteuer Fantasy |
Lesealter | 10+ |
Umfang | 249 |
Verlag | Ueberreuter |
ISBN | 978-3-7641-5155-3 |
Preis | 14,95 |
Piraten? In der Luft? Ja! Sie leben in Luftlöchern jenseits der Wolken, die für uns auf der Erde nicht sichtbar sind. Mürrische Gesellen sind diese Luftpiraten. Unter ihnen herrscht immer „dicke Luft“ und weil Luftpiraten immer so griesgrämig sind, ist ihre Haut grau. Auch bei Adiaba, dem Luftpiratenlehrer, der den Kindern in der Schule beibringt, wie man richtig wütet. Aber eines Tages liegt ein kleines Paket vor seiner Tür, in dem sich ein kleines Luftpiratenkind befindet. Trotz anfänglicher Skepsis verliert Adiaba schnell sein Herz an dem kleinen Zwolle, der ganz anders ist als alle anderen: Er ist sanftmütig, fröhlich und: schneeweiß! Und damit schwebt er in höchster Gefahr, denn weiße Luftpiraten müssen sofort eliminiert werden! Trotz seiner Tarnung mit grauer Farbe kommt Zwolles Geheimnis ans Licht, weshalb er und sein Papa Adiaba gefangen genommen werden. Dank der Hilfe seiner Freundin Franka und seines Haustiers Kaspar kann Zwolle jedoch befreit werden, woraufhin sie sich auf die Reise machen, auch Adiaba zu befreien. Dabei erleben sie allerlei Abenteuer und am Ende gelingt ihnen nicht nur eine glückliche Wiedervereinigung, sondern sogar, den bösen Herrscher Peer Dekret zu entmachten.
Leseprobe:
Man schrieb das Jahr 13 Milliarden 730 Millionen 634 Tausend 327 nach dem Urknall. Der Luftpirat Doktor Amadäus Adiaba hockte am Schreibtisch seines Luftlochs Nr. 13.
Amadäus Adiaba war der einzige Lehrer am Johann-Sebastian-Krach-Gymnasium und las gerade fluchend die Hausaufgaben seiner Schülerinnen und Schüler. Diese furchtbar geraden und sauberen Buchstaben! Adiaba konnte sie sogar lesen. Die Schüler hatten sich tatsächlich Mühe gegeben! Entsetzlich! Dabei hatte er den Schülern eingebläut: Die Buchstaben müssen aussehen wie zackige Blitze! Keine Sau darf das jemals entziffern können, was sie da geschrieben haben. Und jetzt das! Unglaublich! Diese Nichtskönner! Wütend schmierte Adiaba in den Heften der Schüler herum.
Da hörte er plötzlich ein Geräusch. Adiaba lauschte. Nein, er hatte sich nicht getäuscht: Es klopfte. An der Tür seines Luftlochs. Das war ungewöhnlich.
Das war mehr als ungewöhnlich. Das war ein Skandal! Bei einem Luftpiraten zu klopfen – das traut sich eigentlich nie jemand! Adiaba schuffelte zur Tür und riss sie auf. Ein Schwall Kondenswasser spritzte herein, die Sonne blendete ihn, und eiskalte Luft wehte ihm den Schlapphut vom Kopf.
Vor der Tür lag ein Paket.
Ein Luftpaket!
Adiaba stieß einen Schrei des Entsetztens aus. Alles, nur das nicht! (…)
(Aus: „Luftpiraten“, S.10)
Mürrische, schlecht gelaunte und streitsüchtige Einzelgänger – nicht gerade sympathisch kommen Luftpiraten daher. Und genau darin besteht einer der vielen besonderen, liebenswerten Kniffe des Romans: Man muss über diese griesgrämigen Luftpiraten einfach lachen, wenn sie Tag für Tag grundlos nach Streit suchen oder die Kleinen in der Schule lernen, wie man so richtig donnert, wütet und blitzt.
Und umso mehr geht es ans Herz, wenn der kleine Zwolle mit seiner freundlichen, fröhlichen Art alle anderen Miesepeterluftpiraten völlig durcheinanderbringt und das Leben seines – typisch Luftpirat eben – grummeligen Papas Adiaba auf den Kopf stellt. Zwolle bietet sich durch seine unbeschwerte Art daher als Identifikationsfigur für kindliche Leser an.
Wie echte Piraten haben natürlich auch die Luftpiraten eine Augenklappe, unter der sie ihr Blitz-Auge verstecken, mit dem sie bei einem Streit schon mal richtige Blitze wegschleudern können. Ein Piratenschiff hat das griesgrämige Volk dagegen nicht. Dafür können sie auf ihren Flügelfüßen durch die Luft schweben, was sie auch als „surfen“, „hutzeln“ oder „schuffeln“ bezeichnen.
Nach einer kurzen Einführung des Lesers in die Welt der Luftpiraten gerät der kleine Zwolle auch schon in große Gefahr, wird als weißer Pirat enttarnt und das Abenteuer beginnt. Sodann erfährt der Leser von der Befreiung des kleinen Luftpiraten und ist gespannt, ob und wie er und seine Freunde Franka, Kaspar sowie Professor Theo Rättich seinen Vater aus der Haft im Tafelberg, der sich in der Gewalt des furchteinflößenden, riesigen Ochsentreibers befindet, befreiten können.
Die Sprache ist einfach gehalten, leicht verständlich und dennoch voller Poesie. Zahlreiche Wortwitze verstecken sich im Roman, über die nicht nur Erwachsene sicherlich lachen müssen. So herrscht unter den Luftpiraten nicht nur stets „dicke Luft“, sondern auch der Name des Autors, der das bisher einzige Buch über weiße Luftpiraten wie Zwolle geschrieben hat, lautet beispielsweise Aeristoteles. Dabei geht Markus Orths jedoch sehr behutsam und pointiert vor, er driftet nicht ins Lächerliche ab. Die Schriftgröße sowie die Einteilung in kurze Kapitel erleichtern den Lesefluss.
Besonders ansprechend und sympathisch gestaltet sind daneben auch die Illustrationen, die die Erzählung unterhaltsam und anschaulich untermalen: Nicht nur das Cover, das den Leser durch die unterschiedlichen Blautöne sofort in die Wolkenwelt entführt, zeigt die zwei kleinen, schwebenden Luftpiraten mit Augenklappe sowie ihren tierischen Gefährten Kaspar, auch in den Innenseiten des Romans werden pointiert Textstellen bildlich untermauert.
Mit viel Fantasie, Witz und Charme erzählt der bekannte Autor Markus Orths in seinem ersten Kinderbuch ab 9 Jahren eine wunderbare, fantastische Geschichte, die den Leser ab der ersten Seite in den Bann zieht. Der „Roman für Kinder“ ist sicherlich nicht nur für die eigentliche Zielgruppe ein großes Lesevergnügen.
Nicht nur wegen des großen Vergnügens oder der mitunter sehr spannenden Handlung, sondern auch aufgrund seiner „poetischen Einfachheit“ kann Orths „Luftpiraten“ auf vielseitige Weise zur Leseförderung beitragen:
Ideal geeignet ist der Roman zunächst als private Lektüre. Kinder ab 9 Jahren werden sicherlich viel Spaß mit den griesgrämigen Luftpiraten haben. Aber auch zum Vorlesen bietet sich das Buch bestens an.
Im schulischen Kontext ist zum einen eine Einbindung der „Luftpiraten“ als freie Lektüre in Form von Klassen- oder Schulbüchereien oder im Rahmen von Lesekisten o.ä. bei Vielleseprojekten oder freier Lesezeit möglich.
Zum anderen kann der Roman aber auch als Klassenlektüre in den Jahrgangsstufen 5 oder 6 behandelt werden. Durch die beiden Figuren Zwolle und Franka sind Identifikationsmuster sowohl für Jungen als auch für Mädchen gegeben. Themen wie Freundschaft, Familie oder Anderssein finden sich neben der Abenteuerhandlung ebenso sehr ausgeprägt in dem Roman und bieten dadurch viel Behandlungs- und Diskussionspotential.
Der Themenkomplex „Piraten“, der für Jungen grundsätzlich von besonderem Interesse ist, kann darüber hinaus als mögliches Projekt behandelt und der Roman darin einbezogen werden. Was ist typisch für Piraten? Wie sehen sie aus? Was machen sie? Wie werden Piraten im Buch von Markus Orths dargestellt? Diese Fragen eröffnen dem Projekt sicherlich viele kreative, aber auch lehrreiche Möglichkeiten.
Durch eine große Leerstelle am Ende der Handlung ist eine Fortsetzung der „Luftpiraten“ nicht auszuschließen.
„Luftpiraten“ gibt es nicht nur gebunden, sondern auch als eBook, Hörbuch und ist auch bei Antolin gelistet.