Rezension von Eva Maus
Es ist 1989 nach Erden-Zeitrechnung, die Menschheit soll durch feindliche Außerirdische vernichtet werden, der Gestaltenwandler Zorro Vela bekommt den Auftrag dies zu verhindern und wer soll ihm bei diesem heiklen Auftrag helfen: vier Kinder die westlich und östlich der deutschen Mauer leben. Aus dieser Konstellation entwickelt sich eine absurd-witzige Geschichte über Deutsch-Deutsche-Unterschiede, vor allem aber über die Verwundbarkeit der Erde, die Fehlbarkeit der Menschen und den hohen Wert des Friedens. Dabei ist „Zorro Vela“ kein 0-8-15-Science-Fiction, sondern eine lohnende Lektüre für alle jungen Freunde von skurrilem Humor, Fantasie und augenzwinkernd-intelligenter Unterhaltung.
Buchtitel | Zorro Vela |
Autor | Norbert Zähringer |
Genre | Abenteuer Science Fiction |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 336 |
Verlag | Thienemann |
ISBN | 978-3-522-18530-1 |
Preis | 15 |
Für Außerirdische, die mittels Psycho-Projektor die Spezies Mensch auslöschen wollen, ist die innerdeutsche Grenze im Jahr 1989 eine fantastische Gelegenheit: Sie müssen den wachhabenden Offizieren nur einen Angriff der Gegenseite suggerieren und schon erledigt sich das Problem Mensch ganz von allein. Ein Glück, dass es Zorro Vela, Gestaltwandler vom Planeten Oneiros, gibt; denn er hat den Auftrag, die ahnungslose Erde zu retten. Helfen sollen ihm vier Kinder, die auf beiden Seiten der Mauer leben: der Sohn des DDR-Grenztruppen-Kommandeurs, seine intelligente Klassenkameradin, der jüngere Tim aus der BRD und seine gleichermaßen misstrauische wie tatkräftige große Schwester – allesamt Außenseiter. Zorros erste Herausforderung besteht darin, die Kinder von seiner Identität und der Ernsthaftigkeit der Lage zu überzeugen. Dann gilt es, seinen zunächst mysteriösen und skurrilen Vorbereitungen zu folgen, damit schließlich das Abenteuer - die Rettung der Menschheit - beginnen kann. Dabei wird den Kindern klar, wie unwichtig Grenzen sind und wie wertvoll unsere fragile Erde.
Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden: bit.ly/2q7s7Uz
Zorro Vela“ ist vor allem eines – ungewöhnlich. Denn eine solche Kombination aus recht spannendem Science Fiction, originellen Ideen und absurd-witzigem Humor kennt man sonst höchsten aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ (Douglas Adams bei Zweitausendeins). Es gelingt Norbert Zähringer aber, seine Fanatsie nicht so sehr überborden zu lassen, dass sie junge Leser*innen überfordert, und gleichzeitig auch noch historische Gegebenheiten zu thematisieren. Dabei braucht es kaum Vorwissen zur Teilung Deutschlands und der Fokus liegt am Ende weniger auf den trennenden Elementen zwischen Ost und West als darauf, wie unwichtig diese Unterschiede eigentlich waren. Mindestens genauso wichtig sind zudem extrem fantasievolle Schilderungen aus dem Leben der Onari und andere haarsträubend-absurde Erzählungen Zorros über außerirdische Spezies und Geschehnisse.
Zorros Helfer – die Kinder René, Anette, Tim und Lucy – sind ganz unterschiedlich, aber allesamt auf ihre Art sympathisch und insbesondere René eignet sich als Identifikationsfigur für Leser*innen, da man einen großen Teil der Geschehnisse aus seiner Perspektive erlebt und seine Gedanken und Handlungen damit gut nachvollziehen kann: Von der Befürchtung angesichts sprechender Tiere verrückt geworden zu sein, über die Erkenntnis ein wahrhaft fantastisches Abenteuer zu erleben bis zu der Einsicht, dass die BRD nicht Feindesland sein muss und sein Vater, der DDR-Grenztruppen-Kommandeur, weder fehlerlos noch gefühlskalt ist. Zwar wirkt besonders Tim manchmal etwas kindlich für die Zielgruppe 12+, aber jüngeren Leser*innen werden die augenzwinkernd-lustigen Kommentare, zum Beispiel zur westlichen Friedensbewegung oder militäischem Gehorsam, vielleicht entgehen – und das wäre wirklich schade. Zudem wirkt vor allem Zorro handlungsstark und wenig kindlich und bietet eine weitere Möglichkeit zur Identifikation.
Natürlich bringt so eine Rettung der Erde auch Spannung und Action mit sich. Diese bleibt zugunsten des Humors jedoch meist blasser und auch weniger wichtig. So eignet sich das Buch besonders für Jugendliche, die gern lesen, wie Außenseiter zu Helden werden und Einzelgänger Freunde finden. Vor allem aber werden Fans des intelligenten Humors und der (teilweise absurden) Fantasie ihre Freude an „Zorro Vela“ und seinem locker-lustigem Erzählstil haben. Die historischen Hintergründe gibt es ganz unauffällig als Zugabe.
Fazit: Ein ungewöhnliches Buch: amüsant-kurzweilig ohne mehr Spannung und Action zu brauchen, mit einer wichtigen Botschaft und historisch ohne belehrend oder langweilig zu sein, extrem fantasievoll ohne zu überfordern und dabei einfach witzig.
„Zorro Vela“ eignet sich aus gleich mehreren Gründen sehr gut zur Leseförderung von Jungen (und Mädchen):
Die witzige und skurrile Handlung und Erzählweise vermag es sicherlich, viele Leser*innen zu begeistern. Da die historischen Vorgänge sehr niedrigschwellig angesprochen werden, sollten 12-Jährige problemlos in der Lage sein, ohne Hilfe Freude an dem Buch zu entwickeln. Damit ist es eine wertvolle Privatlektüre – gerade auch für Jungen (und Mädchen), die wenig mit dem oft actionlastigen Buch-Angebot für Jugendliche anfangen können – und eignet sich auch für offene Formate der Leseförderung.
„Zorro Vela“ kann aber auch als gemeinsame Lektüre, etwa im Schulunterricht, lohnend eingesetzt werden, da es zwar ein gewisses Maß an Spannung und Action vorweisen kann, zugleich aber auch viel Fanatsie und Humor bereit hält und so in der Lage ist, vielen Schüler*innen Leseanreize zu bieten. Zudem bietet es gleich eine ganze Hand voll Figuren, aus denen man sich eine Identifikationsfigur heraussuchen kann. Hier kann das hohe Maß an Fanatsie zudem Anreize schaffen, selbst kreativ zu werden – etwa indem eigene außerirdische Spezies oder Vorfälle imaginiert werden. Auch Trends, Gegebenheiten und Geschehnisse der späten 80er Jahre sowie Unterschiede zwischen BRD und DDR lassen sich anhand der Buchvorlage sehr gut weiter aufarbeiten.