Rezension von Bartholomäus Figatowski
Auf den ersten Blick erinnert der kleine und etwas rundliche Unschlagbar nur entfernt an herkömmliche Superhelden. Doch Unschlagbar nimmt es wirklich mit jedem auf, weil er Dinge vollbringen kann, die nur dank der Magie des Comics möglich sind. Indem er sich etwa von Panel zu Panel abseilt oder Gegenstände aus der Zukunft in die Gegenwart teleportiert, vermag er selbst die miesesten Superschurken auszutricksen. Eine sympathische wie clevere Hauptfigur, viel Action und eine temporeiche Handlung bereiten auch ungeübten Lesern ab 10 Jahren jede Menge Lesespaß.
Buchtitel | Unschlagbar. 1. Gerechtigkeit und frisches Gemüse |
Autor | Pascal Jousselin |
Genre | Comic & Graphic Novel |
Lesealter | 10+ |
Umfang | 48 |
Edition | 1. Auflage |
Verlag | Carlsen Comics |
ISBN | 978-3-551-72347-5 |
Preis | 12,00 |
Der kleine und etwas rundliche Unschlagbar erinnert nur wenig an herkömmliche Superhelden. Doch der erste Schein trügt: Unschlagbar nimmt es wirklich mit jedem auf, weil er Dinge vollbringen kann, die selbst im Medium des Comics magisch anmuten. Nicht nur spielen Panelgrenzen keine Rolle für ihn, er kann auch Gegenstände aus der Zukunft in die Gegenwart teleportieren und sogar die Chronologie von Ereignissen aufheben. Unschlagbar mag sein ruhiges, bürgerliches Leben in einem französischen Städtchen. Gemütlich schlendert er mit dem Baguette unter dem Arm durch sein Viertel und widmet sich der Pflege seines Gartens. Daher ist es keinesfalls so, dass Unschlagbar unbedingt den Weltretter spielen will, vielmehr kommen die Abenteuer und Herausforderungen sozusagen selbst zu ihm. Als freundlicher und weltzugewandter Superheld lässt er jedoch keine gute Tat aus – ob bei der älteren Dame in der Nachbarschaft, deren Katze er vom Baum rettet, oder auf Verbrecherjagd zur Unterstützung der örtlichen Polizisten. Auf Waffen kann Unschlagbar dabei sehr gut verzichten. Im Zweikampf mit einem verrückten Erfinder und seinem Killerroboter reicht Unschlagbar zum Beispiel ein einfacher Wischmopp, um diese zu stoppen. Zwar kann Unschlagbar mit dem Wischmopp keinen direkten Treffer landen, allerdings ragt das Gerät in das Panel darunter hinein und erwischt den dort auf einer Straße flüchtenden Professor dann doch.
Eine Leseprobe kann auf der Verlagsseite eingesehen werden.
„Gerechtigkeit und frisches Gemüse“ – Der Untertitel des ersten Bandes mit den Abenteuern von „Unschlagbar“ bringt den Charakter dieses ungewöhnlichen Superhelden sehr treffend zum Ausdruck. Denn Unschlagbar vereint die moralischen Maßstände eines echten Superhelden mit einer bürgerlichen Lebensweise. Ob bei einem kleinen Einkauf auf dem Markt oder beim Rasenmähen im Garten, überall kann es plötzlich notwendig sein, dass Unschlagbar die Menschheit rettet. Pascal Jousselin gelingt es in den unterhaltsamen Geschichten mühelos, actionreiche und humorvolle Handlungselemente zu verbinden, sodass der junge Leser den Comic vermutlich gar nicht aus der Hand legen will.
Dass ausgerechnet der kleine und etwas rundlich aussehende Unschlagbar als der „einzig wahre Superheld des Comics“ (S. 3) bezeichnet wird, klingt vielleicht angeberisch, ist jedoch alles andere als unberechtigt. Denn nur Unschlagbar verfügt über die – wie er selbst formuliert – ‚unglaubliche Magie des Comics‘ (S. 3), d.h. die Fähigkeit, sich von der normalen sequenziellen Abfolge der Panels abzunabeln. Anstatt einen Dieb etwa zu Fuß zu verfolgen, spart sich Unschlagbar die Puste und macht einfach einen kleinen Hopser in den darunter stehenden Panel und kann den Bösewicht so an einem Ort festnehmen, an dem er sich eigentlich noch gar befinden dürfte. Dass Unschlagbar also Raum und Zeit überwinden kann, sorgt auf der Handlungsebene für viel Spannung und Tempo.
Abwechslungsreich ist der Comic auch auf der Figurenebene und hinsichtlich der Themen und Motive. Gegenspieler wie zum Beispiel ein verrückter Wissenschaftler sind zwar für den Superhelden-Comic durchaus typisch, gleichzeitig variiert Jousselin aber das Figurenarsenal, wenn er in einigen Abenteuern Unschlagbar den tollpatschigen Schülerpraktikanten Fabian alias „Two-D“ an die Seite stellt, der jedwede Gegenstände zwischen den Panels bewegen, verkleinern oder vergrößern kann: Autos, die im Hintergrund eines Panels auf einem Parkplatz stehen, schrumpfen nach einer Berührung Two-Ds auf Spielzeuggröße. Da Two-D seine Kräfte nicht immer unter Kontrolle hat, ist regelmäßig die größtmögliche Verwirrung seiner Mitmenschen garantiert.
Abschließend lässt sich folgendes Fazit ziehen: Bei „Unschlagbar“ kommen nicht nur junge Leser etwa ab zehn Jahren auf ihre Kosten, denen spannende Superheldengeschichten mit einer klaren Gut-Böse-Aufteilung gefallen. Dass der Lesespaß lange erhalten bleibt und das Comic geradezu Suchtcharakter entwickelt, liegt auch an der cleveren Grundidee. Unschlagbars ungewöhnliche Bild-Zaubereien verblüffen gerade auch junge Leser und schaffen starke Leseanreize, weitere Abenteuer zu lesen, um Unschlagbars Tricks auf die Spur zu kommen.
Pascal Jousselins sympathische wie clevere Hauptfigur und die temporeiche Handlung werden gerade auch ungeübte Leser begeistern und die Neugierde wecken, weitere Superhelden-Comics zu lesen. Da mittlerweile auch ein zweiter Band mit Unschlagbar-Abenteuern erschienen ist, steht dem nichts im Weg. Möglicherweise werden auch manche ungeübte Leser motiviert, zu Superheldengeschichten anderer Autor*innen zu greifen. Gerade deshalb sollte „Unschlagbar“ auch Eingang in den Bestand von Bibliotheken finden.
Aufgrund der originellen Grundidee ist Jousselins Comic zudem eine gute Grundlage, um sich in einem schulischen Rahmen dem Medium Comic anzunähern. Denkbar wäre beispielsweise eine kreative Auseinandersetzung mit der interessanten Bildsprache dieses Comics im Kunstunterricht oder im Rahmen einer AG.