Buchcover Steffen Gumpert: Der bleiche Hannes

Joris, ein Junge im Grundschulalter, hat schlechte Laune. Er muss eine ganze Ferienwoche auf einer...

Rezension von Andreas Seidler

Der bleiche Hannes – ein buntes Abenteuer. Joris fürchtet Langeweile: Er muss die Ferien gemeinsam mit seinen Eltern auf einer (vermeintlich) unbewohnten Insel verbringen. Doch der Geist aus einer Schauergeschichte erweist sich als Retter in der Not und macht den Aufenthalt ereignisreicher als erwartet. Ansprechend erzählt und illustriert im Kinder-Comic-Stil von Steffen Gumpert.

BuchtitelDer bleiche Hannes
AutorSteffen Gumpert
GenreAbenteuer
Horror & Grusel
Comic & Graphic Novel
Lesealter8+
Umfang56
VerlagTulipan
ISBN978-3-86429-359-7
Preis15
Erscheinungsjahr2017

Joris, ein Junge im Grundschulalter, hat schlechte Laune. Er muss eine ganze Ferienwoche auf einer einsamen Nordseeinsel verbringen, weil seine Eltern dort den Tier- und Pflanzenbestand dokumentieren sollen. Die Schauergeschichte von einem Geist, die Joris auf der Überfahrt von einem Seemann erzählt bekommt, lässt jedoch bereits ahnen, dass der Aufenthalt vielleicht doch nicht so langweilig werden könnte wie befürchtet. In dem eigentlich stillgelegten Leuchtturm auf der Insel entdeckt Joris nachts ein geheimnisvolles Licht, dem er in den Wald folgt. Das Licht entpuppt sich als der Geist namens Hannes, der jedoch nicht bedrohlich, sondern hilfreich und freundlich wirkt. Er öffnet Joris die Augen für die geheimen Bewohner der Insel und rettet schließlich ein Schiff aus Seenot. Danach glauben sogar Joris’ Eltern, dass es Geister wirklich gibt.

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Wie kann der Weg zum selbstständigen Lesen gebahnt werden? Eine Antwort auf diese Frage bietet die Gestaltung von Steffen Gumperts „Der bleiche Hannes“. Das mit dem Label Graphic Novel versehene Kinderbuch beginnt mit einem Vorwort, das den Unterschied zwischen Gespenstern und Geistern pädagogisch erläutert und Letztere im Gegensatz zu Ersteren als freundliche Wesen beschreibt. Darauf folgt eine Doppelseite mit Bildern und gereimten Textpassagen, in denen die Titelfigur, der bleiche Hannes, vorgestellt wird. Durch die Reimform und die sprachliche Komplexität drängt sich hier ein vorlesender Vortrag durch Erwachsene geradezu auf. Daran schließt sich der comicartige Teil des Buches an, der nun geeignet ist, auch von Leseanfängern selbstständig erschlossen zu werden. Er beginnt zunächst mit zwei textlosen Panels und steigert dann über die ersten vier Seiten kontinuierlich den Textumfang der Sprechblasen. Die so angelegte kindliche Emanzipation von den Eltern auf der Rezeptionsebene spiegelt sich auch auf der inhaltlichen Ebene des Buches, auf der sich Joris, der vermutlich gerade das Grundschulalter erreicht hat, aus der Obhut seiner Eltern heraus eigenständig aufmacht, eine unbekannte Welt um ihn herum zu entdecken.

Joris‘ Eltern sind Biologen und haben den Auftrag, Flora und Fauna auf einer unbewohnten Insel zu dokumentieren. Joris stellt sich den einwöchigen Aufenthalt dort zunächst sehr langweilig vor. Auf der Insel macht er jedoch die Bekanntschaft des Licht-Geistes Hannes, von dem ihm der Kapitän auf der Überfahrt bereits Unheimliches erzählt hat. Joris‘ Eltern tun dies als Schauergeschichte ab. Der Geist erweist sich jedoch nicht nur als real, sondern auch als äußerst hilfreich, als er ein Schiff im Sturm aus Seenot rettet. Darüber hinaus öffnet Hannes seinem neuen Freund Joris aber auch die Augen für die zahlreichen fabelhaften Wesen, die die nur vermeintlich einsame Insel bevölkern. Auch hier zeigt sich wieder eine Korrespondenz zwischen der inhaltlichen Ebene und der Rezeptionssituation. Ebenso wie sich Joris‘ Augen für seine Umwelt öffnen, ist auch der Leser angehalten, die entsprechenden Comic-Bilder aufmerksam zu betrachten, um die geheimnisvollen Lebewesen zu entdecken.

„Der bleiche Hannes“ bietet ein Abenteuer, das sowohl mit seinen sachten Grusel- und Spannungsmomenten als auch in seiner sprachlichen und bildlichen Gestaltung geeignet ist, um Leseanfängern Vergnügen zu bereiten. Die bunten, zumeist in Blautönen gehaltenen Illustrationen, aus denen immer wieder der orange-rote Haarschopf des Protagonisten hervorsticht, tragen ein Übriges dazu bei. Das Ende der Geschichte stellt in Aussicht, dass weitere Abenteuer von Joris und Hannes folgen werden.

Das Buch ist geeignet, um im Übergang vom Vorlesen durch Erwachsene zum selbstständigen Lesen erste eigene und unterhaltsame Leseerfahrungen zu sammeln.
Für den Einsatz im Grundschulunterricht bietet es sich besonders an, die mit den zahlreichen textlosen Bild-Panels gegebenen „Leerstellen“ durch kreative und produktive Schreibaufgaben füllen zu lassen.