Rezension von Christine Garbe
In einem Labor wird das perfekte Haustier gezüchtet. P.F.O.T.E., ein kleiner sympathischer Hund mit Schlappohren, kann dank eines Sprachhalsbandes sogar mit Menschen kommunizieren. Doch der Vierbeiner flieht aus dem Labor und trifft auf die Geschwister Janne und Flip. Die Labormitarbeiter setzen alles daran, ihr wertvolles Objekt wieder einzufangen – und so beginnt eine rasante Verfolgungsjagd, die den Leser nicht mehr loslässt. Der Kinderoman ist eine spannend und humorvoll erzählte Geschichte mit wunderbar komischen Illustrationen.
Buchtitel | P.F.O.T.E. – Ein (fast) perfekter Hund |
Autor | Bettina Obrecht (mit Illustrationen von Barbara Scholz) |
Genre | Abenteuer |
Lesealter | 8+ |
Umfang | 171 |
Verlag | cbj |
ISBN | 978-3-770-17418-0 |
Preis | 12,99 |
Erscheinungsjahr | 2017 |
Ein kleiner sympathischer Hund mit großen Schlappohren ist der Held dieser rasanten Abenteuergeschichte, aber P.F.O.T.E. ist kein gewöhnlicher Hund: Kurz nach der Geburt von Mutter und Geschwistern getrennt, wird er von herzlosen Wissenschaftlern in einem Labor aufgezogen, wo er zu einem „Perfekt Funktionierenden Objekt mit Tierischen Eigenschaften“ – eben P.F.O.T.E. – herangezüchtet und gewinnbringend vermarktet werden soll. Zwar kann er dank eines Sprachhalsbandes mit den Menschen kommunizieren, aber glücklich macht ihn das nicht: Er fühlt sich einsam und eingesperrt. So ergreift er die Chance zur Flucht, als jemand die Labortür offenstehen lässt. Nun kann er die aufregende und manchmal gefährliche Welt außerhalb des Labors erkunden und begegnet dort dem Geschwisterpaar Janne und Flip, die sich sehnlich einen Hund als Haustier wünschen. Die drei freunden sich an, aber vorerst will P.F.O.T.E. im Park leben und seine Freiheit genießen. Doch diese ist akut bedroht, denn die Labormitarbeiter sind fieberhaft auf der Suche nach P.F.O.T.E., den sie bei dem bevorstehenden internationalen Kongress einem großen Publikum vorstellen wollen. Es beginnt eine haarsträubende Verfolgungsjagd, bei der neben Janne und Flip auch der „Tapfere Einsame Wolf“, ein herrenloser Mops, und der einzige sympathische Wissenschaftler Paul tragende Rollen spielen. Gemeinsam erreichen es die Verbündeten schließlich, dass P.F.O.T.E. vom Labor offiziell freigegeben wird und bei Janne, Flip und deren Eltern leben darf.
Eine Leseprobe kann auf der Verlagsseite eingesehen werden.
Bettina Obricht nimmt ihre Leser*innen in dieser abenteuerlichen Geschichte mit in die Erlebnis- und Gefühlswelt eines sympathischen kleinen Hundes, der unter artwidrigen Verhältnissen in einem wissenschaftlichen Labor großgezogen und für kommerzielle Interessen manipuliert wird: P.F.O.T.E. ist der eigentliche Held dieser spannenden Tiergeschichte, sein Ausbruch aus dem Labor und Aufbruch in die Freiheit bilden den Hauptstrang der vorliegenden Erzählung. Dabei gelingt es der Autorin in eindrucksvoller Weise, die Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle dieses Vierbeiners, aus dessen Perspektive über weite Strecken erzählt wird, hautnah und einfühlsam darzustellen: Der Leser wird eingeladen zum Mitfühlen und Mitfiebern mit dem kleinen Helden in Hundegestalt. Ebenso plastisch werden P.F.O.T.E.s Gegenspieler dargestellt: Die sterile Atmosphäre eines wissenschaftlichen Labors und herzlose Wissenschaftler, deren Handeln von Karriere- und Profitstreben motiviert ist, bilden die glaubwürdige Folie, vor der P.F.O.T.E. und seine neuen Freunde außerhalb des Labors für seine Freiheit kämpfen. Auch wenn die Abenteuer – die turbulenten Verfolgungsjagden und grotesken Verwicklungen während der internationalen Konferenz – im Vordergrund stehen, so wird hier doch zugleich unaufdringlich auf ein gesellschaftliches Problem aufmerksam gemacht: Der ´wissenschaftliche Fortschritt´, der sich hier in der Züchtung eines „perfekten Hundes“ unter Laborbedingungen manifestiert, wird in seiner potentiellen Destruktivität und den dahinter stehenden kommerziellen Interessen transparent gemacht; denn ist das Experiment der Hundezüchtung erst einmal gelungen, sollen alle anderen Hunderassen ausgerottet und nur noch der „perfekte Hund“ auf dem Markt angeboten werden.
Die Erzählung von Bettina Obrecht ist aber zugleich eine Geschichte über Freundschaft und gegenseitige Hilfe: zwischen den Tieren (P.F.O.T.E., dem Mops „Tapferer Einsamer Wolf“ und der Katze) einerseits, zwischen Tieren und Menschen andererseits. Auf Seiten der Menschen stehen die Geschwister Janne und Flip im Zentrum, die sich seit langem sehnlich einen Hund wünschen. Hierbei steht die ältere (ca. 8jährige) Schwester Janne zunächst im Vordergrund, doch im Laufe der Handlung wird der jüngere Bruder Flip immer mutiger und wichtiger für die Bewältigung der Herausforderungen. Beide werden jenseits aller Geschlechterklischees dargestellt, so dass sich sowohl Mädchen als auch Jungen mit den Protagonisten dieser Geschichte identifizieren können. Janne und Flip freunden sich sofort mit P.F.O.T.E. an, der zu ihrer Überraschung sogar sprechen kann, und werden – neben dem ´guten´ Labormitarbeiter Paul – zu den wichtigsten Helfern für P.F.O.T.E.s Aufbruch in die neue Welt und seine schließlich erfolgreiche Suche nach einer neuen Familie.
Die Geschichte ist überzeugend erzählt, abwechselnd aus der Innenperspektive von P.F.O.T.E. und von Janne oder Flip, in einer einfachen, aber prägnanten und eindringlichen Sprache, die nicht nur den kindlichen Lesern, sondern auch erwachsenen Vorlesern Freude bereiten wird. Dies gilt auch für die ausdrucksvollen, oft witzig pointierten Illustrationen von Barbara Scholz, die zusammen mit der aufwendigen Gestaltung des Buches – Hardcover, gutes Papier, ansprechendes Cover – für ein vollendetes Lesevergnügen sorgen. Das Buch bietet viele Anlässe, mit Kindern über Natur und Gesellschaft, das Verhältnis von Tier und Mensch oder die Probleme wissenschaftlichen Fortschritts zu sprechen, oder einfach nur als spannendes Abenteuer mit gutem Ausgang gelesen zu werden.
Das vorliegende Buch ist in 24 kurze Kapitel unterteilt und eignet sich darum ebenso gut zum Selberlesen wie zum Vorlesen durch Erwachsene, zu Hause oder in der Schule. Die Seiten sind lesefreundlich gestaltet durch einen weiten Zeilenabstand bei mittelgroßen Schrifttypen und zudem durch viele kleine oder größere Illustrationen aufgelockert. Im Rahmen offener Formate der Leseförderung, etwa Vielleseverfahren oder Verfahren der Leseanimation, kann dieses Buch sehr gut zum Selberlesen durch Schüler*innen ab Klasse 3 oder zum Vorlesen eingesetzt werden.
Neben einer spannenden Geschichte mit hohem Identifikationspotential bietet die Geschichte darüber hinaus auch genügend Gesprächsstoff für Anschlusskommunikation oder vertiefende Auseinandersetzung, zum Beispiel in einem fächerübergreifenden Unterrichtsprojekt, in dem literarische Aspekte im Deutschunterricht, das Thema Hunde oder Haustiere in Biologie bzw. Sachkunde und das Thema Gefahren des wissenschaftlichen Fortschritts im Fach Sozial- oder Sachkunde behandelt werden können. Das Buch bietet sich darum – nicht zuletzt durch die Existenz eines weiblichen und eines männlichen Protagonisten in Gestalt des Geschwisterpaares Janne und Flip – auch gut für einen Einsatz als Klassenlektüre an, der durch andere Texte und Materialien sowie Sachbücher angereichert werden könnte. Der Verlag wäre gut beraten, wenn er Unterrichtsmaterialien zu diesem Buch entwickeln würde.