Buchcover Tobias Rafael Junge: Deadwater. Das Logbuch

14 Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren bilden auf einem Schulschiff eine Zwangsgemeinschaft,...

Rezension von Nicola König

Erpressung – Sabotage – Verrat: Was als Erziehungsreise für 14 schwer erziehbare Jugendliche auf einem Schulschiff im Indischen Ozean geplant ist, entwickelt sich zur lebensgefährlichen Odyssee. Die Erwachsenen verschwinden, erpresserische Funksprüche treffen ein und die Jugendlichen werden zum Spielball internationaler Interessen. Ein packender Thriller im Logbuchstil!

BuchtitelDeadwater. Das Logbuch
AutorTobias Rafael Junge
GenreKrimi & Thrill
Abenteuer
Lesealter12+
Umfang237
VerlagDressler
ISBN978-3-7915-0049-2
Preis9,99
Erscheinungsjahr2017

14 Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren bilden auf einem Schulschiff eine Zwangsgemeinschaft, sie gelten als schwer erziehbar und sollen auf diesem Schiff – fern von Konsum, Medien und Kontakten zur Außenwelt – den Bezug zur Wirklichkeit wiederfinden. Doch dieser Erziehungsausflug entwickelt sich anders als gedacht; unter mysteriösen Umständen  verschwinden die Lehrer und die erwachsene Schiffsbesatzung und die Jugendlichen steuern alleine auf dem Indischen Ozean. Als am Deck Funksprüche eines geheimen Erpressers eintreffen, begeben sich die 14 auf eine Odyssee, um ihre Lehrer zu retten. Dazu müssen sie verschiedene Missionen erfüllen, die sich als brandgefährlich erweisen. Die Jugendlichen versuchen, den Plan hinter einigen tödlichen Vorfällen und Aufträgen zu entschlüsseln und stellen fest, dass die Berufe ihrer Eltern ein Bindeglied darstellen. Zunehmend wird das Abenteuer nicht nur lebensbedrohlich, sondern auch unkontrollierbar und die Jugendlichen spüren, dass es sich nicht mehr um ein Spiel handelt: Herr Detering, Lehrer und Eigner des Schiffes, hat sie im Kampf gegen Pharmaunternehmen instrumentalisiert. Zwar wird am Ende das Böse noch einmal besiegt; wie aber die Jugendlichen im Anschluss an die Reise mit ihren Erlebnissen auf dem Schiff umgehen werden, bleibt im Ungewissen.

Eine Leseprobe kann auf der Verlagsseite eingesehen werden.

„Deadwater. Das Logbuch“ bietet den Lesenden eine große Bandbereite an spannenden Themen an: So geht es zunächst um die Wohlstandsverwahrlosung und Orientierungslosigkeit von Jugendlichen. Humorvoll wird zuerst der Antiheld Chris eingeführt, der sich den Regeln seiner gutbürgerlichen Eltern widersetzt und als Strafe an einer Erziehungsreise auf hoher See teilnehmen muss. Die eigentliche Handlung setzt auf dem Schiff ein und die Geschichte nimmt so richtig Fahrt und Spannung auf, wenn die erwachsenen Lehrer aus unerklärlichen Gründen verschwinden, die Jugendliche auf sich selbst gestellt und dem mysteriösen Erpresser ausgeliefert sind. Globale Themen rücken in den Vordergrund: Kinderarbeit in Indien, das Schicksal von Flüchtenden, Viren als universelle Bedrohung und die Rolle der Entwicklungsländer. Hier werden viele Themen angerissen und am Ende miteinander in Verbindung gebracht, um die unterschiedlichen Hintergründe und Geschichten der Jugendlichen verbinden zu können. Das ist zwar manchmal etwas konstruiert, aber in jedem Fall ist der Überlebenskampf äußerst spannend, da die Aufklärung der Erpressung und der Sabotage im Mittelpunkt steht. Durch die Reise und den gemeinsamen Kampf gegen das Böse verändert sich zudem die Haltung der Jugendlichen. Sie übernehmen Verantwortung für sich selbst und auch für andere.

Das Buch ist als Logbuch verfasst; die einzelnen Schüler beschreiben jeweils abwechselnd aus ihrer Sicht Erlebnisse und Gedanken. Da die Geschichte chronologisch erzählt wird, behält der – auch ungebübte – Leser trotz der beständigen Wechsel den Überblick. Am Rand einer jeden Seite wird das Geschriebene durch Zeichnungen, Kritzeleien, Anmerkungen und Sprüche der anderen Crewmitglieder ergänzt. Dadurch entsteht eine Art interaktives multiples Tagebuch, das unterschiedliche Perspektiven  auf die Geschehnisse eröffnet. Die Zeichnungen und Kommentare am Rand sorgen zudem für eine ironisch-distanzierte Brechung der Darstellung.

Die zahlreichen politischen Probleme sprechen verschiedene Interessen an; aber auch wenn keine besonderen Vorkenntnisse bezüglich der Themen vorliegen, kann der Handlung aufgrund ihres überzeugenden Spannungsbogens problemlos gefolgt werden. Dieser Umstand macht das Buch sowohl für 12-Jährige als auch für ältere Leser attraktiv. Die verschiedenen Erzählperspektiven und damit verbunden der Logbuchcharakter des Buches untergliedern den Text in kürzere Abschnitte; dies ermöglicht und strukturiert schwächeren Lesern die Lektüre. Sie können sich mit unterschiedlichen  Figuren identifizieren. Ein Glossar der Figuren sowie Übersichtszeichnungen erleichtern zudem eine Orientierung. Syntax und Wortwahl sind einfach gehalten. Die Gestaltung der Seiten und die Nähe zum Comic fördern zudem den Leseprozess.

Insgesamt überzeugt „Deadwater. Das Logbuch“ durch einen spannenden Thriller-Plot, die authenische Sprache der Jugendlichen und die graphische Aufmachung des Buches.

Auf der Seite des Autors findet sich Bonusmaterial zum Buch.

Neben der Privatlektüre ist das Buch für offenere Leseformate in der Schule geeignet: besonders für freie Lesezeiten kann das Buch jugendlichen Lesern angeboten werden. Die Kürze der Abschnitte und die Spannung der Handlung ermöglichen einen schnellen und unmittelbaren Zugang. Der Charakter des Logbuches bietet außerdem verschiedene Schreibanlässe, die im Rahmen eine Lesetagebuches bearbeitet werden können, z.B. das Nachzeichnen der Reiseroute, die Ergänzung um Kommentare anderer Figuren, das Anfertiggen weiterer Illustrationen. Eine Auseiandersetzung mit den Sachthemen des Romans in Form von Recherchen zum Beispiel zu Themen wie der Kinderarmut, des Marburg-Virus, von Flucht und Ausbeutung der Dritten Welt stellt eine sinnvolle Ergänzung (auch im Rahmen eines fächerverbindenden Unterrichts) dar.

Da die Jugendlichen auf dem Schiff gleichermaßen Mädchen wie Jungen sind, ist auch eine Klassenlektüre denkbar. Da der Text insgesamt wenig Leerstellen beinhaltet, ist es sinnvoll, den Fokus der Unterrichtseinheit auf handlungs- und produktionsorientierte Schreibaufgaben zu legen; der interaktive Charakter des Buches mit seinen verschiedenen Perspektiven und Kommentaren bietet hier verschiedene Zugangsmöglichkeiten.