Rezension von Eva Maus
Am „Wolf Moon River“ müssen sich Patrick und Olivia nach einem Flugzeugabsturz in die Zivilisation zurückkämpfen. Ganz in der Nähe flieht Jack nach einer tödlichen Nacht in die Wälder. Dieses Buch hat es in sich: Familienprobleme, Flugzeugabsturz, Mord, Verfolgungsjagd, Überleben in der kanadischen Wildnis. Das bedeutet viel Spannung und ganz nebenbei einen kleinen Survival-Kurs.
Buchtitel | Wolf Moon River |
Autor | Rainer M. Schröder |
Genre | Abenteuer |
Lesealter | 12+ |
Umfang | 380 |
Verlag | cbj |
ISBN | 978-3-570-17239-1 |
Preis | 16,99 |
Der 17-jährige Patrick sieht sich gezwungen mit seiner Mutter, deren neuen Freund und dessen Tochter Olivia ein Wochenende in der kanadischen Wildnis zu verbringen. Er beschließt, Olivia und ihren Vater nicht zu mögen und wappnet sich mit vielen fiesen Sprüchen. Als allerdings das Flugzeugzeug abstürzt, das sie zu Olivias Vater bringen soll und die beiden Teenager tagelang allein durch den Wald wandern müssen, um Hilfe zu holen, erkennt Patrick schnell, dass Olivia einiges drauf hat und eigentlich sehr nett ist.
Zeitgleich und ganz in der Nähe entwickelt sich eine Kanu-Tour von vier jungen Erwachsenen zu einem Albtraum, als ein Mord geschieht. Jack kann vor seinen Freunden mit der Leiche fliehen, um sich einer späteren Festnahme zu entziehen, doch seine Freunde verfolgen ihn und er muss sich verletzt, krank und ohne Ausrüstung den Weg in die Zivilisation bahnen.
Als sich alle am Wolf Moon River begegnen, droht die Situation zu eskalieren.
Leider gibt es aktuell keine Leseprobe zu dem Buch.
„Wolf Moon River“ kann mit einer ganzen Bandbreite an – insbesondere für junge Leser – attraktiven Themen aufwarten: Der Mord innerhalb der Reisegruppe um Jack, Frank und Scott wirft viele Frage auf und lädt zum Rätseln ein. Jacks Flucht und die Verfolgungsjagd, die seine Freunde aufnehmen, ist spannend und teilweise rasant. Patrick und Olivias Familiengeschichte und ihr Hass aufeinander sind zwar zunächst nicht ganz so abenteurlich, aber schärfen das Gefühl für die Figuren und spätestens als sich die beiden Teenager auf den Weg am reißenden Fluss entlang machen, wird es auch hier richtig interessant. Dank Olivias Wissen um das Überleben in der Wildnis, kann der Leser sich zudem ganz nebenbei noch einige Survival-Tricks aneigenen, zum Beispiel, wie die Wettervorhersage nur mit Hilfe von kochendem Wasser gelingt, oder dass im Wald der kürzeste nicht immer der schnellste Weg ist. Dazu erahnt der Leser, wie unkomfortabel und gefährlich eine Wanderung durch die Wildnis sein kann und wie wichtig die richtige Ausrüstung dabei ist.
Erzählt werden die beiden Handlungsstränge im Wechsel und aus unterschiedlichen Perspektiven. Fast alle beteiligten Figuren kommen dabei zu Wort und trotzdem ist es nie schwer, den chronologisch geschilderten Begebenheiten zu folgen. Viel Spannung gibt es dabei von den ersten Sätzen bis zum Schluss und einige überraschende Wendungen sorgen dafür, dass die Handlung nie langweilig oder gar vorhersehbar wird.
Patrick, der zu Beginn respektlos und distanziert vor allem in Kalendersprüchen kommuniziert, wirkt auf die anderen Figuren frech, während der Leser durch die Innensicht schon früh seine Verhaltensweisen nachvollziehen, wenn auch nicht gut heißen kann. Nicht zuletzt wegen der Strapazen ihrer Wanderung entwickelt sich aber eine Freundschaft zwischen ihm und Olivia, so dass nach und nach seine raue Fassade bröckelt. Die Schilderung von Patricks Entwicklung gelingt dem Autor überzeugend. Er eignet sich daher in besonderem Maße als Identifikationsfigur für junge Leser. Auch insgesamt kann Rainer M. Schröder mit wenigen Worten Charaktere und Orte lebendig werden lassen. Leserfreundliche Kapitellängen und der mitreißenden Erzälstil, dem man gern einige weniger authentische Wendungen in Jugendsprache verzeiht, sind weitere Gründe dafür, dass „Wolf Moon River“ Lesespaß mit Suchtfaktor bietet.
Die größten Schwächen des Buches ist indes der Klappentext, der falsche Erwartungen schürt und Spannung nimmt. Ignoriert man ihn, bleibt ein sehr empfehlenswertes Buch!
„Wolf Moon River“ eignet sich grundsätzlich zur Leseförderung, da es einen gelungenen und zu Beginn der Handlung einsetzenden Spannungsbogen besitzt und durch die Verschränkungen zweier Handlungsstränge auch unterschiedliche Anforderungen an Lektüre erfüllen kann. So kommen Krimi-Fans ebenso auf ihre Kosten wie Freunde von Abenteuer- oder Coming-of-Age-Romanen. Das Buch ist relativ leicht zu lesen, bietet durch die Vielzahl der Perspektiven und den interessanten Schauplatz der kanadischen Wildnis aber auch diverse Ansatzpunkte, um sich das Werk weiterführend zu erarbeiten.
Somit ist das Buch für die Privatlektüre genauso zu empfehlen wie für freie Leseformate in der Schule. Es ist beispielsweise eine dankbare Lektüre für das Anfertigen von Lesetagebüchern, da einige Rätsel innerhalb der Handlung erst nach und nach gelüftet werden und so Spekulationen notiert werden können. Zudem gibt es eine Vielzahl an Sachthemen, die zu begleitenden Recherchen einladen: geographische Begebenheiten, Regeln des privaten Flugverkehrs, Survival-Tricks, mögliche Routen und Angebote für Kanu-Touren etc.
Auch eine gemeinsame Beschäftigung während des Unterrichts ist möglich. Das Buch bietet sowohl für Mädchen als auch für Jungen geeignete Identifikationsfiguren und eine Konzentration z.B. auf den Survival-Aspekt oder die geogrpahischen Gegebenheiten in Kanada könnte auch Schüler motivieren, die eher zur Lektüre von Sachbüchern neigen. Mit den unterschiedlichen Erzählperspektiven kann ebenfalls gewinnbringend gearbeitet werden, indem zum Beispiel eine Textstellen aus der Sicht verschiedener Figuren formuliert wird.