Buchcover David Hofmeyr: Stone Rider

In einer dystopischen Zukunft lebt nur eine kleine Elite in der luxuriösen, sagenumwobenen Sky-Base....

Rezension von Ines Heiser

Hol dir die Freiheit – wenn du das Zeug dazu hast! Der „Blackwater-Trail“ ist das härteste Motorradrennen der Welt und Adams einzige Chance, sich eine lebenswerte Zukunft zu verdienen. „Stone Rider“ ist ein actiongeladener Abenteuerroman und ein klassischer Pageturner, der mit überraschenden Wendungen und starken Figuren aufwartet.

BuchtitelStone Rider
AutorDavid Hofmeyr
GenreAbenteuer
Science Fiction
Coming of Age
Lesealter14+
Umfang330
Verlagdtv
ISBN978-3-423-76150-5
Preis16,95
Erscheinungsjahr2016

In einer dystopischen Zukunft lebt nur eine kleine Elite in der luxuriösen, sagenumwobenen Sky-Base. Die Mehrheit der Menschen arbeitet auf der verwüsteten Erde in Minen oder auf heruntergekommenen Farmen, um dringend benötigte Rohstoffe zu erschließen. Nur als Rider, als Teilnehmer an den Ring-Rennen, riskanten Motorradrallyes, die den Fahrern im lebensfeindlichen Umfeld alles abverlangen, ist es möglich, sich ein Ticket zur Sky-Base erkämpfen.

Als der 15-Jährige Adam Stone seinen Bruder und damit auch das Recht auf die Familienfarm verliert, ist die Teilnahme am „Blackwater-Trail“ für ihn die einzige Chance, einem Leben in den Minen zu entgehen. Er verbündet sich mit dem mysteriösen Kane und erhält Unterstützung durch die von ihm seit langem bewunderte Sadie Blood. Leider ist Sadie nicht nur eine großartige Mechanikerin, sondern auch Tochter des Colonels, der die Region mit harter Hand regiert – und Schwester von Levi Blood, Adams größtem Konkurrenten. Mit Geschick und Glück bewältigen die drei alle Herausforderungen – Kane gewinnt den „Blackwater-Trail“ und wird weggebracht – es bleibt offen, ob er wirklich zur Sky-Base gelangt. Sadie und Adam erhalten jeder 200 Gewinnpunkte und fahren weiteren Rennen entgegen.

Eine Leseprobe kann auf der Verlagsseite eingesehen werden. 

Hofmeyr eröffnet seinen Roman mit einer ausgesprochen spannenden Szene – einer direkten Konfrontation zwischen Adam und seinem Gegenspieler Levi, die in der ansonsten chronologisch erzählten Handlung erst sehr viel später in Kapitel 31 anzusiedeln ist (und dort noch einmal fast wortgleich wiederholt wird). Durch diesen Vorausblick sind die bedrohliche Umwelt und der lebengefährliche Konkurrenzkampf der Rider untereinander von Beginn an präsent. Der Einstieg wirft außerdem die spannende Frage auf, wer der einsame Protagonist ist, der sich hier noch selbst „Niemand“ nennt, und wie er sich in diese riskante Lage gebracht hat.

Eine Charakterisierung wird in den Einführungskapiteln, die dem Rennbericht vorausgehen, nachgereicht: Der 15-jährige Adam Stone bringt viele Eigenschaften mit, die jungen Lesern eine Identifikation mit ihm ermöglichen. So ist er ein ausgesprochen talentierter Byke-Fahrer, großzügig, hilfsbereit und seinen Freunden gegenüber loyal. Er bemüht sich, das Rennen auf faire Art und Weise zu gewinnen. Gleichzeitig zeigt er aber auch Schwächen, weil er seinen eigenen Fähigkeiten nicht immer uneingeschränkt vertraut und anderen gegenüber zunächst zurückhaltend und schüchtern auftritt.

Die Stationen des Rennens gestalten genretypische Muster und Motive aus, wie etwa Geschicklichkeitsproben, das Aufeinandertreffen mit unbekannten Konkurrenten, den Verlust bzw. die Beschädigung wichtiger Ausrüstungsteile oder auch natürliche Herausforderungen wie z.B. Sandstürme. Durch die aus Adams Sicht gestaltete Erzählperspektive, die immer sympathisch und gelegentlich etwas naiv wirkt, werden dabei Stereotype vermieden und die temporeich und sehr spannend auf das Ende hin entwickelte Handlung bleibt glaubwürdig.

Die relativ kurzen Kapitel (Umfang meist um die zehn Seiten) erleichtern auch ungeübteren Lesern die Orientierung, ihnen vorangestellt ist jeweils eine Zeitangabe, die die Position des Erzählten zum Rennverlauf angibt. Häufig enden sie mit einem Cliffhanger, der die Spannung hochhält und zum Weiterlesen motiviert. Die atemlose Stimmung wird auch durch den Erzählstil unterstützt – Hofmeyr erzählt im Präsens, in knappen, präzisen Sätzen. Am Ende ist dem Roman ein fiktiver „Auszug aus dem Rider-Codex“ beigefügt – dem Handbuch, das alle Fahrer immer bei sich führen und in dem alle wichtigen Regeln und Informationen enthalten sind. Im Kontext des Lesevorgangs eröffnet diese Zugabe die Möglichkeit, Einzelinformationen zum fantastischen Setting – wie etwa die Funktionsweise der biomechanischen Bykes – noch einmal nachzuschlagen, ohne sie im Roman suchen zu müssen.

Dabei ist der dystopische Hintergrund authentisch gestaltet, wird gleichzeitig aber nur zurückhaltend zur Motivation und Illustration genutzt – für die Leser ist es daher nicht notwendig, ständig komplexe Informationen zur fantastischen Welt zur Verfügung zu haben: Das Renngeschehen steht weitgehend für sich und ist selbsterklärend.
Neben dem hohen Maß an Spannung zeichnet sich der Roman vor allem dadurch aus, dass – passend zum eher nachdenklichen Charakter des Protagonisten – auch tiefergehende Reflexionen nicht zu kurz kommen. Dabei scheint insbesondere immer wieder die Frage auf, welche Mittel man einsetzen darf, um seine Ziele zu erreichen. „Stone Rider“ ist also ein klassischer Pageturner – alllerdings einer mit Substanz, der zurecht bereits mehrere Literaturpreise gewonnen hat (Shortlist Branford Boase Award 2016, Prix Pépites 2015, Grand Prix de l´imaginaire 2016).

Hofmeyrs Romandebut eröffnet eine Serie mit Adams weiteren Abenteuern; Band 2 (Titel „Blood Rider“) ist im englischen Original für 2017 angekündigt. Ein besonderes Potenzial im Bereich Leseförderung besteht durch das gleichbleibend hohe Maß an Spannung – man fiebert bis zur letzten Seite mit, ob Adam das Rennen erfolgreich überstehen kann. Die Erzählung des Rennverlaufs bleibt auch deswegen durchgehend interessant, weil sehr unterschiedliche und teilweise durchaus überraschende Herausforderungen auf die Fahrer zukommen.

„Stone Rider“ eignet sich nicht nur für Leser, die sich für fantastische und dystopische Stoffe interessieren, der Roman spricht sicherlich besonders technikinteressierte Jungen und Motorsportler an.

In erster Linie ist „Stone Rider“ dabei als Privatlektüre zu empfehlen, geeignet ist das Buch aber auch als Bestandteil von Lesekisten, Schulbüchereien oder als Auswahllektüre im Rahmen von Vielleseverfahren. Vorstellbar wäre auch ein Lektüreprojekt im Rahmen eines Motorsport-Events. Aufgrund der speziellen Thematik (Dystopie; Science Fiction-Setting) ist der Roman als verbindliche Klassenlektüre dagegen nur eingeschränkt interessant, obwohl die literarische Qualität durchaus angemessen ist und sich mehrere Ansatzpunkte für eine vertiefende Weiterarbeit (v.a. Auseinandersetzung mit Wertfragen; Freundschaft/Loyalität) finden.