Buchcover Jenny Robson: Tommy Mütze

Dumisani und Doogal, alias Doo-Dudes, sind dicke Freunde und nie um eine gute Idee verlegen. Als...

Rezension von Karin Röthlisberger und Lisa Siegenthaler

Dumisani und Doogal, alias Doo-Dudes, sind dicke Freunde und nie um eine gute Idee verlegen. Als mitten im Schuljahr Tommy neu in ihre Klasse kommt, sind aber auch sie erst einmal sprachlos...

BuchtitelTommy Mütze
AutorJenny Robson (übersetzt von Barbara Brennwald)
GenreGegenwart & Zeitgeschichte
Lesealter8+
Umfang84 Seiten
EditionDeutschsprachige Ausgabe 2012
VerlagBaobab Books, Basel
ISBN978-3-905804-39-3
Preis15.90 €

Dumisani und Doogal, alias Doo-Dudes, sind dicke Freunde und nie um eine gute Idee verlegen. Als mitten im Schuljahr Tommy neu in ihre Klasse kommt, sind aber auch sie erst einmal sprachlos. Dieser Neue trägt eine merkwürdige Mütze, die nur seine Augen freilässt und die er weder im Unterricht noch beim Sport auszieht. Was sagt man dazu?! Die Doo-Dudes rätseln über die Gründe, und bald schon ist die ganze Schule in Aufruhr. Die Spannung steigt von Tag zu Tag, erst am Freitag lüftet sich das Geheimnis.

Die Leseprobe zu "Tommy Mütze" von Jenny Robson finden Sie hier.

Die beiden Jungen Dumisani und Doogal sind beste Freunde und um keinen Spruch verlegen. Ihr Alias ist „Doo-Dudes“. Die beiden haben nicht nur sich selbst, sondern auch praktisch allen Personen in ihrem Umfeld – ihren Mitschülerinnen und Mitschülern und den Lehrern – ein Alias verpasst. Die Doo-Dudes besuchen die 4SV der Colliery Primary, einer Grundschule in Südafrika. Doogal, der als Ich-Erzähler in der Geschichte fungiert, beschreibt seinen Freund Dumisani („Dumz“) als ‚witzigste[n] Kumpel, den man sich vorstellen kann. Es ist großartig, neben ihm zu sitzen‘ (S. 8). In „Dumz“ hat „Doogz“, wie ihn ebendieser nennt, also einen Freund gefunden, mit dem er viel Quatsch machen kann. Das zeigt auch der Umstand, dass die beiden in der Klasse in der ersten Reihe sitzen müssen, da sie sich ‚so gerne unterhalten‘ (S. 9). Sie kennen sich schon ewig und wohnen in derselben Straße – in der Frangipani Road – und zwar schon immer. Der Protagonist ist ein zufriedener Junge, der zusammen mit seinem besten Freund als unschlagbares, unzertrennliches Duo den Alltag in der Schule auf angenehme Art und Weise meistert. Der beste Freund des Ich-Erzählers, Duminsani, ist ein echter Entertainer. Er liebt es, vor der Klasse zu stehen. Der Protagonist hingegen hält sich lieber im Hintergrund auf, wenn es darum geht, vor der versammelten Klasse einen Vortrag zu halten. Der Ich-Erzähler bewundert seinen Freund, der groß ist und redegewandt. Er selber vergleicht seine Körpergröße mit einem Mädchen in der Klasse, das eher klein ist. Von einer Mitschülerin – Cherise, die Besserwisserin (die beiden nennen sie auch „Cheribesserwisserise“) – werden die Freunde manchmal auch als Duo Desaster oder 2Ds betitelt, was sie aber gar nicht mögen. Denn sie beide sind das Team, das gute Laune und Spaß in die Unterrichtsstunden bringt.

In einer langweiligen Englischstunde, in der die Doo-Dudes eine lustige Abwandlung der eigentlichen Aufgabe erfinden, bringt der Rektor einen neuen Mitschüler in die Klasse. Von da an dreht sich die Geschichte darum, das Geheimnis um den Neuen zu lüften, welcher sein Gesicht unter einer bunten Skimütze verbirgt, sodass nur die Augen sichtbar sind. Alle sind damit beschäftigt, herauszufinden, warum dieser Neue eine Skimütze trägt und damit sein Gesicht verdeckt. Die Klasse sammelt Ideen, stellt Theorien auf und der Protagonist und sein Freund entwickeln Pläne, wie das Geheimnis gelüftet werden kann. Die Vermutungen der Doo-Dudes und jene ihrer Klassenkameraden sind fantastisch und einfallsreich. Einmal folgen sie Tommy nach der Schule nach Hause, um so herauszufinden, was sich unter seiner Mütze verbirgt oder wieso er sie trägt (siehe Textausschnitt bei der Leseprobe). Ihre Mitschülerin Cherise wendet psychologische Tricks an, um den Grund zu erfahren, aber auch sie stößt an ihre Grenzen, was die beiden Doo-Dudes diebisch freut. Das Wort Psychologie nimmt der Protagonist ebenfalls sofort in sein Vokabular auf, weil es ihm so gut gefällt. Während die beiden weiter über mögliche Gründe für die Skimütze von Tommy sinnieren, kommen sie einmal auf dem Schulweg am Haus einer ehemaligen Lehrerin vorbei. Diese war in der zweiten Klasse ihre Lehrerin, aber sie erkrankte an Krebs und musste von da an ein Kopftuch tragen, weil ihr durch die Chemotherapie die Haare ausfielen. Ein schrecklicher Gedanke, aber der Ich-Erzähler und sein Freund verwerfen ihn sofort, denn sie besinnen sich, dass Tommy beim Fußball spielen extrem fit und der beste auf dem Platz ist. Auf viele misslungene Versuche und eine starke Spannungssteigerung gegen Schluss folgt ein sehr überraschendes Ende.

Der Ich-Erzähler gibt viel von seiner Umgebung preis. Er beschreibt genau, wie sich die Schulstunden abspielen bzw. was sein Freund und er tun, während sie eigentlich etwas Vernünftigeres machen sollten. Diese Textpassagen sind sehr amüsant zu lesen. Die Autorin bedient sich häufig des Stilmittels direkter Rede und der Situationskomik.

In der Pause, vor und nach der Schule spielen der Protagonist und sein Freund sowie die meisten ihrer Mitschüler Fußball auf dem Schulhof. Es ist ihre Lieblingsbeschäftigung und auch Schüler aus anderen Klassen spielen mit. Allerdings nicht die Snobs aus der Sechsten und die Fieslinge aus der 5NM. Letztere provozieren die Klasse auch immer mit so genannten „Fieslingsscherzen“ (Ball wegnehmen ist beliebt). Auch dem Neuen flüstern sie Gemeinheiten zu. Beispielsweis ‚He, Sockenkopf! Versteckst du einen Kürbis da drunter? Oder hast du vielleicht gar keinen Kopf, sondern nur eine gequetschte Tomate?‘ (S. 34). Einmal nehmen sie Tommy sogar in die Mangel, indem sie ihn hinter dem Schuppen von Mr. Plaatjies in den Kies drücken, um ihm die Mütze vom Kopf zu reißen. Der Protagonist und viele andere eilen ihm zu Hilfe, aber Tommys Nase blutet zu diesem Zeitpunkt bereits.

Der Ich-Erzähler berichtet auch von seinem Privatleben. So erfährt man, dass er eine große Schwester hat, die Wörter wie bizarr oder surreal verwendet, was Dumz so cool findet, dass er es in sein Vokabular aufgenommen hat. Er erwähnt, dass seine Mutter manchmal das Parfum, das auch seine Lehrerin verwendet, benutzt. Der Leser erfährt zudem, dass die meisten Väter und ein paar Mütter im Elektrizitätswerk oder in der Kohlemine im Ort arbeiten.

Die Kinder in der Klasse haben ganz unterschiedliche familiäre Hintergründe und Namen, die bei uns weniger geläufig sind. Viele Ausdrücke, die von den Kindern verwendet werden, sind aus dem Südafrikanischen entnommen. Sie sind mit Sternchen gekennzeichnet und in der Fußzeile erklärt. Durch die Arbeiten der Eltern erfährt man auch ein wenig über die Umgebung, in der die Kinder leben, nämlich, dass hoch über den Dächern der Häuser die Kühltürme des Elektrizitätswerks zu sehen sind, aus denen Dampf aufsteigt. Und von der Kohlemine ist manchmal das Rattern der Dampfbahnen zu hören, welche die Kohle aus der Mine schaffen (S. 14).

Das Buch ist in elf Kapitel unterteilt, die sind alle nur wenige Seiten lang sind. Auf dem hellgrünen Cover prangen 23 unterschiedliche Köpfe, die die Kinder der Klasse darstellen. Ein Kopf sticht heraus. Es ist jener von Tommy, denn nur seine Augen sind ersichtlich, während der Rest unter einer rot-orange gestreiften Skimütze versteckt ist.

Fazit
: „Tommy Mütze“ regt zum Schmunzeln an, aber auch zum Staunen. Denn es ist eine Geschichte über Freundschaft, Mut, Witz und Zusammenhalt in einer Klasse, in der ein neues Mitglied aufgenommen wird. Jedes Kind wird akzeptiert, so wie es ist, und das ist das Wunderbare an der Geschichte. Der Plot überzeugt: „Tommy Mütze“ ist absolut lesenswert!

Besonders für Lesemuffel eignet sich „Tommy Mütze“ , da es relativ kurz  und in großer Schrift gedruckt ist und eine Einteilung in knappe, witzige Kapitel hat. Die Ungewissheit, was unter Tommys Mütze stecken könnte, regt den Leser zu eigenen Spekulationen an und hält so die Spannung hoch. Es steckt aber noch deutlich mehr dahinter.

Der Leser erfährt neben der spannenden Handlung auch immer wieder informative Details aus dem südafrikanischen Schulalltag oder der Kultur des Landes, die im Rahmen literarischen und interkulturellen Lernen funktional werden. Die Autorin, welche noch unter dem Gesetz der Apartheit aufgewachsen ist, zeigt ein vielseitiges Bild des heutigen Südafrikas. In der Geschichte thematisiert sie auf eine unauffällige Art und Weise Differenz und Akzeptanz und schildert die Schwierigkeiten eines neuen Anfangs. Das Buch bietet im Unterricht zahlreiche Möglichkeiten, diese Themen zu vertiefen.

Ein Unterrichtsmodell, das landeskundliche, interkulturelle und literarisch-ästhetische Aspekte vermitteln will, steht auf der Homepage von Baobab books kostenlos zur Verfügung.
www.baobabbooks.ch/de/unterrichtsmaterialien/robson_jennytommy_muetze/

Das Buch war in der Sparte Kinderbuch für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013 nominiert, vgl.
www.djlp.jugendliteratur.org/2013/kinderbuch-2/artikel-tommy_muetze-3868.html