Buchcover Maike Siebold: Rille aus dem Luftschacht

Vier Wochen Hausarrest und kein Fußballtraining wegen eines blauen Briefes. Nun möchte Roderich...

Ein Klopfen, ein Klappern, ein seltsames Auge. Was kann das bloß sein? Roderich ist sich sicher. Das kann nur ein Geist sein, der ihn beobachtet und der sich durch die Luftschächte des Mehrfamilienhauses treibt. Er nimmt all seinen Mut zusammen und wagt es, sich dem geheimnisvollen Wesen zu stellen. Dabei erlebt er nicht nur eine Überraschung, sondern stolpert in ein aufregendes Abenteuer, das ihn selbst zum Spion der Luftschächte werden lässt. Ein humorvolles Kinderbuch in einem einzigartigen und mitreißenden Setting, bei dem man beim Lesen so manches Mal das Gefühl hat, selbst im dunklen und verstaubten Luftschacht zu sitzen.

BuchtitelRille aus dem Luftschacht
AutorMaike Siebold
GenreAbenteuer
Lesealter8+
Umfang176 Seiten
VerlagSüdpol
ISBN978-3-96594-059-8
Preis14,- €

Vier Wochen Hausarrest und kein Fußballtraining wegen eines blauen Briefes. Nun möchte Roderich wenigstens im Kellereingang ein bisschen kicken, um sich die Zeit zu vertreiben. Im Fahrstuhl nach unten hört er auf einmal nicht nur seltsame Geräusche, sondern fühlt sich auch noch durch einen schmalen Schlitz in der Aufzugwand beobachtet. Roderich ist überzeugt: das kann nur ein Gespenst sein. Als kurz darauf sein neuer Fußball verschwunden ist, erhärtet sich sein Verdacht. Mutig schreibt er dem Fahrstuhlgeist einen Brief und bittet ihn um die Herausgabe seines Balls. Doch dieser fordert tatsächlich Lösegeld. Bei der nächtlichen Übergabe entpuppt sich allerdings der gruselige Fußballdieb als das Mädchen Rille. Die hat Roderich noch nie gesehen. Was macht dieses fremde Mädchen ganz alleine im Haus? Als Rille in der darauffolgenden Nacht auch noch aus dem Lüftungsgitter heraus in sein Kinderzimmer klettert, wird die Sache immer seltsamer. Rille nutzt tatsächlich die engen Luftschächte als Geheimgänge und bewegt sich auf diese Weise ungesehen durch das gesamte Haus. Von nun an nimmt das wundersame Mädchen Roderich mit auf ihre Erkundungstouren. Die beiden Kinder schließen Freundschaft, decken nun gemeinsam kleine Geheimnisse auf und helfen unsichtbar, wo es nötig ist: Hausmeister Waschmaschinski bekommt einen neuen Papagei, der fiese Klassenkamerad „Klatsche“ einen Denkzettel. Doch ein Rätsel bleibt, das Roderichs neue Freundin einfach nicht verraten will: Wer ist Rille eigentlich und wo kommt sie her? Dem muss Roderich nun alleine auf den Grund gehen. Ob es ihm am Ende gelingen wird Rilles Geheimnis zu lüften? 

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden.

Wäre es nicht wunderbar, sich durch verborgene Gänge ungesehen im ganzen Haus bewegen zu können und dabei so manchem Geheimnis auf die Spur zu kommen? In dieses spannende wie kuriose Setting versetzt Maike Siebold die Lesenden ihrer Geschichte. Dabei gelingt es der Autorin, eine einzigartige Atmosphäre zu schaffen, die ihre Leser*innen stets an allen Geschehnissen dicht teilhaben lässt. So fühlt es sich nicht selten so an, als würde man gemeinsam mit den beiden Protagonisten Roderich und Rille auf allen Vieren durch die engen und staubigen Luftschächte des Mehrfamilienhauses kriechen. Vor allem von Roderich erfordert die Nutzung dieser merkwürdigen und eher unkomfortablen Verkehrswege zunächst ganz schön viel Mut. Die Leser*innen können sein Zögern und Unwohlsein während der ersten Erkundungstouren regelrecht spüren. 

Rille dagegen tritt von Beginn an pfiffig, forsch und selbstsicher auf. Sie ist um keine Antwort verlegen und hat ihre Ziele stets fest im Blick. Doch Roderich lässt sich von ihrer anfänglichen Überlegenheit und ihren abenteuerlichen Plänen nicht abschrecken. So verschieden die beiden zu Beginn wirken mögen, so verfügen sie gleichermaßen über ein hohes Maß an Empathie, Neugier und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Deswegen kann sich zunächst noch recht scheu eine immer tiefere Freundschaft zwischen den beiden entwickeln. Als Rille krank wird und dringend ein Antibiotikum benötigt, verkehren sich die Rollen. Roderich muss nun alleine versuchen an die erforderlichen Medikamente für seine Freundin zu gelangen. Dabei handelt er mit ebenbürtigem Mut, Ideenreichtum und Scharfsinn und trägt somit wesentlich zur Entwicklung der Geschichte bei. Die Autorin hat hier also zwei charakterlich facettenreiche und interessante Protagonisten geschaffen, die man nicht nur schnell ins Herz schließt, sondern die sich sowohl für Jungen als auch für Mädchen als ideale Identifikationsfiguren eignen. 

Gemeinsam mischen die beiden Freunde also das Leben im Mehrfamilienhaus auf und geraten dabei in einige brenzlige Situationen, die den Spannungsfluss dieses Buches stets aufrechterhalten. Und dann ist da ja noch die zentrale Frage um Rilles Identität, die auch die Lesenden immer wieder erneut zum Grübeln bringt und die tatsächlich erst auf den letzten Seiten des Buches beantwortet wird. 

Rille aus dem Luftschacht nimmt seine Leser*innen aber nicht nur mit in die Dunkelheit der Luftschächte und zu den Geheimnissen der Hausgemeinschaft, sondern erzählt auch von Freundschaft, Mobbing, Vertrauen und Zusammenhalt, von Familienzusammenführung und Alleinsein. Dies ist Maike Siebold scheinbar ganz spielerisch und selbstverständlich gelungen ohne dabei zu problematisieren oder zu belehren. Viele lustig erzählte Begebenheiten und die skurrile Namensgebung von Widersacher „Klatsche“ oder Hausmeister Waschmaschinski tragen ihr Übriges dazu bei, dass das Buch seine Leichtigkeit bis zur letzten Seite beibehält. 

Leserfreundlich sind dabei sicherlich die chronologische Erzählreihenfolge sowie die übersichtliche Unterteilung in zwanzig Einzelkapitel. Sprachlich klar und spannend erzählt können die 164 Seiten dieses Buches von etwas geübteren Leser*innen der Altersklasse 8+ leicht bewältigt werden. 

Kai Schüttlers Zeichnungen sind modern, witzig und treffen nicht selten den Nagel auf den Kopf. Durch sie wird das Leseverständnis der recht temporeichen Geschichte unterstützt und sie rufen nicht selten ein Schmunzeln hervor. 

Fazit: Ein spannendes Kinderabenteuer, das nicht nur durch sein faszinierendes Setting besticht, sondern auch Tiefgang hat und durchaus dazu anregt, auch mal hinter die Fassade zu blicken, eigene Vorurteile abzulegen und für seine Freunde einzustehen. 

Rille aus dem Luftschacht ist durch den chronologischen Aufbau und die durchgängige Spannung für bereits geübtere Leser*innen der Altersklasse 8+ vor allem zur privaten Lektüre geeignet. Das Inhaltsverzeichnis und die übersichtliche Gestaltung machen die selbständige Orientierung leicht. Die eher kurzen Kapitel ermöglichen eine Unterteilung in viele kleine Leseeinheiten, die die Motivation aufrechterhalten. Somit ist der Einsatz während freier Lesezeiten im schulischen Kontext  sinnvoll und die Eignung für Lesekisten und Schülerbüchereien gegeben. Zur Ausleihe motiviert das ansprechende Cover. 

Auch als Vorlesebuch, entweder innerhalb der Familie oder im schulischen Rahmen, ist es bereits schon für etwas jüngere Kinder empfehlenswert und liefert umfangreichen Diskussionsstoff zu den Themen Freundschaft, Mobbing, Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft. 

Durch die facettenreichen Charaktere, die außergewöhnliche Kulisse und die gelungenen Illustrationen eignet sich das Buch auch zur Präsentation und kreativen Auseinandersetzung als Leserolle oder Lesekiste.

Im Deutschbereich „Texte verfassen“ könnten die Luftschächte als Schreibanlass für eigene kreative Beobachtungen und Abenteuer dienen.