Buchcover Akram El-Bahay: Herzenmacher

Frankreich, Briançon: Der 16-jährige Léo Mellino folgt einem sonderbaren kleinwüchsigen Mann in...

Rezension von Laura Mogl

Hexen, Zwerge, Krähenspione, Krieger aus Metall, die zum Leben erwachen? So etwas gibt es doch nur im Märchen! Doch all dem muss sich der 16-jährige Léo stellen, als er durch ein geheimes Portal in eine magische Parallelwelt gelangt, in der die grausame und scheinbar unbesiegbare Winterhexe herrscht. Léo erfährt, dass er ein Herzenmacher ist und somit ein seltenes Talent besitzt: Er kann Figuren aus Metall zum Leben erwecken. Aufgrund seines neugelernten Handwerkes schließt er sich einer Widerstandsgruppe an und möchte helfen, einen Krieger aus Silber zu bauen, der die Hexe töten soll. Doch gelingt es Léo, das Herz des Silberkriegers rechtzeitig zum Schlagen zu bringen und somit die Winterhexe zu besiegen?

Ein spannendes Fantasy-Abenteuer, das den Leser mit nervenaufreibenden Kämpfen fesselt und viele Überraschungen bereithält. 

BuchtitelHerzenmacher
AutorAkram El-Bahay
GenreAbenteuer
Fantasy
Lesealter12+
Umfang381
VerlagUeberreuter
ISBN978-3-7641-7080-6
Preis17,95

Frankreich, Briançon: Der 16-jährige Léo Mellino folgt einem sonderbaren kleinwüchsigen Mann in einen alten Kirchturm und gelangt auf diese Weise in eine Parrallelwelt, die so ganz anders ist als seine eigene: Böser. Kälter. Regiert wird diese Welt von einem schwachen König, der unter dem Einfluss der machthungrigen, scheinbar unbesiegbaren Winterhexe steht.

Der außergewöhnliche Spielzeugmacher Fernando nimmt Léo als Lehrling auf, um ihn das Handwerk des Spielzeugmachens zu lehren. Denn Léo verfügt über ein besonders seltenes Talent: Er ist ein Herzenmacher. Das bedeutet, ihm gelingt es, ein Herz aus Metall in einem Spielzeug zum Leben zu erwecken.

Als Fernando den Auftrag erhält, unbesiegbare Soldaten für den König zu bauen, damit dieser in den Krieg ziehen kann, sammelt sich eine Widerstandsgruppe, die die Winterhexe töten möchte. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn die Hexe kann nur getötet werden, wenn man ihren Namen in ihrer Gegenwart ausspricht. Doch ein normaler Mensch erstickt an ihrem Namen, so mächtig ist ihr Zauber. Die Widerstandsgruppe baut deswegen gemeinsam mit Léo den besonderen Krieger Silbermund, der ganz aus Silber gefertigt wird, denn dieses Edelmetall ist zu stark für die Magie der Hexe.

Gelingt es Léo das Herz dieses Kriegers rechtzeitigt zum Schlagen zu bringen, um die Winterhexe zu vernichten?

Eine Leseprobe kann hier eingesehen werden: bit.ly/2oqunWA

„Wir stecken in einem Märchen und wissen nicht, wie es ausgehen wird“ (S. 271). Wer dieses Buch mit der Einstellung liest, Märchen enden immer mit einem guten Ende, wird hier schnell eines Besseren belehrt: Die Leser*innen werden mit einem nervenaufreibenden, spannenden Geschehen konfrontiert, in dem keiner der Protagonisten sicher ist.

Zwar könnte der Titel auf den ersten Blick für Jungen etwas befremdlich wirken, jedoch lohnt sich ein zweiter Blick auf das Cover. Durch Zahnräderelemente wird bereits auf die technische Komponente des Buches verwiesen, die mit Léos Handwerk einhergeht. Des Weiteren ziehen furchteinflößende Krähen sowie der Blick auf eine geheimnisvoll wirkende Stadt die Aufmerksamkeit von Fantasy-Fans auf sich. Diese Erwartungen werden nicht enttäuscht: Der Autor kreiert eine mystische Welt, in der der ewige Winter herrscht. Bereits als Léo diese das erste Mal betritt, muss er vor den angsteinflößenden Krähenspionen fliehen, nachdem sie seinen neugewonnenen Freund Haluk töten und in ihresgleichen verwandeln. Die Botschaft ist klar: Niemand ist vor der Winterhexe sicher! In den zahlreichen weiteren Kampfszenen zittert der Leser gemeinsam mit den Protagonisten um deren Sicherheit und deren riskantes Vorhaben, die Winterhexe zu töten. Der Roman überzeugt aufgrund dieser „Zitterpartie“ mit seinem kontinuierlichen Spannungsbogen.

Der Roman ist insgesamt in einer anspruchsvolleren, teilweise poetischen Sprache geschrieben, auf die die Leser*innen sich einlassen können. Der Satzbau ist hierbei eher komplex, zudem werden häufig Konjunktivkonstruktionen verwendet, die den Lesefluss gerade bei ungeübten Leser*innen hemmen könnten.

Obwohl das Buch mit seinen 381 Seiten sehr lang für die Altersgruppe 12+ ist, besticht es durch seine spannende Handlung und die sympatischen Charaktere. Der 16-jährige Léo muss sich mutig der Winterhexe entgegenstellen, indem er seiner wahren Bestimmung folgt. Er ist ein Herzenmacher, ein Handwerk und eine Aufgabe, die ihm Freude bereitet und auf die er stolz ist. Unterstützt wird er in seinem Widerstandskampf von der mutigen Wächterin Hasina und dem furchtlosen Zwerg Kafir. Positiv anzumerken ist hierbei, dass der Roman kaum Rollenklischees bedient. So zeigt Léo durchaus auch seine verletztlichen Seiten, in denen er beispielsweise seinen Vater vermisst, während Hasina stets mutig, kampfbereit und unerschrocken auftritt. Jedoch zeigt auch sie ihre Gefühle, als beispielsweise ihr Bruder stirbt.

Besonders interessant gestaltet sich zudem der Silberkrieger, den die Widerstandsgruppe baut, um die Hexe zu stürzen. Obwohl dieser eigentlich eine Maschine ist, zeigt er oftmals „menschlichere“ Seiten als seine Erbauer, da sein Handeln stets auf Gnade ausgerichtet ist, mit dem Ziel, anderen zu helfen.

Alles in allem werden den Leser*innen spannende Kämpfe präsentiert, die in einem gewaltigen, nervenaufreibenden Showdown in der Pariser Kathedrale Notre-Dame enden. Der Geschichte gelingt es, zu überraschen und stets eine neue Wendung parat zu halten. 

Der Roman eignet sich auf vielfältige Weise zur Leseförderung:

Zunächst sollte jedoch erneut darauf hingewiesen werden, dass „Herzenmacher“ aufgrund seiner anspruchsvolleren Sprache vor allem für Jugendliche mit Leseerfahrung zu empfehlen ist. Durch eine entsprechende Kennzeichnung kann der Roman im Rahmen von Viellese-Verfahren verwendet werden und einen verdienten Platz in der Klassen- oder Schulbibliothek einnehmen. Durch eine genauere Analyse des Covers werden hier vor allem Fantasyfans angesprochen und Leser*innen, die eine Begeisterung für die Arbeit mit Automaten und Maschinen mitbringen.

Auch als Lektüre im Klassenverbund wäre der Roman denkbar, aufgrund des Preises bietet sich jedoch eher die Besprechung von Auszügen an, die interessantes Potenzial bergen. Gerade die Entscheidungen, die die Winterhexe den Menschen auferlegt, regen zur Diskussion an: Im Tausch für Lebensjahre bietet die Hexe den Menschen diverse Annehmlichkeiten. Wählt man nun ein kurzes Leben in Reichtum oder ein langes Leben in Armut? Des Weiteren bietet der Silberkrieger Silbermund Möglichkeiten zum Austausch. Die Jugendlichen können gemeinsam über sein Handeln und die These diskutieren, ob eine Maschine „menschlichere“ Züge zeigen kann als ein Mensch.

Einige Schüler*innen könnten durch solch eine Thematisierung im Unterricht zur eigenständigen Lektüre des Werkes angeregt werden.