Buchcover Tim Bowler: Escape - Fall bloß nicht auf!

Blade ist vierzehn Jahre alt und lebt auf der Straße. Um sich über Wasser zu halten, begeht er...

Rezension von Thorsten Hadeler

Blade ist vierzehn Jahre alt und lebt auf der Straße. Um sich über Wasser zu halten, begeht er Taschendiebstähle und bricht ab und zu in Häuser ein, um dort eine Nacht zu schlafen, ein Bad zu nehmen oder die Bücher der Bewohner zu lesen. So versucht er, sich vor den schrecklichen Erlebnissen in seiner Vergangenheit zu verstecken, bei denen seine Freundin getötet wurde.

BuchtitelEscape - Fall bloß nicht auf!
AutorTim Bowler (übersetzt von Reinhard Tiffert)
GenreAbenteuer
Lesealter14+
Umfang143 Seiten
Edition1. Auflage 2013
Verlagcbt Verlag, München
ISBN978-3-570-30873-8
Preis6,99 € (D), 7,20 € (A)

Blade ist vierzehn Jahre alt und lebt auf der Straße. Um sich über Wasser zu halten, begeht er Taschendiebstähle und bricht ab und zu in Häuser ein, um dort eine Nacht zu schlafen, ein Bad zu nehmen oder die Bücher der Bewohner zu lesen. So versucht er, sich vor den schrecklichen Erlebnissen in seiner Vergangenheit zu verstecken, bei denen seine Freundin getötet wurde.

Doch eines Tages wird er von einer Mädchengang überfallen und ausgeraubt. Die Geschehnisse laufen aus dem Ruder und kurze Zeit später ist Trixi, die Anführerin der Mädchengang, tot, ermordet - aber nicht von Blade, sondern von einem mysteriösen Unbekannten, den Blade mit seiner Vergangenheit in Verbindung bringt.

Blade flieht in Begleitung von Becky, einem etwas älteren Mädchen aus Trixis Gang. Sie wollen die Stadt verlassen, doch Becky hat eine Tochter, Jaz, und ist nicht bereit, ohne sie zu gehen. So beschließen die beiden, Jaz aus den Fängen der Mädchengang zu befreien.

Escape ist ein Buch, das mit seiner großen sprachlichen Kraft sehr zu beeindrucken vermag. Tim Bowler erzählt die Geschichte in der Ich-Form aus der Perspektive seines Protagonisten Blade. So kann sich der Leser sehr unmittelbar in die Hauptfigur hineinversetzen und mit ihm bei seinen äußerst spannenden Erlebnissen mitfiebern.

Dieser sprachliche Kunstgriff ist sehr glücklich gewählt, denn die Geschichte an sich bietet wahrscheinlich eher weniger Ansatzpunkte für den jungen Leser, sich selbst hier wiederzuerkennen. Blade ist allein auf der Welt, hat kein Zuhause, lebt von Kleinkriminalität und ist damit völlig aus allen vertrauten gesellschaftlichen Strukturen herausgelöst. Sein Leben, und damit auch die Geschichte, die hier erzählt wird, ist äußerst brutal, geprägt von alltäglicher Gewalt und der Normalität von Verbrechen.  Es gibt sicher Jugendliche, die so leben, und so ist hier auch auf ein gesellschaftliches Problem hingewiesen - das Identifikationspotenzial für den jugendlichen Leser mit dieser Lebenssituation dürfte jedoch eigentlich eher gering sein.

Dennoch gelingt es Tim Bowler, dass wir im Laufe der Zeit verstehen, was in Blade vorgeht. Er lässt Blade den Leser sogar direkt ansprechen, so als sei sich Blade bewusst, dass er vom Leser (er nennt ihn "Bigeyes") beobachtet wird. Mit Fortschreiten der Geschichte finden wir Blade sogar trotz aller ihn prägenden Brutalität fast nett. Wir lernen, dass er unschuldig in seine Lebenssituation geraten ist, dass er bei seinen Diebstählen und Einbrüchen darauf achtet, niemandem zu stark zu schaden, und am Ende übernimmt er sogar Verantwortung für das Leben von Betty und ihrer Tochter Jaz, mit denen ihn eigentlich nichts verbindet.

Es scheint das eigentliche Anliegen von Tim Bowler zu sein, dass der Leser Verständnis und Sympathie für seinen Protagonisten gewinnt. Er erzeugt ein sehr unmittelbares Miterleben eines recht fremden und exotischen Lebens. Wem immer der Leser nach der Lektüre dieses Buches begegnen mag, auf den nur eine der Eigenschaften Blades zutreffen mögen (obdachlos, kriminell, aus der Gesellschaft ausgestoßen), er wird ihn sicher nicht vorschnell verurteilen, sondern darüber nachdenken, wie er in diese Situation geraten ist.

So ist "Escape - Fall bloß nicht auf!" ein wirklich hervorragendes Buch. Es ist einerseits eine äußerst spannende Geschichte, die den Leser durch einige Hochs und Tiefs mit ihrem Protagonisten mitfiebern lässt und gefahrvolle Situationen in einer Unmittelbarkeit miterleben lässt, die ihresgleichen sucht. Andererseits wird dem jungen Leser gerade durch diese Unmittelbarkeit die Möglichkeit gegeben, fremde Lebenssituationen kennen zu lernen und zu verstehen.

Das einzige, was an diesem Buch zu kritisieren ist, ist eher ein Vorwurf an den Verlag: Die Geschichte in diesem ersten Band der Escape-Reihe endet sehr abrupt mitten in der Handlung. (Ich selber habe das Buch zuerst als eBook aus der Onleihe gelesen und habe mich nach der letzten Seite beim Verleiher beschwert, dass ich eine unvollständige Datei erhalten hätte. :-) ) Ohne die weiteren Bände der Reihe (Flieh, so schnell es geht!, Lauf, so weit du kannst!, Zeig keine Angst!, und vier weitere sind bisher noch gar nicht erschienen) ist die Geschichte unvollständig. Dies wird dem Käufer des ersten Bandes aber weder verraten, noch hat der Verlag sich entschlossen, die Geschichte in einem oder zwei Sammelbänden anzubieten, was sicher zu einem günstigeren Preis geführt hätte. So sollte also jeder, der sich dieses Buch vornimmt, wissen, dass er nur mit allen Bänden der Reihe eine vollständige Geschichte erzählt bekommt - abgesehen davon, dass die Spannung des ersten Bands sowieso schon genügend Suchtpotenzial entwickelt, dass man nicht von den anderen wird lassen können.

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