Buchcover Kirsten Boie: Der kleine Ritter Trenk

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Junge Trenk vom Tausendschlag, der als Leibeigener geboren...

Rezension von Jana Mikota

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Junge Trenk vom Tausendschlag, der als Leibeigener geboren wird und sich der Aussage „Leibeigen geboren, leibeigen gestorben, leibeigen ein Leben lang“ erfolgreich widersetzt. Trenk verlässt zu Beginn des ersten Bandes "Der kleine Ritter Trenk" gemeinsam mit dem Ferkelchen die Familie, um in der Stadt sein Glück zu suchen und zugleich das Ferkelchen vor dem Pächter zu retten, der Anspruch auf das Leben und das Eigentum der Familie Trenk hat.

BuchtitelDer kleine Ritter Trenk
AutorKirsten Boie; mit Illustrationen von Barbara Scholz
GenreFantastische Literatur
Umfang278 Seiten
VerlagOetinger
ISBN978-3-7891-3163-9
Preis16,90 €

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Junge Trenk vom Tausendschlag, der als Leibeigener geboren wird und sich der Aussage „Leibeigen geboren, leibeigen gestorben, leibeigen ein Leben lang“ erfolgreich widersetzt. Trenk verlässt zu Beginn des ersten Bandes "Der kleine Ritter Trenk" gemeinsam mit dem Ferkelchen die Familie, um in der Stadt sein Glück zu suchen und zugleich das Ferkelchen vor dem Pächter zu retten, der Anspruch auf das Leben und das Eigentum der Familie Trenk hat. Dabei trifft er nicht nur auf Momme Mumm, sondern auch auf einen Ritterjungen Zink, der gar kein Ritter werden möchte. Für ihn gilt der Spruch "Als Ritter geboren, als Ritter gestorben, Ritter ein Leben lang!" Doch Zink fürchtet sich vor Drachen und möchte auch nicht die Aufgaben eines Ritters erfüllen, so dass Trenk schließlich seine Identität annimmt. Er kommt so als Ritterjunge auf eine Burg, wo er dem Mädchen Thekla begegnet. Thekla entspricht nicht einem tradierten Burgfräulein und sie erkennt zudem, dass Trenk kein wirklicher Ritter ist. Dennoch verrät sie ihn nicht, sondern beide Kinder freunden sich an und erleben unterschiedliche Abenteuer.

Als Trenk geboren wurde, hätte niemand geglaubt, dass er einmal so ein großer und stolzer Ritter werden würde, denn geboren wurde er in einer winzig kleinen Bauernkate, in der die Regentropfen durch das undichte Strohdach fielen und der Qualm vom offenen Feuer die Luft verpestete und in der sein Vater Haug und seine Mutter Martha und seine kleine Schwester Mia-Mina und natürlich auch Trenk alle zusammen mit ihrer mageren Ziege und einem Ferkel in eine einzigen winzigen Ram auf dem Lehmboden schliefen. Trenks Vater war nämlich ein Bauer, und wenn du jetzt denkst, dass das doch gar keine so üble Sache war (auch wenn es damals natürlich noch keine Traktoren und keine großen Mähdrescher gab), dann muss ich dir leider sagen, dass Bauern es in den alten Zeiten ganz und gar nicht so schön hatten, wie du vielleicht glaubst. In der Zeit, von der ich erzählen will, gehörten den Bauern nämlich das Land, das sie bebauten, und die Kühe, die sie molken, und die Schweine, die sie schlachteten, kein bisschen; auch nicht die Katen, in denen sie wohnten, und nicht einmal sie selbst und ihre Frauen und ihre Kinder.

Ja, nicht einmal sie selbst und ihre Frauen und Kinder gehörten ihnen! All das gehörte dem Ritter, der in seiner großen, stolzen Burg hoch über dem Tal wohnte, und für den mussten sie darum auch ordentlich schuften. Sie musste ihm von dem Getreide abgeben, das sie ernteten, und von dem Kohl und den Rüben; er bekam Fleisch von ihren Schweinen und Käse aus der Milch ihrer Kühe und Ziegen; und wenn er ihnen Nachricht schickte, dass sie jetzt mal ein bisschen auf seinen Feldern arbeiten sollten oder ihm einen neuen Brunnen graben, aber hopplahopp!, dann mussten sie ihre armseligen Hacken hinschmeißen und ihre Arbeit liegen lassen und rennen. (S. 9f.)

"Der kleine Ritter Trenk" ist ein historischer Kinderromanen mit phantastischen Elementen, der sich vor allem zum Vorlesen eignet und fast exemplarisch dem Typus eines spannenden Jungenromans entspricht. 

Die Geschichte bietet zudem die Möglichkeiten, sich nicht nur mit Rittern auseinanderzusetzen, sondern greift mit der Figure des Trenk einen Sympathieträger auf, mit dem sich Jungen identifizieren können. Trenk fühlt bereits zu Beginn der Geschichte, dass er anders ist und möchte sich keineswegs dem gesellschaftlichen Normen und Werten beugen. Er wagt den Schritt, sein Elternhaus zu verlassen und so sein Glück zu suchen. Damit bekommt Trenk, der tapfer und klug ist, eine Vorbildfunktion für den männlichen Leser. Er ist zudem mutig und gerecht und bildet damit den Gegensatz zum Ritter Zink, der zwar als Ritter geboren wurde, diese Rolle jedoch ebenfalls ablehnt. Während jedoch Trenk positiv besetzt ist, erscheint Zink zunächst als ein Feigling. Doch nach und nach wird klar, dass auch er gegen die Normen und Werte rebelliert. Damit entwirft der Roman mögliche Lösungen, wie man sich gegen vorgefertigte Muster wehren kann und macht den Lesern Mut, sich zu wehren. Thekla wiederum möchte nicht die von ihren erwarteten weiblichen Aufgaben erfüllen, sondern möchte auch lieber ein Ritter sein.

Damit verbindet Kirsten Boie in ihrem Roman die Kritik an der feudalen Gesellschaft mit einer Kritik an tradierten Geschlechterrollen und stellt zumindest mit Thekla und Trenk zwei Figuren in den Mittelpunkt der Handlung, die nicht bereit sind, die ihnen auferlegten Rollenmuster zu akzeptieren. Sie zeigt zudem, wie man durchaus ein festes System verändern kann und insbesondere Thekla und Trenk werden als aktive und dynamische Figuren entworfen. Letztendlich muss sich nicht der Mensch dem jeweiligen Stand fügen, sondern der Stand sollte sich dem Menschen anpassen. Die Geschichte um den Ritter Trenk macht Kindern Mut, sich selber zu akzeptieren und sich nicht immer bestimmten Erwartungen zu beugen.

Doch nicht nur die Geschlechterentwürfe machen diesen Kinderroman, der durchaus Anleihen bei den Ritterromanen nimmt, so lesenswert. Es ist auch die Sprache, der Humor und Witz sowie die Illustrationen, die das Buch zu einem Vorlesebuch für Jung und Alt machen.

Themen wie Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit zeigen, dass auch historische Kinderromane sich durchaus kritisch mit gesellschaftlichen und politischen Fragen auseinandersetzen und den kindlich-männlichen Rezipienten auch Ideen einer gerechten und freien Welt vermitteln können.

Der Roman eignet sich zum Vorlesen. Kinder können ihn, je nach Leseerfahrung, auch selber lesen. Insbesondere der Medienverbund wirkt sich motivierend aus und lädt dazu ein, dass sich Kinder und Erwachsene mit den unterschiedlichen Medien – Buch, TV-Serie, Hörspiel – auseinandersetzen. Vor allem die TV-Serie macht sicherlich die Kinder mit Trenk bekannt und während der Lektüre stoßen sie auf Bekanntes und erleben so, falls sie selber lesen, Erfolgserlebnisse.

Der Roman erfüllt vieles, was insbesondere männliche Leser mögen: Es ist ein abenteuerlicher Ritterroman, der in der Zeit des Mittelalters verortet ist; der männliche Held der Geschichte wird bereits im Titel und auf dem Cover aufgenommen; Die Geschichte ist spannend gestaltet, Dialoge und Beschreibungen wechseln sich ab; Die äußere Spannung dominiert. Diese Aufzählung verdeutlicht, dass die Trenk-Reihe vor allem im Kontext einer männlichen Leseförderung eingesetzt werden kann.